Bühnenluft haben Julian Fecker und Jan Gnibl schon oft geschnuppert. Mit dem Windsbacher Knabenchor sind die beiden Jungs regelmäßig im Konzert zu hören. Aber ihre Solo-Partie in der Oper "Pelléas et Mélisande" von Claude Debussy, die am 20. Februar wieder am Staatstheater Nürnberg zu hören ist, ist für die beiden eine seltene Abwechslung.

Dirigentin Joana Mallwitz am Pult, Operndirektor und Regisseur Jens-Daniel Herzog hinter der Bühne, das Orchester im Rücken, als Solist in einem altehrwürdigen Haus, diesmal ohne die anderen Jungs an der Seite - alleine die Proben für "Pelléas et Mélisande", der einzigen Oper des Franzosen Debussy, waren schon einmalige Erfahrungen. Da war es für Julian und Jan von Vorteil, dass mit Alexander Rebetge der Chorleitungs-Assistent des Windsbacher Knabenchors immer mit an ihrer Seite war.

Die jungen Soprane waren als Backup vorgesehen 

Vorangegangen war eine Art Casting, für das Chorleiter Martin Lehmann einige Jungs ausgesucht hatte, die dann vor der Kommission des Staatstheaters einen Teil der Partie des kleinen Yniold singen sollten. "Es war von Anfang an klar, dass mindestens zwei Sänger gebraucht werden - falls einer ausfällt", sagt Rebetge. Dass aber kurz vor der Premiere der Oper gleich beide Sänger positiv auf das Coronavirus getestet wurden, war ein Schock für alle Beteiligten.

Eine Sängerin vom Staatstheater sprang kurzfristig ein. Wenig später, bei der zweiten Aufführung, stand Julian Fecker dann genesen als Yniold auf der Bühne. "Das war eine tolle Erfahrung, zwar ungewohnt, aber ich könnte mir das jederzeit wieder vorstellen", erzählt der 12-Jährige.

Die Beiden wurden vom Ensemble gut aufgenommen

Yniold spielt in der Dreiecksgeschichte zwischen Prinz Golaud, der auf der Jagd auf die geheimnisvolle Mélisande trifft, sie heiratet und fortan rätselt, ob diese sich nicht doch etwas zu sehr für seinen Halbbruder Pelléas interessiert, eine kleine, aber spannende Rolle. "Yniold ist reicher kleiner Junge, der noch nie irgendwas Schlimmes erlebt hat und recht unwissend ist", beschreibt Julian seinen Part. Zwar musste er in der konzertanten Aufführung nicht schauspielern, sich aber mimisch zumindest in den Charakter einfinden. Hilfreich sei dabei auch gewesen, dass die Stimmung im Orchester sehr gut gewesen sei und ihn die "Großen" sehr gut aufgenommen hätten, so der Nürnberger.

Kommenden Sonntage feiert der 14-Jährige Julian seine Premiere 

Bei der dritten Aufführung am kommenden Sonntag (20. Februar) wird Jan Gnibl seinen Auftritt haben. Für den 14-Jährigen war schon das Einstudieren der komplizierten, manchmal ins Atonale abwandernden Partie, eine echte Herausforderung. "Vor allem die vielen Triolen, die hat man als Windsbacher Sänger im Alltag eher selten. Und die französische Sprache war auch nicht leicht umzusetzen", gibt der aus Lichtenau stammende Jan zu. Die Erfahrung habe ihn persönlich, was Musik und Bildung im Allgemeinen angeht, weiter gebracht, sagt er.

Dass die Windsbacher ihre Sänger an Opernproduktionen ausleihen, kommt selten vor. Diese Gemeinschaftsproduktion mit dem Nürnberger Staatstheater ist die erste in der mittlerweile zehnjährigen Ära von Chorleiter Martin Lehmann. Der Fokus der Windsbacher liege nach wie auf der Chorarbeit, man stehe externen Anfragen für Knabenpartien in der Opernliteratur aber aufgeschlossen gegenüber, erklärt Lehmann. "Für unsere Soprane ist das eine großartige Gelegenheit, Erfahrungen außerhalb der chorischen Aufführungspraxis zu sammeln", sagt der scheidende Chorleiter, der den Chor zum Schuljahr 2022/23 verlassen und Kantor der Kruzianer in Dresden werden wird. Es erweitere zudem die professionelle musikalische Ausbildung der Sänger und schaffe zusätzliche Anreize, sich für den Chor zu bewerben.