In ihrem 44-seitigen gemeinsamen Parteiprogramm zur Bundestagswahl erwähnen CDU und CSU das Thema Familie im Inhaltsverzeichnis erstmals im allerletzten Punkt ("Ja zu Familie und Verantwortung") – untergeordnet in dem Bereich "Unser Plan für ein Land, das wieder zusammenhält". Dort steht es zwischen "Ja zu Leitkultur und Zusammenhalt" und dem Themenblock "Ja zu Aufstieg durch Bildung". 

Die Stichworte "Frauen" und "Kinder" tauchen im Inhaltsverzeichnis – auch im Vergleich zu anderen Parteien – überhaupt nicht auf. 

CDU/CSU und das Thema Familie im Wahlprogramm

In ihrem umfassenden ersten Themenblock, der sich um Wirtschaft und Wohlstand Deutschlands dreht, taucht der Begriff Familie kurz im Zusammenhang mit der Bedeutung von Familienunternehmen auf sowie als es um das Thema Gründen geht. Hier will die Union die Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie verbessern. Wie das geschehen soll, wird nicht ausgeführt. 

Im Bereich "Eigentum, Vermögensbildung und sichere Altersvorsorge" erklären CDU und CSU außerdem, Familien dabei unterstützen zu wollen, "sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen". Die Länder sollen einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 150.000 Euro für jedes Kind beim erstmaligen Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums gewähren können. 

Das nächste Mal tauchen Familien im Themenfeld "Ja zum Stopp der illegalen Migration" auf und zwar in Form eines Neins zu Familien. "Kein Nachzug. Wir setzen den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten aus und beenden alle freiwilligen Aufnahmeprogramm", schreibt die Union auf Seite 41. 

Dann folgt der eigentliche Familien-Block. Ihren übergeordneten Plan "für ein Land, das wieder zusammenhält", der ab Seite 54 ausgeführt wird, leitet die Union damit ein, dass es viel zu tun gäbe – und zwar "für unsere Familien, für unser reichhaltiges Vereinsleben, für eine breit gefächerte Kultur- und Bildungslandschaft inklusive dualer Ausbildung, exzellenter Hochschulen und Forschungseinrichtungen." Zusammen sei alles möglich. Alle diese Bereiche müssten gestärkt werden und klar sei auch, dass "unser Staat einen Zahn zulegen muss". 

Wie sieht der konkrete Plan von CDU und CSU für Familien also aus? 

"Familien unterstützen. Elternrechte stärken – Kinder- und Jugendschutz sichern. Wir handeln", schreiben die Parteien einleitend und führt die einzelnen Punkte dann mal mehr, mal weniger aus.

Die Unterstützung der Familien soll wie folgt aussehen: 

  • Die Ehe "als rechtlich verbindliche und auf Dauer angelegte Verbindung zweier Menschen" soll weiter unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehen
  • Unterschiedliche Lebenswürfe sollen respektiert werden - "nicht nur in klassischen Familien, sondern auch in Patchwork- und Trennungsfamilien sowie bei Alleinerziehenden und in gleichgeschlechtlichen Beziehungen werden Werte gelebt, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind." 
  • Die Partei bekennt sich zu Elternzeit und Elterngeld, das Elterngeld soll verbessert werden, den Partnerschaftsbonus bei gleichzeitig vollzeitnaher Teilzeit beider Eltern würde die Partei weiterentwickeln. Konkreter wird es dabei nicht. 
  • Beratungsangebote und Frühe Hilfen für Familien sollen ausgebaut werden, in dem der Fonds Frühe Hilfen gestärkt wird (Anmerkung d. R.: Eine Bundesstiftung, die die psychosoziale Unterstützung von Familien mit Säuglingen und kleinen Kindern sicherstellen soll).
  • Ein digitales neues Portal für alle Familienleistungen soll geschaffen werden, das "einfach und unbürokratisch" auf zustehende Leistungen hinweist.
  • Familien sollen finanziell entlastet werden: "Unser Ziel ist, den Kinderfreibetrag in Richtung des Grundfreibetrags der Eltern zu entwickeln." Auch das Kindergeld soll angehoben und ab Geburt automatisch ausgezahlt werden.
  • Am Ehegattensplitting will die Union festhalten. Kinder sollen dabei "künftig stärker" berücksichtigt werden, Details werden nicht genannt. 
  • Bei der Kinderbetreuung soll "die Infrastruktur ausgebaut, die Qualität gesteigert und die Betreuungssituation verbessert" werden. Wie das geschehen soll, ist nicht zu erkennen. Kinderbetreuungskosten sollen künftig besser steuerlich absetzbar sein.
  • Für Alleinerziehende soll der steuerliche Entlastungsbetrag erhöht werden. 
  • Um Familien bei ihrer Integration zu unterstützen, sollen bewährte Programme für Familien mit Zuwanderungsgeschichte fortgeführt werden.
  • Kinder- und Jugendhilfe soll weiterentwickelt werden, "sodass sie ihnen bestmögliche Unterstützung bietet". Psychosoziale Unterstützungsangebote sollen ausgebaut werden.
  • Die Union sagt "Nein zu Altersdiskriminierung" und verspricht ein "umfassendes Paket" zur Bekämpfung derselben. 
  • Um Einsamkeit vorzubeugen, sollen bestehende Netzwerke wie Nachbarschaftshilfen oder Telefonseelsorge erhalten bleiben.

Im nächsten Punkt "Elternrechte stärken – Kinder- und Jugendschutz sichern" geht es laut Wahlprogramm vorrangig darum, "niemanden allein mit Sorgen und Problemen" zu lassen. Das Kindeswohl habe dabei oberste Priorität. 

Konkrete Maßnahmen: 

  • Paragraf 218 soll bestehen bleiben, die geltende Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch behalten, was bedeutet, dass die Union Abtreibungen weiter über das Strafgesetzbuch regeln würde.
  • In Fällen von Partnerschaftsgewalt wollen CDU und CSU dem gewalttätigen Elternteil Sorge- und Umgangsrecht entziehen.
  • Die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung betrachtet die Union als Betrug an der Gemeinschaft und am Kind und will sie unter Strafe stellen. 
  •  Die Union lehnt das 2024 in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz ab. Sie befindet, dass "gerade in der altersbedingt volatilen Lebensphase der Pubertät" ausgeschlossen werden müsse, "dass Persönlichkeitszweifeln mit einem leichtfertigen Geschlechtswechsel" begegnet werde. Operative Eingriffe vor der Volljährigkeit lehnen die Parteien grundsätzlich ab.

CDU/CSU und das Thema Frauen im Wahlprogramm

Frauen tauchen im Wahlprogramm von CDU/CSU zum ersten Mal explizit im Unterpunkt "Arbeits- und Fachkräfte gewinnen" auf Seite 13 auf. Hürden sollen aus dem Weg geräumt werden, da "Frauen in Teilzeit eine Gruppe mit großem Potenzial für den Arbeitsmarkt" seien. Um dieses auszuschöpfen, brauche es bessere Rahmenbedingungen für Vollzeit- oder vollzeitnahe Arbeit. Wie diese aussehen könnten, wird nicht weiter ausgeführt. Außerdem ist ein Ziel der Parteien, "dass mehr Frauen mit innovativen Unternehmensgründungen unser Land nach vorne bringen." 

Im Bereich Strafrecht ("Ja zu Recht und Ordnung") kündigt die Union generell eine Null-Toleranz-Strategie an. Wer sich nicht an Recht und Gesetz halte, müsse umgehend bestraft werden. Das Strafrecht soll deshalb verschärft werden, unter anderem auch, um Frauen als besonders gefährdete Gruppe besser zu schützen. Die Union will ein Sicherheitskonzept entwickelt und Frauenhäuser stärken. Auch die elektronische Fußfessel soll verstärkt eingesetzt werden, "damit Gewalttäter gegen Frauen Abstand zu ihren ehemaligen Partnerinnen halten." 

Was die Themen Gesundheit und Pflege betrifft ("Ja zu guter Gesundheit und Pflege"), versprechen CDU und CSU, die "Gesundheit von Frauen stärker in den Blick" zu nehmen, da in den Bereichen Prävention, Entstehung, Diagnose, Therapie und der Erforschung zwischen Männern und Frauen zum Teil große Unterschiede bestehen: "Wir wollen geschlechtsspezifische Medizin stärker als bisher als eigenständiges Aufgabenfeld vorantreiben. Dazu braucht es Konzepte und Maßnahmen, die Frauen in Gesundheitsbildung, -förderung und -versorgung besser erreichen – unterstützt durch ein insgesamt differenziertes und geschlechtergerechtes Vorgehen in Forschung und Versorgung."

CDU/CSU und das Thema Kinder im Wahlprogramm

Wie auch beim Thema Frauen, sichert die Union Kindern "höchste Aufmerksamkeit für den Schutz" zu: "Wir sorgen dafür, dass es dort, wo Kinder betreut werden, flächendeckend verbindliche und standardisierte Schutzkonzepte gibt. Im Umgangsrecht soll gelten: Wenn ein Elternteil dem Kind Gewalt antut, muss es von der Betreuung ausgeschlossen werden." Gleichzeitig wollen CDU und CSU die Schuldunfähigkeit von Kindern unter 14 auf den Prüfstand stellen: "Es ist fraglich, ob diese Altersgrenze dem heutigen Reifegrad von Kindern noch angemessen ist." Eine wissenschaftliche Untersuchung soll prüfen, ob das Mindestalter angepasst werden könne. 

In der Schule will die Union Sport und Bewegung fördern, sie fordert für Grundschulkindern eine halbe Stunde Sport ein, Bundesjugendspiele seien ihr außerdem ein Anliegen. Was das Lernen betrifft, ist ihr Ziel: "Kinder bekommen unabhängig von Herkunft und Geldbeutel die Chance, das Beste aus sich herauszuholen." Dies sei ein elementares Gebot der Chancengerechtigkeit. "Dafür brauchen sie ein funktionierendes, verlässliches Bildungs- und Betreuungssystem", heißt es im Unterpunkt "Gute Bildung von Anfang an sicherstellen". 

Die Ideen dafür: 

  • Förderbedarfe mittels Bildungsforschung und Diagnosen des Entwicklungsstandes zu erkennen
  • Investitionsprogramm zur Unterstützung der Länger und Kommunen zum Ausbau von Betreuungsplätzen
  • Jedes Kind, das eingeschult wird, muss Deutsch können - verpflichtenden Teilnahme an einem vorschulischen Programm für Kinder mit Förderbedarf
  • Ganztägige Bildungsangebote ausbauen
  • Social-Media-Nutzung kritisch, wissenschaftlich basiert bewerten und ein Maßnahmenpaket zur Stärkung von Gesundheit- und Jugendmedienschutz vorlegen

Was unerwähnt bleibt

Was im Wahlprogramm von CDU und CSU nicht auftaucht, ist die sogenannte Familienstartzeit, die Partner*innen nach einer Geburt 14 Tage von der Erwerbsarbeit bezahlt freistellt. Diese stand schon im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung und ist von der EU als Richtlinie vorgegeben, scheiterte aber bislang an der Finanzierung.

Auch von einer Kindergrundsicherung, wie sie im Rahmen der Ampel-Regierung vorgeschlagen wurde, die allen Kindern ein Aufwachsen ohne Armut ermöglichen sollte, ist nicht die Rede. 

In vielen – für Familien entscheidenden – Bereichen bleibt die Union völlig unkonkret. Sie will Elternzeit, Elterngelt und den Partnerschaftsbonus "verbessern", doch wie, ist unklar. Auch Betreuungseinrichtungen sollen ausgebaut werden und das Kindergeld angehoben, doch die Finanzierung wird ausgeklammert.

Zu bemerken ist außerdem, dass die Union in Zukunft einen besseren und verstärkten Schutz von Frauen vor Gewalt fordert, während ein entsprechender Gesetzesenwurf bereits vorliegt – im Wahlkampf aber voraussichtlich untergehen wird. Eine parteiübergreifende Zusammenarbeit scheint nicht mehr möglich zu sein.

 

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