Im Alltag haben wir oft keine Zeit, unser Leben von außen zu betrachten und uns die wirklich großen Fragen zu stellen. Zwischen Wäsche aufhängen, Mails beantworten, Nachrichtenmeldungen und Kinderbetreuung lässt es sich eben schlecht darüber nachdenken, wer man eigentlich ist oder was man wirklich will. Umso wichtiger sind für mich die Tage zwischen den Jahren, wenn alles ruhiger und langsamer ist, der Terminplaner mal leer bleiben darf und die Zeit sich ausdehnt. 

Zwischen den Jahren reflektieren

Statt mir in dieser Zeit abgedroschene Vorsätze zu überlegen, die ich nach dem 7. Januar schon wieder über Bord werfe, reflektiere ich ganz bewusst, schreibe alles auf, was sonst nur als unklares Gefühl oder vage Vermutung in der Luft hängt und formuliere Ziele, die ich wirklich erreichen kann und will.

Gerne mache ich daraus auch eine richtig große Sache, ein Ritual, zwei Stunden, die ich nur mit mir und meinem Tagebuch verbringe – Kerzenschein, leise Klaviermusik und eine Tasse Tee dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Schreiben, um Gedanken zu sortieren

Mit Stift und Papier zu reflektieren ist unglaublich hilfreich. Bevor falsche Vorstellungen aufkommen: Es geht nicht darum, literarisch schöne Texte zu formulieren oder die eigene Schönschrift zu üben. Viel mehr hilft das Schreiben, mal alles aus dem Kopf aufs Papier zu bringen, in Worte zu fassen und damit zu konkretisieren.

Damit das leere Blatt oder Tagebuch vor einem nicht allzu überfordernd ist, starte ich gerne mit Schreibimpulsen in Form von Fragen. Die Fragen versuche ich dann intuitiv und so ausführlich wie möglich zu beantworten.

Wer gar keine Erfahrung im reflektierenden Schreiben hat, kann noch vor der Beantwortung der Fragen versuchen, für drei Minuten wirklich alles aufs Papier zu bringen, was einem in den Sinn kommt. Auch "Mir fällt gar nicht ein, was ich jetzt schreiben soll" wäre in dieser Übung ein sinnvoller Satz. Hauptsache der Stift wird für zwei Minuten nicht abgesetzt.

Schreibimpulse

 

Hier nun meine konkreten Schreibimpulse und Fragen, um mich auf das neue Jahr vorzubereiten und um daraus auch eine persönliche Jahreslosung auszuwählen: 

  • Wie sieht ein perfekter Tag für mich aus? (In allen Details) 
  • Welche Gefühle wünsche ich mir für das neue Jahr? 
  • Was soll, im Gegensatz zum vergangenen Jahr, im nächsten Jahr anders werden? 
  • Was tut mir gut? 
  • Welche Ziele verfolge ich nächstes Jahr? (Bei dieser Frage kann es helfen, die Ziele in Kategorien zu unterteilen, zum Beispiel: Kopf, Umgebung und Mitmenschen, Körper, Geist. Pro Kategorie sollten mindestens eines, höchstens vier Ziele so konkret wie möglich formuliert werden) 
  • Mit welchen drei Worten will ich das nächste Jahr beschreiben können? 

Wenn all diese Fragen beantwortet sind, kristallisiert sich bei mir schon sehr genau heraus, was ich mir eigentlich für das nächste Jahr wünsche. Im letzten Schritt geht es dann darum, all diese Wünsche und Bedürfnisse in einem einzigen Wort zu vereinen. Das Wort kann etwas Abstraktes sein wie "Fülle", ein Adverb wie "lebendig" oder ein Verb wie "lieben".

 

Eine persönliche Jahreslosung suchen

Das eine Wort, das sich beim Schreiben herauskristallisiert hat, verwende ich, um eine persönliche Jahreslosung in der Bibel zu suchen. Ich mag den Gedanken, mich nicht nur von der kirchlichen Jahreslosung begleiten zu lassen, sondern auch meinen eigenen Vers aus der Bibel auszuwählen, Worte, die zu mir und meinen persönlichen Bedürfnissen passen.

Wer viel Zeit hat oder die Bibel sehr gut kennt, kann wahrscheinlich einfach im Buch blättern. Ich greife gerne ganz pragmatisch auf das Internet zurück und suche alle Bibelstellen mit meinem Wort heraus. Nebenbei schlage ich trotzdem in der Bibel nach, um auch zu sehen, in welchem Kontext die Verse stehen.

Wenn ich eine Stelle gefunden habe, schreibe ich sie mir auf und lerne sie auswendig. Meine persönliche Losung für 2024 war zum Beispiel: "Du tust mir kund den Weg zum Leben: Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich." (Psalm 16,11), mein Wort damals war "Fülle".

Einen Leitvers für das neue Jahr finden

Die persönliche Jahreslosung ist für mich wie eine Affirmation oder Manifestation, dass das, was ich mir für das neue Jahr wünsche, auch wirklich geschieht. Der Satz, den ich mir heraussuche, ist das ganze Jahr über tief in mir verankert, ich sage und schreibe den Vers viele Male, rufe ihn mir beinahe jeden Tag in Erinnerung. Das gibt ganz viel Halt und Orientierung, wenn es dann wieder ans Wäsche aufhängen und Mails beantworten geht und der Alltag alles andere überrollt.

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