Nach der Preiserhöhung seines Energielieferanten muss ein Pflegeheim eines diakonischen Trägers in Bayern demnächst pro Jahr 480.000 Euro mehr als bisher bezahlen. Mit diesem drastischen Fall, bei dem die Steigerung 1.400 Prozent beträgt, verweist Diakonie-Vorständin Sandra Schuhmann im Gespräch mit dem Sonntagsblatt auf die Folgen der Energiepreiserhöhungen in der Pflege.

Schuhmann sagte, dass nicht nur die Kosten für Heizung und Strom sowie das Benzin für ambulante Dienste steigen würden:

"Wäschereien oder Caterer sind auch teurer geworden."

Zudem könnten Baumaßnahmen meist nicht mehr mit dem veranschlagten Budget fertiggestellt werden.

Druck nicht auf dem Rücken pflegebedürftiger Menschen austragen

Auf die Auswirkungen auch im ambulanten Pflegebereich wies in einer Mitteilung der Patienten- und Pflegebeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Peter Bauer, hin. Ambulante Pflegedienste und viele pflegende Angehörige hätten bei ihren wirtschaftlichen Planungen wenig Spielraum. Für unvorhergesehene Entwicklungen, wie aktuell die Energiekrise, hätten sie nicht vorsorgen können. Bauer mahnt, zunehmender ökonomischer Druck dürfe nicht auf dem Rücken der pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen ausgetragen werden.

Er fordert politisch Verantwortliche auf Bundes- und Landesebene und die Verantwortlichen der Kostenträgerseite auf, "unverzüglich nach Lösungen zu suchen". Er schlägt auf Pflegeunternehmen zugeschnittene Zuschüsse und günstige Kreditkonditionen vor.

Diakonie-Vorständin Schuhmann

Diakonie-Vorständin Schuhmann fordert den Freistaat auf, wegen "unvorhersehbarer Härten" prozentuale Pauschalen an Einrichtungen wie Pflegeheime, Krankenhäuser oder Kitas zu zahlen. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek habe nach ihrem Eindruck das Thema auf dem Schirm. Die Kostenträger, unter anderem Krankenkassen oder die Bezirke, zeigten wiederum unterschiedliche Bereitschaft, über Pflegesätze nachzuverhandeln.

"Wir brauchen da jetzt eine Übergangslösung", sagte sie, "denn die Mehrkosten müssen wir ja vorstrecken".

"Wir wollen das nicht auf die Bewohner umlegen", sagte die Diakonie-Vorständin. "Ob uns irgendwann nichts mehr anderes übrig bleibt, weiß ich aber nicht", räumt sie ein. Viele Pflegebedürftige seien aber schon jetzt auf Sozialhilfeleistungen angewiesen. "Der Anteil der Menschen, die sich nun erst recht keinen Heimplatz mehr leisten können, wird noch steigen", sagt sie voraus.

Sprengstoff für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Peter Bauer warnt, exorbitant steigende Preise dürften keinesfalls auf Pflegebedürftige oder Patienten umgelegt werden dürfen. "Das wäre absolut inakzeptabel, sozial ungerecht und Sprengstoff für den gesellschaftlichen Zusammenhalt".

"Wir müssen das Pflegesystem neu denken", fordert daher Diakonie-Vorständin Schuhmann.

Die Eigenanteile für die Menschen in den Pflegeeinrichtungen müssten gedeckelt werden. Außerdem gebe es keine Alternative zu Schritten, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Dazu zählten ein verbindlicher Pflegetarif für alle Heimbetreiber oder Springer-Modelle, um für Beschäftigte zuverlässigere Arbeitszeiten zu schaffen. "Wir haben keine anderen Möglichkeiten, an diesen Stellschrauben müssen wir drehen", so Schuhmann.