Vorfälle queerfeindlicher Gewalt und Bedrohung überschatten auch in diesem Jahr den Pride Month in Deutschland. In mehreren Städten mussten Christopher Street Day-Veranstaltungen (CSDs) aus Sicherheitsgründen umgeplant oder abgesagt werden.
Ein Zustand, den die Evangelische Jugend in Bayern (EJB) scharf kritisiert. Der Jugendverband fordert einen konsequenteren Schutz queerer Menschen und ruft gleichzeitig zur aktiven Beteiligung an CSDs auf.
"Dass queere Menschen im Jahr 2025 Angst haben müssen, öffentlich für ihre Rechte einzustehen, ist ein gesellschaftlicher Rückschritt", erklärt Malte Scholz, Vorsitzender der EJB. Man stelle sich bewusst an die Seite all jener, die sich für Vielfalt und Selbstbestimmung einsetzen. Gerade in Zeiten zunehmender Anfeindungen sei es entscheidend, Schutzräume für queere Menschen nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch im öffentlichen Raum zu schaffen.
Laut EJB seien Angriffe auf CSDs sowie erzwungene Änderungen von Demorouten nicht hinnehmbar. Vielmehr müssten die Sicherheitsbehörden das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit uneingeschränkt gewährleisten. Gleichzeitig dankt der Verband den Behörden, die trotz wachsender Herausforderungen weiterhin für sichere Veranstaltungen sorgen.
Gewalt und Diskriminierung nehmen zu
Ein Blick auf aktuelle Zahlen bestätigt die Einschätzung der EJB: Die Fachstelle "Strong! – LGBTIQ* gegen Diskriminierung und Gewalt" registrierte für 2024 insgesamt 289 queerfeindliche Vorfälle in Bayern – ein Anstieg von über 30 Prozent im Vergleich zu 2022.
Die Bandbreite reicht von Beleidigungen über körperliche Angriffe bis hin zu sexualisierter Gewalt, besonders häufig betroffen seien trans* und inter* Personen.
Die HAY-Studie des Bayerischen Jugendrings zeigt zudem, dass insbesondere queere Jugendliche stark unter Diskriminierung leiden. Fast jede*r zweite berichtet von Ausgrenzung in Schule, Freizeit oder Familie. Die psychischen Folgen sind gravierend: Queere junge Menschen sind demnach überdurchschnittlich oft von Depressionen und Suizidgedanken betroffen.
Die EJB fordert deshalb verstärkte Schutzmaßnahmen und eine Jugendpolitik, die die Lebensrealität queerer Jugendlicher ernst nimmt. "Der Schutz queerer Jugendlicher darf kein Randthema sein – er muss ein zentrales Anliegen für Politik und Gesellschaft sein", heißt es in der Stellungnahme.
Neue Bundesregierung, rauerer Wind
Während sich zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Evangelische Jugend in Bayern klar für queere Sichtbarkeit und Schutz stark machen, ist der politische Rückenwind auf Bundesebene nicht mehr selbstverständlich.
Seit dem Regierungswechsel 2025 weht queeren Anliegen im Bundestag ein rauerer Wind entgegen: So untersagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) bereits Mitte Mai das Hissen der Regenbogenfahne zum Berliner CSD – obwohl diese 2022 und 2023 noch am Reichstagsgebäude wehen durfte.
Auch das queere Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung musste seine Teilnahme an der Berliner CSD-Demonstration auf Weisung der Verwaltungsspitze kurzfristig zurückziehen. Die ursprünglich geplante Fußgruppe, die bereits in den Vorjahren mitgelaufen war, kann dadurch nicht teilnehmen.
Der Berliner CSD lud das Netzwerk stattdessen ein, auf dem offiziellen Truck mitzufahren – ein symbolischer Akt gegen die Einschränkung queerer Sichtbarkeit im politischen Raum.

Sichtbarkeit als Haltung
Ebenfalls um ein Zeichen zu setzen, zeigt die EJB im Juni ein Regenbogen-Logo in den sozialen Medien. Gleichzeitig ruft sie Jugendgruppen in ganz Bayern zur Beteiligung an CSDs auf – durch Demonstrationen, Infostände oder kreative Aktionen. In Städten wie Nürnberg und München ist die evangelische Jugend seit Jahren fester Bestandteil der Pride-Programme.
"Wir stehen für eine Kirche und Gesellschaft, in der alle Menschen in ihrer Vielfalt willkommen sind", so Scholz. Dafür brauche es mehr als symbolische Gesten – nämlich eine klare Haltung und konkrete Schutzmaßnahmen.
Die Evangelische Jugend in Bayern
Die Evangelische Jugend in Bayern ist Dachverband der Evangelischen Gemeindejugend und mehrerer Jugendverbände. Mit über 250.000 erreichten jungen Menschen und mehr als 17.000 Ehrenamtlichen ist sie einer der größten Träger evangelischer Jugendarbeit in Deutschland.
Seit einem Beschluss im Jahr 2023 bekennt sich die EJB ausdrücklich zur Unterstützung queerer Menschen.
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