Massiver Rückgang der Grundwasserstände
Im aktuellen Monitoringbericht des Umweltbundesamts (UBA) steht es schwarz auf weiß.
"Deutschland gehört zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit", sagt UBA-Präsident Dirk Messner.
Gemessen werden die Grundwasserstände unter der Erde - und die gehen rapide zurück. Die Hochwasser dieser Tage vermitteln da ein falsches Bild: Nur ein Teil davon versickert im Grundwasser, weil die Böden die Wassermassen nicht so schnell aufnehmen können.
Das Wasser fließt in Flüsse, Bäche und Seen ab, für die Wasserversorgung aber ist es verloren. Deshalb ändere sich auch nichts am fortschreitenden Wasserverlust.
Experten schlagen Alarm
Experten sind alarmiert. Bayern steuere auf einen Wassernotstand zu, sagt beispielsweise Juliane Thimet, die stellvertretende Geschäftsführerin des Bayerischen Gemeindetags, der mehr als 2.000 Städte und Gemeinden in Bayern vertritt. Regelmäßig informiert Thimet bei Tagungen und in öffentlichen Foren über die Situation und stellt fest:
"Der Freistaat hat in nur 20 Jahren etwa 20 Prozent seiner Wasservorräte verloren."
Um den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen zu sein, müsse viel kritischer angeschaut werden, wer wie viel Grundwasser entnimmt. Sie fordert:
"Jede Wasserentnahme aus Grundwasser muss über einen Wasserzähler laufen."
Das sei bislang im Freistaat nicht der Fall. Niemand wisse genau, wer wie viel Grundwasser in Bayern entnimmt. Private und gewerbliche Brunnenbesitzer holten das kostbare Allgemeingut aus dem Boden und nutzten es für ihre Zwecke. Getränkefirmen und Landwirte mit eigenem Brunnen zahlten dabei nichts für das Wasser.
Mehr Transparenz und Klimaanpassung
Jeder könne auch einen Brunnen bauen, ohne eine wasserrechtliche Genehmigung dafür zu benötigen. Letztlich existierten keine Erkenntnisse darüber, wer neben den öffentlichen Wasserversorgern und den großen Industrie- oder Gewerbeentnahmen wie viel Wasser aus seinen Brunnen ziehe.
"Möglicherweise ist das auch ein Grund für den rapiden Rückgang unseres blauen Schatzes. Da muss viel mehr Transparenz her", sagt die Wasserexpertin des bayerischen Gemeindetags.
Dass Transparenz und Klimaanpassung vor Ort gelingen können, zeigt die jüngste Veröffentlichung eines Oberpfälzer Getränkeproduzenten - allerdings auf freiwilliger Basis. Die Neumarkter Lammsbräu ist ein Pionier in der Biogetränke-Herstellung.
Die Unternehmenszahlen weisen neuerdings aus, wie viel Wasser die Lammsbräu-Erzeugergemeinschaft für ökologische Braurohstoffe (EZÖB) gespart hat: Demnach haben die 188 in ihr organisierten Landwirte laut Unternehmensangaben rund 13,5 Milliarden Liter Wasser im Jahr 2022 geschützt.
Ökologische Landwirtschaft
Der Ressourcenschutz wurde von der Privatwirtschaft selbst angestoßen. So hätten die von Lammsbräu unterstützten Öko-Bauern das Wasser auf rund 75 Millionen Quadratmetern Bayerns vor Pestiziden, Nitrat und anderen Schadstoffen bewahren können, sodass es sauber in den Boden einsickerte.
Dadurch seien den Haushalten in der Region um Neumarkt über 8,77 Millionen Euro an Wasseraufbereitungskosten erspart geblieben.
Zum anderen sei durch den ökologischen Landbau eine etwa 2,5-mal höhere Regenaufnahme im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Feldern erzielt worden. Dies werde in Zeiten von Dürre und Starkregenereignissen immer wichtiger, hieß es weiter.
Der Bund Naturschutz Bayern (BN) konzidierte dem Unternehmen, durch die Förderung der biologischen Landwirtschaft "generell und insbesondere im Bereich von Wasserschutzgebieten die Belastung des Grundwassers mit Nährstoffen und Pestiziden" verringert zu haben.
"Neumarkter Lammsbräu trägt hierzu besonders bei durch sein Engagement für Fairness gegenüber Bauern, eine Umstellungsberatung für Ökolandbau und Ökovermarktung und die konsequente Gentechnikfreiheit", sagte BN-Sprecher Stefan Ossyssek.
Ziel: Entnahme aus oberflächennahem Grundwasser
Wie exakt die Zahlen zum geschützten Trinkwasser und den vermiedenen Kosten für eine Wiederaufbereitung durch Lammsbräu sind, könne der BN "aufgrund fehlender Daten leider nicht beurteilen", sagte Ossyssek.
Ein Anliegen bleibe für den Naturschützer aber offen. Seines Wissens entnehme die Neumarkter Brauerei - wie die meisten Getränkehersteller - Tiefengrundwasser für die Produktion. Solche Entnahmen sollten "Zug um Zug durch Entnahme aus oberflächennahem Grundwasser" ersetzt werden.
Denn die Wasserentnahme aus tiefen Schichten ist laut Bayerischem Gemeindetag zusammen mit dem Klimawandel und der Überdüngung landwirtschaftlicher Böden die wichtigste Ursache für die zunehmende Gefährdung des Grundwassers, "aus dem wir in Bayern zu über 92 Prozent unser Grundnahrungsmittel Nummer eins gewinnen".
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