Der Dornröschenschlaf für die unterfränkische Landsynagoge aus dem Dörfchen Allersheim im Landkreis Würzburg endet bald. Seit genau fünf Jahren schlummern ihre jahrhundertealten Mauern im Depot des Fränkischen Freilandmuseums Bad Windsheim. Doch nun hat der Liegenschaftsausschuss des mittelfränkische Bezirkstag als Träger des Freilandmuseums grünes Licht erteilt, um den Wiederaufbau und die Sanierung der Synagoge anzugehen. Laut aktuellem Zeitplan sollen die Arbeiten im Frühjahr 2020 ausgeschrieben und im Sommer vergeben werden. Der Rohbau könnte 2021 stehen, der Ausbau 2022 fertig sein.
Der Leiter des Freilandmuseums, Herbert May, und sein Museums-Restaurator Dieter Gottschalk hatten sich schon Anfang dieses Jahres Gedanken gemacht, welches Planungsbüro mit ins Boot geholt werden soll. "Technisch ist der Wiederaufbau kein Problem", sagt Gottschalk. Die Schwierigkeiten liegen woanders. Auch wenn die Kubatur, also die Außenmaße des Hauses, relativ leicht wieder herzustellen seien - zum Innenleben haben die Experten noch so manche Frage:
"Es war eine einfach ausgestattete Landsynagoge ohne Reichtümer." Das mache sie als steinernes Zeugnis für das fränkische Landjudentum so bedeutend.
Sicher ist: Der Bet-Raum in der um 1740 errichteten Synagoge war vergleichsweise schlicht ausgestaltet war. Das Zimmer im ersten Stock besaß ein Tonnengewölbe, das blau gestrichen und mit eher schlichten gelben Sternen verziert war - ein Sternenhimmel also. Im Keller gab es eine Mikwe, ein Ritualbad, das wegen Hygienevorschriften ab dem Jahr 1828 aber nicht mehr genutzt werden durfte. Irgendwann um 1911 war die Jüdische Gemeinde wegen der Landflucht zu klein geworden, die Synagoge wurde nicht mehr gebraucht, verkauft und als Wohnhaus genutzt. Mehr als 30 Jahre stand es zuletzt leer und verfiel zusehends.
Das war es dann aber auch schon mit dem sicheren Wissen. Details zur Innenausstattung ist nicht bekannt: Wie sah die Bima aus, das Lesepult für die Tora? Wie der Tora-Schrein? Und wozu war das kleine Zimmer im Obergeschoss neben dem Bet-Raum da? Wurde dort unterrichtet? Viele Fragen, die das Museumsteam bis zum Sommer 2022 noch klären will. Glücklicherweise sei beim Umbau zum Wohnhaus viel Baumaterial wiederverwendet - etwa die blauen Bretter des Tonnengewölbes, die für die Geschossdecke hergenommen wurden. Damit könne man "gut andeuten", wie es mal ausgesehen habe, sagt Restaurator Gottschalk.
Allerdings soll die Synagoge nicht im bauzeitlichen Urzustand aufgebaut werden, vielmehr sollen alle Umbauten und Umnutzungen späterer Zeit sichtbar werden. "Wie genau wir das machen werden, ob etwa mit digitalen Elementen, oder ob mit Mauerstümpfen später eingezogener Wände, das wissen wir aktuell noch nicht", erläutert Museumschef May.
Weil man zwar baukundlich eine Menge Expertise habe, nicht jedoch beim Thema Judentum, will das Fränkische Freilandmuseum bei diesem Gebäude mit Experten für jüdische Geschichte kooperieren. Zum Wiederaufbau soll es auch ein wissenschaftliches Symposium geben.
Dort kann dann vielleicht auch ein bauliches Geheimnis endgültig geklärt werden, über das May und Gottschalk seit Jahren rätseln: Der Grundriss der Synagoge ist kein Quader, sondern L-förmig, es gibt einen kleinen Anbau, der unter anderem als Treppenaufgang genutzt wurde. "Das ist für diese Bauzeit eher untypisch", sagt Bauexperte Gottschalk. Fest steht indes bereits, wo das neue Exponat auf dem Museumsgelände aufgebaut werden soll: in der "Baugruppe West" in der Gebäude aus dem Mainfränkischen und von der Frankenhöhe stehen - zwischen dem Schulhaus und der Weiltinger Scheune.
"Toll wäre es, wenn die Landesausstellung 2022 in die Stadt Bad Windsheim und zu uns ins Museum käme", sagte Museumsleiter May bereits Anfang dieses Jahres. Thema der Schau sei "Typisch Franken", und da "passt so eine fränkische Landsynagoge als Neuheit natürlich perfekt". Die Entscheidung darüber, wo die Landessausstellung 2022 stattfindet, ist noch nicht gefallen.