Julia Klöckner ist CDU-Politikerin, studierte Theologin, ehemalige Bundesministerin und seit kurzem Bundestagspräsidentin.

Wie steht die Rheinländerin zu Religion, Glaube und Kirche? 

Klöckner: Persönlicher Glaube als politischer Kompass

Klöckner bezieht regelmäßig Stellung zur Rolle von Religion in Gesellschaft und Politik. Dabei bleibt sie nicht unkritisch gegenüber der Kirche – trotz ihrer eigenen tiefen Verwurzelung im christlichen Glauben. Erst kürzlich trat sie eine breitere Diskussion über die politische Ausrichtung der Kirchen los.

Julia Klöckner ist überzeugte Katholikin. Ihr Glaube sei für sie selbstverständlich, sagte sie mehrfach. Sie engagierte sich lange als Lektorin, war in Gebetskreisen aktiv und versteht ihren Glauben als Grundlage für politisch-ethische Entscheidungen – etwa im Bereich des Tier- und Umweltschutzes.

Der christliche Glaube, so Klöckner, sei für sie "kein Sonntagsritual", sondern Lebenshaltung.

Zwischen Applaus und Ablehnung

Das hält sie aber nicht davon ab, sich kritisch mit ihrer Kirche auseinanderzusetzen, im Gegenteil. Zu Ostern meldete sie sich zu Wort und löste ein breites Echo aus. Ihre Forderung: Die Kirche solle sich wieder stärker auf ihre spirituelle Kernaufgabe konzentrieren. Sinn stiften, Hoffnung geben – darin sieht Klöckner ihre eigentliche Rolle.

Sie warnte davor, dass sich Kirche zunehmend wie eine "austauschbare NGO" verhalte, wenn sie sich zu sehr in tagespolitische Debatten einmische. Gerade in bioethischen Fragen sei hingegen eine klare kirchliche Haltung nötig. Für politisches Engagement plädiert sie durchaus – aber nicht für Parteinahme.

Kirchenvertreter und Politiker widersprachen Klöckners NGO-Vergleich teils scharf. Sie verwiesen auf das biblisch begründete soziale Engagement und die historische Rolle der Kirche als Mahnerin. Andere wiederum stimmten Klöckner zu – besonders mit Blick auf den zunehmenden Bedeutungsverlust der Kirche.

Ihre Kritik spiegelt eine tiefergehende Debatte wider: Wie politisch darf, soll oder muss Kirche sein? Ein Vorwurf, den sie sich allerdings gefallen lassen muss, lautet: Sie möchte, dass die Kirche sich mehr in ihrem Sinne politisch äußert. Tatsächlich griff sie ausgerechnet ein konservatives Reizthema heraus, als sie ein Beispiel nannte, bei dem sie sich deutlichere Stellungnahmen der Kirche wünschte: die Abtreibung.

Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag trat Klöckner nicht nur als Politikerin, sondern auch als Theologin auf. In ihrer Bibelarbeit verband sie zentrale biblische Themen wie Mut und Vertrauen mit gesellschaftlicher Verantwortung. Ihre Teilnahme wurde sowohl mit Interesse als auch mit Skepsis aufgenommen. In der anschließenden Diskussion stellte sich Klöckner kritischen Fragen – und blieb bei ihrer Linie.

Kirchenaustritte und der Bedeutungsverlust

Auch zur sinkenden Kirchenbindung in Deutschland hat Klöckner eine klare Meinung: Wohlstand, individualisierte Sinnangebote und der Eindruck, die Kirche habe keine überzeugenden Antworten mehr, seien wesentliche Gründe für die Austrittswelle.

Um relevant zu bleiben, müsse sich die Kirche auf existenzielle Fragen konzentrieren, geistliche Stabilität bieten und Haltung zeigen – statt sich im politischen Tagesgeschäft zu verlieren.

Julia Klöckners Verhältnis zur Kirche ist also geprägt von persönlicher Glaubensnähe und Kritik an der Institution. Sie fordert eine Rückbesinnung auf die spirituelle Aufgabe der Kirche, ohne jedoch deren gesellschaftliches Engagement grundsätzlich infrage zu stellen.

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