Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, auch als Mormonen bekannt, ist mit rund 17,5 Millionen Mitgliedern weltweit eine der bekanntesten religiösen Bewegungen, die im 19. Jahrhundert in den USA entstanden sind.
Ihr Ursprung, ihre Theologie und ihr gesellschaftliches Wirken machen sie zu einer einzigartigen Gemeinschaft im globalen Religionsspektrum. Die ursprünglich spöttisch gemeinte Fremdbezeichnung "Mormonen" lehnt die Kirche selbst übrigens ab.
Ursprung und Geschichte
Die Kirche wurde 1830 von Joseph Smith gegründet, der angab, göttliche Offenbarungen und Visionen empfangen zu haben.
Smith übersetzte das Buch Mormon nach eigenen Angaben aus einer alten Sprache. Es ist neben der Bibel die zentrale Glaubensschrift der Kirche. Die Anfänge der Bewegung waren geprägt von Ablehnung und Verfolgung.
Nach Smiths Ermordung im Jahr 1844 führte Brigham Young die Gemeinde nach Utah, wo Salt Lake City zum Zentrum des Mormonentums wurde.
Heilige Schriften und Lehre
Mormonen akzeptieren neben der Bibel mehrere weitere Offenbarungsschriften:
- Das "Buch Mormon” ist eine ergänzende Schrift zur Bibel, die von Propheten auf dem amerikanischen Kontinent handeln soll. Es hat einen noch höheren Stellenwert als die Bibel und wird als das "richtigste Buch auf Erden” angesehen.
- "Lehre und Bündnisse”: Enthält Offenbarungen an Joseph Smith über die Organisation der Kirche, das Priestertum, die Polygamie und andere Lehren.
- "Die Köstliche Perle": Enthält zusätzliche Schriften und Glaubensartikel.
Die Glaubenslehre ist stark christlich geprägt, unterscheidet sich jedoch in zentralen Punkten vom klassischen Christentum:
- So wird nicht nur Jesus, sondern teilweise auch Gott selbst nicht als metaphysisches Wesen, sondern als verherrlichte, körperliche Gestalt betrachtet, die einst selbst Mensch war.
- Das Ziel jedes Gläubigen ist das "ewige Fortschreiten”, im Idealfall bis zur eigenen Vergöttlichung.
- Jeder amtierende Kirchenpräsident gilt als Prophet, der fortlaufende Offenbarungen empfangen kann.
Zentrale Praktiken und Tempelrituale
Wöchentliche Gottesdienste finden in Gemeindehäusern statt, besondere Rituale aber ausschließlich in den weltweit 194 Tempeln:
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Endowment ("Begabung"): Ein Initiationsritual, das tieferes religiöses Wissen und göttliche Zeichen vermittelt.
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Siegelung: Familien werden für die Ewigkeit miteinander verbunden.
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Taufe für Verstorbene: Verstorbenen Ahnen wird stellvertretend die Möglichkeit zum Eintritt in die Kirche gegeben.
Viele Rituale werden nur Mitgliedern mit einem Tempelschein zugänglich gemacht, die Geheimhaltung der Details hat eine lange Tradition. In den letzten Jahren werden jedoch mehr Details kommuniziert als früher.
Ahnenforschung
Die Kirche ist für ihre umfangreiche genealogische Forschung bekannt. Für die Taufe von Verstorbenen ist es erforderlich, die Stammbäume möglichst vieler Vorfahren zu kennen. Zu diesem Zweck wird in Salt Lake City die weltweit größte Ahnen-Datenbank unterhalten. Diese Daten stehen auch externen Forschern zur Verfügung.
Gemeinschaftsleben und soziale Struktur
Die mormonische Kirche legt großen Wert auf die Familie, Gemeinsinn und gegenseitige Hilfe:
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Die Familie ist das Zentrum des Glaubens und wird als ewig verstanden.
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Montags ist weltweit Familienabend.
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Die Kirchengemeinde ist hierarchisch, doch die meisten Ämter werden ehrenamtlich ausgeübt.
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Der Zehnte (10 Prozent des Einkommens) wird als Pflicht verstanden, ist jedoch freiwillig.
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Humanitäre Dienste, Bildung und gegenseitige Hilfe prägen das Alltagsleben.
Strenge Reglements und Alltag
Der Alltag vieler Mitglieder ist durch zahlreiche Regeln geprägt:
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Kein Alkohol, Tabak, Kaffee oder schwarzer Tee.
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Striktes Sexverbot vor der Ehe; Sexualität ausschließlich zwischen Mann und Frau.
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Missionierung ist zentral: Männer leisten im Alter von 18 bis 19 für zwei Jahre einen verpflichtenden Missionseinsatz, Frauen für 18 Monate freiwillig.
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Strenge Kleidungsregeln, vor allem für Missionare, und das Tragen spezieller Tempelunterwäsche nach bestimmten Ritualen.
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Fasten am ersten Sonntag jedes Monats, wobei das gesparte Geld an Bedürftige gespendet wird.
Missionare hatten in früheren Zeiten kaum Kontakt zu Familie oder Medien. Dies ändert sich jedoch in jüngster Zeit.
Rassismus und Polygamie
Ein kontroverses Thema der Kirchengeschichte ist die von Joseph Smith eingeführte Polygamie. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war die Vielehe in der Kirche weit verbreitet – Smith selbst hatte 30 bis 40 Ehefrauen.
Erst im Jahr 1890 wurde die Polygamie offiziell aufgegeben, um die gesellschaftliche und staatliche Akzeptanz der Kirche nicht zu gefährden. Heute praktizieren nur einige Splittergruppen die Mehrehe weiterhin.
Der rassistisch begründete Ausschluss Schwarzer vom Priesteramt wurde erst 1978 durch eine göttliche Offenbarung aufgehoben.
Verhältnis zur Außenwelt und Gesellschaft
Obwohl die Mormonen sich selbst als christlich begreifen, werden sie von vielen anderen christlichen Kirchen weder ökumenisch noch theologisch anerkannt. Die Kirche pflegt dennoch soziales Engagement, ist in interreligiösen Gremien aktiv und sucht keinen theologischen Konsens.
Die Kirche ist international stetig gewachsen, vor allem durch Missionierung. Heute leben die meisten Mitglieder außerhalb der USA, auch in Deutschland gibt es rund 40.000 Mormonen.
Quellen
Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen: Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage)
Kommentare
"die Kirche"? Wohl eher eine…
"die Kirche"? Wohl eher eine Sekte, vor der gewarnt werden muss.