Kürzlich machte ein katholischer italienischer Pfarrer Schlagzeilen. Der Grund: Er hatte einen Gottesdienst am Strand gefeiert. Und zwar in Badehose, bis zum Bauch im Wasser und mit einer Luftmatratze als Altar.
Immer mehr Gottesdienste im Grünen
Das ist sicher eine besonders ungewöhnliche Form. Doch auch abgesehen von solchen extremen Fällen werden immer mehr Gottesdienste außerhalb von Kirchen gefeiert. Das gilt gerade auch für die evangelische Kirche.
"Taufen und Trauungen im Freien werden vermehrt nachgefragt, Gottesdienste im Grünen oder an ungewöhnlichen Orten sind gut besucht",
erklärt Pfarrer Oliver Schürrle von der Segen.Servicestelle gegenüber dem Sonntagsblatt.
Die Servicestelle der ELKB hilft bei der Vermittlung solcher Gottesdienste (was sie noch alles leistet, lesen Sie hier). "Wir sind als evangelische Kirche gerne nahe bei den Menschen und deren Wünschen", sagt Schürrle.
Gottesdienste an besonderen Orten gab es schon immer
Das sieht auch Janes Höner von "Kirche Unterwegs" so. "Es ist die Aufgabe der Kirche, den Menschen in ihren Bedürfnissen nach Spiritualität entgegenzukommen", sagt er dem Sonntagsblatt. Gottesdienst an ungewöhnlichen Orten seien einfach ein Thema geworden:
"Man kann im Prinzip überall Gottesdienst feiern, weil überall Menschen zusammenkommen."
Höner erklärt den Ursprung von Gottesdiensten: Früher hätten sich die Christ*innen da getroffen, wo sie konnten und durften. "Ganz früher in Rom, als sie verfolgt wurden, haben sie sich in den Katakomben getroffen, also eigentlich auf den Friedhöfen, weil sie keinen anderen Ort hatten." Wir sehen es heute gewohnt, Kirchen zu haben. "Aber es gab schon immer Gottesdienste an besonderen Orten."
Da, wo sich die Menschen treffen, komme auch das Bedürfnis auf, gemeinsam Spiritualität zu zelebrieren, erklärt Höner. "Und das ist genauso im Urlaub wie auch beim Berggottesdienst."
Rahmen und Ablauf müssen zum jeweiligen Ort passen
Doch welchen Rahmen sollte man beachten? Wo sind die Grenzen, was Ablauf oder auch die passende Bekleidung angeht. Schürrle betont, genau wie Gottesdienste in einer Kirche brauchten auch solche im Freien einen für den jeweiligen Ort passenden Ablauf und Rahmen: "Liturgische Kleidung und gottesdienstliche Gestaltung des Ortes gehören dazu."
Dazu kämen außerdem noch organisatorische Fragen:
"Wie ist das mit der Musik? Was ist, wenn es regnet? Das sind besondere Herausforderungen."
Höner gibt zu bedenken, dass man eine Abwägung treffen müsse: "Kommen nur mehr Schaulustige oder ist das auch für die Menschen eine Möglichkeit, in Kontakt zu kommen mit christlichem Gottesdienst?" Letztlich sei es in der Verantwortung jedes einzelnen Priesters, die Würde des Gottesdienstes zu bewahren. "In der evangelischen Kirche gibt es wenig Kontrolle von oben, anders als in der katholischen Kirche." Die Grenzen des Vorstellbaren oder was für die Leute möglich sei, seien ganz verschieden:
"Und diese Vielfalt zeichnet die evangelische Kirche aus."
Erkennbarkeit muss erhalten bleiben
Tourismuspastorin Brigitte Gottuk von der Schäferwagenkirche in Eckernförde findet es wichtig, dass es bei aller Niedrigschwelligkeit bei Gottesdiensten eine Erkennbarkeit gebe, sagt sie dem Sonntagsblatt. "Das bedeutet für mich auch, dass ich normal angezogen bin. Ich trage Albe oder Collarhemd und bin damit für die Menschen sichtbar als Pastorin." Die Niedrigschwelligkeit eines Angebots drücke sich nicht in der Kleidung aus:
"Es kommt darauf an, wie wir als Kirche auf die Menschen zugehen, wie wir sie ansprechen und welche Lieder wir singen."
Gottesdienst auf dem Berg, Abendmahl mit Cola und Chips
Janes Höner erzählt dann noch vom ungewöhnlichsten Gottesdienst, von dem er je gehört hat. So seien einmal einige Theologiestudierende bei einer Studienreise in Griechenland auf einen Berg gestiegen. "Und kam plötzlich so eine andächtige Stimmung auf, dass das Bedürfnis entstand, gemeinsam ein Abendmahl zu feiern."
Nun habe man aber keine Hostien und keinen Wein dabei gehabt – und habe sich stattdessen mit dem beholfen, was da war: Kartoffelchips und Cola. "Jesus ist das glaube ich herzlich wurscht, ob er sich in den pappigen Hostien und dem Wein materialisiert, den man irgendwo noch besorgt hat, oder ob er das in Cola und Müsliriegel kann", erklärt Höner.