"Ich bin ein Gast auf Erden." Diese Worte aus dem Psalm 119 hat die Diakonie Deutschland einer Orientierungshilfe für ihre Einrichtungen zum Umgang mit dem Wunsch zum Sterben vorangestellt. Der Satz ist eine gute Wahl. Er macht die Endlichkeit des Lebens deutlich. Aber was tun, wenn ein Mensch das Ende selbst herbeiführen will und dafür um Hilfe bittet, um Hilfe für den assistierten Suizid?

Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Jeder Mensch hat ein Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben und darf dazu auch Hilfe in Anspruch nehmen. Mit dieser Begründung hat das Bundesverfassungsgericht Anfang 2020 den Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs für nichtig erklärt. Er sah Strafen vor für die geschäftsmäßige, das heißt auf Wiederholung angelegte Sterbehilfe.

Ein Schock nicht nur in den Kirchen. Der Bundestag diskutiert seitdem, wie das Gesetz neu zu formulieren ist. Die Kirchen wiederum ringen damit, wie sie auf das Urteil reagieren. Diakoniechef Ulrich Lilie erklärte, der assistierte Suizid müsse auch in Einrichtungen der Diakonie möglich sein. Für andere eine absolute Unmöglichkeit.

Im Ausnahmefall die Sterbewilligen begleiten

Nun schreibt Lilie im Vorwort zur Orientierungshilfe:

"Als gemeinsame Linie der Diakonie sehe ich die Bereitschaft, Menschen ohne Vorbehalte und gleichzeitig dem Leben zugewandt zu begleiten, aber nicht aktiv Suizidassistenz selbst anzubieten und zu praktizieren."

Im weiteren beschreibt das Papier mögliche Ursachen für den Wunsch zu sterben und mögliche Arten, damit umzugehen. Die Richtung ist klar: Im Ausnahmefall die Sterbewilligen begleiten, aber nicht selber den Suizid assistieren.

"Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass", werden Kritiker sagen. Das greift zu kurz. Zum einen kann sowieso keine Pflegerin, kein Pfleger gezwungen werden, an einer Selbsttötung mitzuwirken. Zum anderen zeigt die Diakonie, dass sie dem Leben verpflichtet ist.

Mit dem Wunsch nach Hilfe zum Sterben auseinandersetzen

Dennoch muss sie sich mit dem Wunsch nach Hilfe zum Sterben auseinandersetzen und diese auch zulassen. Alles andere würde bedeuten, die Augen vor den realen Anforderungen in den Alten- und Pflegeheimen zu verschließen. Und es würde bedeuten, den einzelnen Menschen in einer existenziellen Situation nicht zu respektieren und ihm die Begleitung zu verweigern.

"Ich bin ein Gast auf Erden." Damit ist die Individualität und Einzigartigkeit des Menschen angesprochen – und seine Würde: "Ich bin." Der "Gast" verweist auf die Endlichkeit. Diese anzuerkennen ist lebenslange Herausforderung für jeden Menschen. Sie ist zugleich Anforderung an die moderne Medizin, das Leben nicht um jeden Preis zu verlängern.