Die Klappe zum Ofen steht offen. Jetzt muss es schnell gehen. Brotteiglinge werden aus Körben auf den langen Schieber gelegt und dann ins heiße Innere des Holzofens eingeschossen. Drei oder vier Personen arbeiten Hand in Hand. Fast blind. Nach ein paar Minuten sind rund 30 Teiglinge im Ofen. Die Klappe ist wieder zu. Jetzt heißt es warten.

Tobias Leukhardt, der den Schieber bedient, kann einen Moment durchatmen. Er tritt vor das Backhaus, das im Garten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Gersthofen steht. "Eigentlich wollte ich einen kleinen Backofen für meinen eigenen Garten", erinnert er sich. Die Idee, ein Backhaus für die Gemeinde zu bauen, gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Der Kirchenvorstand sei erst später darauf gekommen, den Ofen dort zu bauen, wo auch seine Freunde aus der Gemeinde seien.

Das Backhaus als Begegnungsort

"Ich dachte, das gelingt uns", sagt Leukhardt und schlug seine Idee vor. Der restliche Vorstand war begeistert und gab schnell grünes Licht. Das war im November 2013. Doch dann dauerte es. Diakon Christian Wolf nennt es im Nachhinein "eine glückliche Abfolge". Denn statt eines Backhauses wurde erst ein Kinderhort hinter der Kirche in Gersthofen gebaut. "Die Stadt kam auf uns zu, ob wir zusammen bauen wollen", erklärt Wolf. Auch wurde über den möglichen Bauplatz gerätselt.

Das Backhaus ist inzwischen ein Ort, an dem sich Menschen begegnen und kennenlernen können. Dort finden regelmäßige Backtage statt, an denen mitgebrachte Brotrohlinge gebacken werden können. Währenddessen steht das Team mit Ehrenamtlichen und Diakon Wolf bereit für Gespräche. Das Backhaus wird auch für andere Veranstaltungen genutzt und das Team ist so gut eingearbeitet, dass es für die Versorgung bei anderen Veranstaltungen zur Verfügung steht.

"Als klar war, wo das Gebäude stehen sollte und wie es aussieht, ging alles sehr schnell", sagt Leukhardt. Viele Helfer, die Ahnung vom Bauen hatten, packten mit an. Aus dem alten Gebäude, das dem Kinderhort weichen musste, wurden Dachziegel, Balken und Fenster wiederverwendet. Eine Fertiggarage wurde aufgestellt, Flüchtlinge halfen beim Dachabdecken mit und dann kam schon der Holzofen. "Der ist neu und von einer Firma aus Baden-Württemberg", sagt Leukhardt. Der Vorteil: Man kann ständig nachheizen und so über den ganzen Tag hinweg backen.

180 Pizzen fürs Gemeindefest

Viel Unterstützung haben sie auch vom lokalen Rotary Club erhalten, dessen damaliger Präsident Lorenz Dir von dem Projekt begeistert war. Am Ende habe alles zusammen rund 47.000 Euro gekostet, sagt Wolf. 2017 wurde das Gebäude eingeweiht und der Diakon ist hellauf begeistert. Im Backhaus ist auch eine vollausgestattete Küche. Einmal im Monat wird nun gemeinsam gebacken. "Es geht aber nicht nur darum, sondern um das Vernetzen und sich treffen", erklärt Diakon Wolf. Im Sommer würde man schon früher backen und anschließend noch bei einem Wein den Abend ausklingen lassen.

Bei einem Gemeindefest waren 350 Besucher da und das Backteam habe 180 Pizzen in dem Ofen gemacht. "Auch Schweinsbraten kann man darin zubereiten", sagt Wolf. Dass sie jetzt auch noch einen "Ehrenamtspreis 2019" der Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) in Höhe von 1.000 Euro gewonnen haben, freut den Diakon und sein Team.

"Das war eine schöne Überraschung"

Die Brote sind mittlerweile 40 Minuten im Ofen. Einer der zahlreichen Mitglieder des Backteams wagt einen Blick hinein und entscheidet, dass die Brote gut sind. Jetzt geht es wieder schnell. Fertig gebackene Laibe werden zügig herausgeholt und auf einem großen Tisch ausgebreitet, um abzukühlen. Leukhardt, der heute rund 60 Brote in und aus dem Ofen geschoben hat, lächelt zufrieden: "Ich hätte nie gedacht, dass mal so was daraus wird."

2019 wird das Projekt mit einem der vier Ehrenamtspreise der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) ausgezeichnet. Das Backteam zählt derzeit knapp 20 ehrenamtliche Helfer. An dem kühlen Herbsttag waren es nur 30 Leute, die zum gemeinsamen Backen kamen. Aber im Sommer: "Da kommen schon mal deutlich mehr", sagt Leukhardt und klopft sich das Mehl von seinem blauen Shirt.

TV-Tipp: "Kirche in Bayern"

"Kirche in Bayern" - Das ökumenische TV-Magazin

"Kirche in Bayern" ist das einzige ökumenische Kirchenmagazin auf den lokalen Fernsehsendern
in Bayern und jeweils sonntags nahezu flächendeckend zu sehen. Zum Beispiel auf München-tv am Sonntag um 15.30 Uhr oder für die Region Schwaben auf regio tv um 16.30. Alle weiteren Ausstrahlungsorte und -zeiten finden Sie hier: www.kircheinbayern.de