Als Augsburg 1985 sein 2.000-jähriges Stadtjubiläum feierte, war Renate Braun gerade Studentin und verdiente sich mit Gästeführungen durch ihre Heimatstadt ein bisschen was dazu.

"Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin",

sagt die Lehrerin, die in ihrer Freizeit immer noch gerne Gäste an die zahlreichen Stellen begleitet, die mit der Stadtgeschichte eng verbunden sind.

St. Ulrich, St. Afra und Bischof Simpert

Der Heilige Ulrich (890 bis 973) ist allgegenwärtig auf dem in 20 Minuten gut wanderbaren Weg vom Dom bis zur Basilika St. Ulrich und Afra, entlang der alten Prozessionsstraße. Am Dombrunnen begegnet einem der Bischof hoch zu Ross mit erhobenem Kreuz, das an ein Schwert erinnert. So soll er angeblich todesmutig in die Schlacht auf dem Lechfeld geritten sein, in der er mit göttlicher Unterstützung die ungarischen Heere vertrieb.

Rechts neben Ulrich steht die Figur der rund 600 Jahre früher verstorbene Märtyrerin Afra. Ihre Gebeine liegen neben denen Ulrichs in der Basilika St. Ulrich und Afra. Eine dritte Statue gehört zum Brunnen: Es ist der Stadtheilige, der 807 verstorbene Bischof Simpert.

"Schön ist, dass alles so nahe beieinander liegt",

meint Braun. Ulrich ist am Augustusbrunnen vor dem Rathaus zu finden, im Maximiliansmuseum, als Namensgeber des Ulrichsplatzes und in den Bildern auf der Hausfassade gegenüber der Moritzkirche.

Der kulturelle Einfluss des Bischofs reicht weit über Augsburg hinaus

Darauf ist nicht nur die Lechfeld-Sage dargestellt, sondern auch das "Fischwunder". Es ist überliefert, dass der Herzog von Bayern Ulrich verführen wollte, an einem Freitag Fleisch zu essen. Das aber war auf wundersame Weise in Fisch verwandelt, als der Bischof davon kostete. Es sind Legenden wie diese, die den Augsburger Bistumspatron auch zum Namensgeber vieler Ulrichskirchen und Kunstwerke zwischen Mittelfranken und Tirol machten.

Die Schlacht auf dem Lechfeld wird gerne sogar als die "Geburtsstunde der Deutschen" bezeichnet. Ob sich Bischof Ulrich als Sohn des alemannischen Gaugrafen Hubald von Dillingen selbst in den Kampf stürzte oder ob er "nur" hinter den Mauern für den Sieg gebetet hat, weiß niemand. Ungewiss ist auch, ob er der erste Heilige war, dessen Kanonisierung durch eine Synode in Rom beschlossen wurde.

Der Heilige Ulrich als wichtiger Wirtschaftsfaktor

Im Lauf der Jahrhunderte wurde Ulrich zum Patron der Reisenden, Winzer, Weber und Fischhändler. Erde von Ulrichs Grab in der Afrakirche, dem Vorgängerbau der heutigen, von ihm in Auftrag gegebenen Basilika, sollte sogar gegen Ungeziefer, Mäuse und Ratten helfen. In Augsburg ist er eine ökumenische Identifikationsfigur geworden. Renate Braun führt Gäste auch regelmäßig in die evangelische Pfarrkirche St. Ulrich, einst wohl eine offenen Vorhalle der Benediktinerklosterkirche St. Ulrich und Afra. Dass zwei Kirchen mit demselben Patrozinium so nah beieinander liegen, weist auch auf den Glaubensstreit im bikonfessionellen Augsburg hin.

Nicht zuletzt ist Bischof Ulrich auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der drittgrößten Stadt Bayerns: Im Jubiläumsjahr wirbt die Regio Augsburg Tourismus GmbH mit ihm als Galionsfigur der Tagungshäuser in kirchlicher Trägerschaft sowie für Kongresszentrum und Messe.

Ulrichsjahr

Das Ulrichsjahr beginnt offiziell am 3. Juli mit der Erhebung des Ulrichsschreins, der aus der Krypta in die Kirche getragen wird, und endet nach der Ulrichswoche am 14. Juli 2024. Am Samstag, 8. Juli, findet von 10 bis 13 Uhr das Auftaktfest zum Ulrichsjubiläum auf dem Augsburger Rathausplatz.

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