Noch einmal vor den Traualtar treten, wie damals? In Augsburg ist das möglich. Seit vier Jahren bieten zwei Pfarrerinnen im Dekanat Paaren ab 45 Ehejahren in der Annakirche einmal pro Jahr Gelegenheit, noch einmal "Ja" zueinander zu sagen und um Gottes Segen zu bitten. Am 21. Mai ist es wieder so weit.

Zurückblicken auf viele gemeinsame Jahre

Gelesen haben Gabi und Manfred Floußek immer wieder mal von dem Segnungsgottesdienst für Ehejubilare. Am 21. Mai stehen sie um 14.30 Uhr vor Pfarrerin Ursula Bühler und wollen ihr Trauversprechen, das sie sich vor 45 Jahren gegeben haben, erneuern. "Das wird eine ganz exklusive Zeit, nur für uns", freut sich Manfred Floußek.

"Wir nehmen uns bewusst aus dem Alltag heraus und ganz als Paar wahr."

Fußball-WM in München, Mauerfall, Millenium - an alle diese Großereignisse habe er eine Erinnerung. Dass er diese mit seiner Gabi erlebt hat, komme dabei manchmal einfach zu kurz. "Auch, dass uns ein gesundes Kind geschenkt wurde und dass es uns eigentlich gut geht, dafür wollen wir auch mal danke sagen", ergänzt sie. Der Nachwuchs ist übrigens schon längst den Kinderschuhen entwachsen und wird die Feier musikalisch begleiten - mit der Drehorgel.

Viele Paare trifft die Pfarrerin im Seniorenheim

Ursula Bühler kennt viele Ehepaare, die stolz auf ihre vielen gemeinsamen Jahre sind. "Raten Sie mal, wie lange wir schon verheiratet sind" - diesen Satz hat die Pfarrerin schon x-Mal gerade von älteren Menschen gehört, denen sie in ihrer Arbeit begegnet ist. Auch in Seniorenheimen.

"Viele staunen über sich selbst, dass sie so lange zusammen geblieben sind und vieles durchgemacht haben - Schönes und Trauriges. Und manche wollen das noch einmal bewusst bedenken, bedanken und feiern, wenn es in den letzten Lebensabschnitt geht",

erklärt sie. Daher habe sie 2019 zum ersten Mal mit Pfarrerskollegin Bettina Böhmer-Lamey einen solchen Gottesdienst angeboten. In lebendiger Erinnerung sei ihr ein russlanddeutsches Pärchen, das bei einem Segnungsgottesdienst zu aller Überraschung erzählte, dass dies jetzt erst ihre kirchliche Trauung sei. "Die beiden waren zwar schon seit über einem halben Jahrhundert verheiratet, hatten es aber in jungen Jahren aus politisch-gesellschaftlichen Gründen nie geschafft, in der Kirche vor den Altar zu treten", erzählt Bühler. "Dieser nachgeholte Trau-Segen war dann für alle sehr bewegend."

Verschiedene Generationen an Paaren kommen zusammen

Edeltraud und Wolfgang Bär wollen sich auch noch einmal trauen. Bei ihnen sind es mittlerweile 46 Jahre mit Trauschein. Dass neben ihnen noch etwa ein Dutzend weiterer Paare mit in den Gottesdienst gehen, von denen auch welche schon über 60 Jahre verheiratet sind, erleichtert sie eher. "Das nimmt die Schwellenangst vor dem Pfarrer", sagen sie lachend. Auch sie haben sich spontan dazu entschlossen, an der Zeremonie teilzunehmen. "Segen kann man nie genug kriegen", meint Wolfgang Bär. "Und es ist auch spannend, einen solchen Tag noch einmal mit verschiedenen Generationen an Paaren zusammen zu erleben." Seine Frau ergänzt, dass dieser Sonntagnachmittag eine willkommene Abwechslung zum Alltag sei.

"Das werden Momente, die wir nur für uns erleben."

"Ihr seid schon ein altes Pärchen" - den Satz hören beide Paare oft, nehmen ihn aber auf die leichte Schulter, wenn derjenige, der ihn ausspricht, diesen mit ironischem Unterton sagt. "Es stimmt ja auch. Nach so vielen gemeinsamen Ehejahren kennt man jede Marotte, aber auch jede Zuneigung von seinem Partner", meint Gabi Floußek. Man funktioniere wie ein Team miteinander. "So ein Segnungsgottesdienst ist dann eine schöne Gelegenheit, den Automatismus mal zu unterbrechen und gemeinsam etwas ganz anderes zu machen", freut sich Edeltraud Bär. "Manchmal fragt man sich, wo die Zeit geblieben ist" - da sind sich die beiden Paare einig.

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