Eine kirchliche Organisation muss es dulden, dass die Finanzbeamten die gesamte Organisation prüfen und nicht nur einen ausgewählten gewerblichen Betrieb, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem in München veröffentlichten Beschluss. (AZ: V B 7/18)
Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen schützt nicht vor einer umfassenden Umsatzsteuerprüfung des Finanzamtes.
Im konkreten Fall ging es um eine kirchliche Organisation, die als Körperschaft öffentlichen Rechts gilt. Da die Organisation auch über ein gewerbliches Reisebüro als Betrieb verfügte, wollte das Finanzamt die zu zahlende Umsatzsteuer prüfen - und zwar nicht nur für das Reisebüro alleine, sondern für die gesamte kirchliche Organisation.
Diese hielt die umfassende Prüfung für unzulässig und berief sich auf das im Grundgesetz verankerte kirchliche Selbstbestimmungsrecht. Die Prüfung des Finanzamtes habe hier seine Grenzen. Lediglich die angefallene Umsatzsteuer des gewerblichen Reisebüro-Betriebs dürfe überprüft werden. Solch eine Teilprüfung sei ja auch für zu zahlende Körperschaftssteuer üblich.
Das Finanzgericht Münster hielt die vollständige Umsatzsteuerprüfung für gerechtfertigt und ließ die Revision gegen das Urteil nicht zu. Die dagegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem BFH keinen Erfolg. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht führe nicht dazu, dass die Körperschaft öffentlichen Rechts nicht vollständig geprüft werden dürfe, entschied das Gericht.
Auch wenn die Klägerin geltend mache, dass mit Ausnahme des Reisebüros kein weiterer Betrieb gewerblicher Art vorliege und daher keine Umsatzsteuer anfalle, müsse dies vom Finanzamt geprüft werden können.
Ab 2021 müssen juristische Personen öffentlichen Rechts wie etwa Kirchengemeinden grundsätzlich Umsatzsteuer zahlen.
Es gibt auch Ausnahmen, etwa wenn die erbrachte Leistung mit dem kirchlichen Verkündigungsauftrag zusammenhängt. Der deutsche Gesetzgeber will so die EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie umsetzen.
Nach der EU-Richtlinie ist nach Artikel 132,1 l eine Umsatzsteuerbefreiung unter anderem für Einrichtungen mit religiösen Zielen vorgesehen, vorausgesetzt die Befreiung führt nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung. Ob die deutschen Vorschriften das EU-Recht richtig umgesetzt haben, ist bislang gerichtlich noch nicht geklärt.