Haben Sie sich fürs neue Jahr etwas vorgenommen? Vielleicht auf eine bessere "work-life balance" zu achten und sich im neuen Jahr weniger stressen zu lassen? Mehr Zeit für die Familie zu haben, oder abzunehmen, mehr Sport zu treiben? Weniger Süßes und mehr Gesundes essen? Das Rauchen aufzuhören? Weniger Auto und mehr Rad zu fahren?

Realistische und bescheidene Ziele

Immerhin, so sagt es eine Statistik, die ich vor kurzem gelesen habe: Die Hälfte der Befragten hält den guten Vorsatz ein halbes Jahr oder länger durch. Es sind wohl diejenigen, die sich realistische und bescheidene Ziele gesetzt haben.

Mit den großen Vorsätzen hingegen bin ich vorsichtig geworden, ganz besonders in der letzten Zeit. Die habe ich mir im neuen Jahr nicht vorgenommen. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigt mir eindrücklich: Wichtige Dinge in meinem Leben habe ich ja doch nicht in der Hand. Ob nun Pandemie oder Krieg oder Inflation. Das, was von außen kommt, bestimmt zunehmend mein Leben. Gute, grundlegende Vorsätze sind etwas für den Normalfall. Aber im Ausnahmefall, wenn die Rahmenbedingungen meines Lebens so unsicher sind, wage ich gar nicht, mir groß etwas vorzunehmen.

Optimismus nicht nehmen lassen

 
Ein Mann im blauen Anzug sitzt am Schreibtisch
Axel Piper, evangelischer Regionalbischof im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben.

Oder doch, diesen einzigen Vorsatz. Aber eigentlich kann man sich das gar nicht vornehmen, nur wünschen: Ich will mir meinen grundsätzlichen Optimismus nicht nehmen lassen. Das heißt für mich nicht etwa, die Augen vor der Wirklichkeit zu schließen und mich in eine bessere Welt zu träumen. Das heißt für mich auch nicht, nun auf die Nachrichten zu verzichten. Und auch nicht, mich zukünftig nicht mehr damit auseinanderzusetzen, wie sich die Brandherde in dieser Welt womöglich entwickeln könnten.

Nicht die Augen schließen, aber ganz bewusst die Augen auch auf die so vielen positiven Aspekte zu richten. Zum Beispiel auf die Menschen, die mir Mut machen, weil sie an eine bessere Zukunft glauben und sich dafür engagieren:

Das ist ein Lehrer, der mit Gleichgesinnten große Grundstücke kauft und auf ihnen Natur- und Artenschutz liebevoll praktiziert. Er lädt Schulklassen ein, Studentinnen und Studenten, Entscheidungsträgerinnen und -träger. Er macht Artenschutz anschaulich und zu einer ansteckenden Idee.

Friedensarbeit im Kleinen

Da ist ein anderer, ausgestiegener IT-Spezialist, der ausgediente Laptops sammelt, sie repariert und dann an Schülerinnen und Schüler verschenkt, die sich keinen leisten könnten. Das ist für mich Sozialarbeit und Zukunftsengagement. Da ist die Frau, Christin, die in einer von jüdischen Migrantinnen und Migranten aus Russland und Ukraine geprägten jüdischen Gemeinde Hebräischunterricht erteilt. Damit die ihre Tora in Originalsprache lesen können. Und Friedensarbeit im Kleinen ist das auch!

Mich ermutigen solche Menschen, die sich engagieren. Die getragen sind von dem Optimismus: Unsere Welt hat die Chance, eine bessere zu werden. Und jede und jeder kann dazu beitragen. Ich nenne solchen Optimismus Gottvertrauen. Weil ich davon überzeugt bin, dass Gott eine lebenswerte Welt und Zukunft für uns im Sinn hat und uns die Kraft gibt, dafür einzustehen.

Mein Lieblingsbild dazu steht in der Bibel, ganz weit vorn. Als die Gefahr und Bedrohung vorbei ist, als Noah, seine Familie, Tiere und Pflanzen auf der Arche gerettet sind, erscheint ein Regenbogen. Und dazu Gottes Versprechen:

"Dieser Bogen ist das Zeichen des Bundes, den ich mit allen Lebewesen auf Erden geschlossen habe."