Architekt Jakob Kress tippt auf den vor ihm liegenden Plan. "Das ist gebaute Politik", stellt er fest. Im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Heroldsberg (Kreis Erlangen-Höchstadt) sei das Gebäude-Energie-Gesetz voll und ganz umgesetzt, "und wir sind noch einen Schritt weiter". Pfarrer Thilo Auers, der ihm im neuen Gruppenraum gegenübersitzt, sagt, "die Gemeinde hat ein hohes Interesse daran gehabt, ressourcensparend zu bauen".

Wer neu baut, muss sich von Altem trennen

Die Kirchengemeinde St. Matthäus Heroldsberg nehme am Programm "Grüner Gockel" teil, heißt es bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB): "Dies zeigt bereits die ökologische Ausrichtung der Kirchengemeinde." Weil in der Landeskirche die Mitgliederzahlen zurückgehen und damit auch die Finanzmittel für kirchengemeindliche Bauten, findet innerhalb der ELKB ein sogenannter Gebäudekonzentrationsprozess statt.

Wer neu baut, muss sich von Altem trennen, eine "regionale Gebäudekonzeption" entwickeln, teilt das Baureferat der Landeskirche mit.

Zur Vorgeschichte des Gemeindezentrums in Heroldsberg gehört also, dass die Kirchengemeinde ihre Kindergarten-Trägerschaft abgab und den Grund für einen neuen Kindergarten verkauft hat. Auch hat sie sich vom Gelände des ehemaligen Gemeindezentrums getrennt. Bedingung für den neuen Besitzer, das Evangelische Siedlungswerk (ESW): Auf dem Hanggrundstück müssen seniorengerechte, bezahlbare Wohnungen gebaut werden, erklärt Auers. So wurde der finanzielle Grundstock für den Pavillon gelegt.

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit wurden von vornherein mitbedacht

Sehr viel Hirnschmalz haben Umweltteam, Kirchenvorstand und die Planer in Nachhaltigkeit und Energieeffizienz investiert. Erste Pläne wurden wieder verworfen. 2015 kamen die Architekten Hubert und Jakob Kress aus Erlangen ins Spiel. Jetzt steht auf dem Grundstück im grünen Gürtel Heroldsbergs ein Holzpavillon, der 420 Quadratmeter Fläche für die Gruppen der Gemeinde hat. Zählt man den überdachten Holzplanken-Umlauf dazu, sind es 200 Quadratmeter mehr.

Dieser Steg ohne Geländer - weil nur 48 Zentimeter hoch - gibt dem Holzhaus die Anmutung, als schwebe es über dem Boden. "Leichtigkeit und Transparenz wollten wir", sagt Jakob Kress. Das Gemeindezentrum sei damit der Gegenentwurf zur Heroldsberger Kirchenburg aus dem 15. Jahrhundert und dem dazugehörigen ehemaligen Wehrturm in Sichtweite.

Zwei Männer stehen nebeneinander auf einer Terrasse. Links neben ihnen sieht man eine große Glasfront eines Holzhauses.
Die Architekten Jakob Kress (l.) und Hubert Kress.

Hundert Dinge, die das Haus besonders machen

"Bis in die Baustoffe ist alles durchdacht", sagt Auers. Fasziniert hat ihn, "je länger wir geplant haben, desto einfacher ist das Gebäude geworden". Ein Saal mit Trennwand, zwei Gruppenräume, einer für Konfirmanden und Jugend, einer für Familie oder Kirchenvorstand und andere Gremien. Eine große Küche, in der auch mal - wie bei einer guten Party - Gesprächsrunden im Stehen stattfinden. Sanitärräume mit Unisex-Toiletten - das war's.

Dennoch könnte Auers noch hundert Dinge aufzählen, die das neue Gemeindezentrum besonders machen. Er fängt beim tragbaren, zwei Meter hohen Messing-Kreuz an. Architekt Hubert Kress, weist auf das Oberlicht, das gegen Abend von innen beleuchtet wird, auf die Ausrichtung des Gebäudes am Schlossweiher und die Freitreppe des Schlossgartens oder den Doloriten - einen Felsen aus Niederbayern, der im Garten als Außenaltar dient.

"Das Gebäude war nicht als Modell- oder Pilotprojekte der ELKB geplant. Es ist jedoch beispielhaft und zeigt auf, wie ökologisches und nachhaltiges Bauen gelingen kann", erklärt Nils Kugelstadt vom Baureferat.

Gemeindezentrum vereint Gegenwart und Zukunft

Ein Bau aus nachwachsenden Rohstoffen sollte es werden. Diese sollten keine weiten Wege hinter sich bringen. Zudem wird das "Cradle-to-Cradle"-Prinzip verfolgt: Alle Baumaterialien müssen recyclebar sein. Es gibt Photovoltaik und ein begrüntes Dach. Mit Geothermie soll dafür gesorgt sein, dass die Menschen im Pavillon im Winter nicht frieren und im Sommer auch nicht mehr als 22 Grad aushalten müssen. Die Standorte der Zierkirschen im Garten sind genau überlegt. Im Sommer sollen sie Schatten werfen und die dreierlei Jalousien ergänzen. Einige von ihnen fahren automatisch herunter, andere Rollos oder die Vorhänge, die auch der Akustik dienen, müssen die Heroldsberger mit der Hand bedienen. Auch für die Schiebewand im Saal ist menschliche Kraft gefragt. "Wir wollten nicht zu viel Technik, denn die geht auch wieder kaputt", erklärt der Pfarrer.

"Unser kleiner Pavillon repräsentiert die Gegenwart und die Zukunft",

sind die Architekten überzeugt. Von hier blicken die Heroldsberger auf die umliegenden Schlösser und Burgen der Vergangenheit. "Vielleicht", so hofft Architekt Jakob Kress, "wird in 30 oder 40 Jahren einmal unser Gebäude auf einer Denkmalliste stehen".

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden