Die Entscheidung der Kirche von England zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zeigt nach Ansicht der Ökumene-Expertin Miriam Haar die Zerrissenheit der Anglikaner in dieser Frage.

Die mangelnde theologische Klarheit dieses Beschlusses, die von beiden Seiten kritisiert wurde, biete jedoch "auch Raum für einen pragmatischen Kompromiss", sagte die wissenschaftliche Referentin für Anglikanismus und Weltökumene des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes im südhessischen Bensheim. Das erlaube in der Praxis, einen Schritt nach vorn zu gehen.

Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare, aber

Auf der Generalsynode der anglikanischen Kirche von England war am Donnerstag die Empfehlung der Bischöfe angenommen worden, Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare einzuführen, "allerdings mit einem in letzter Minute eingefügten Zusatzantrag", fügte die promovierte Theologin Haar hinzu.

Mit der Einführung solcher Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare gehe keine Änderung des kirchlichen Eherechts einher, wonach eine Trauung in der Kirche durch einen anglikanischen Geistlichen die zivilrechtliche Eheschließung einschließe. Das bedeute, dass bei gleichgeschlechtlichen Paaren vor der kirchlichen Segnung die zivilrechtliche Eheschließung vorangehen muss.

Hitzige Debatte

Dieser Entscheidung war nach Haars Beobachtung eine hitzige Debatte auf der Generalsynode vorausgegangen: "Jedoch war das Abstimmungsergebnis im Haus der Bischöfe eindeutig: 36 stimmten dafür, nur 4 dagegen, bei 2 Enthaltungen."

Im Haus des Klerus und der Laien sei das Ergebnis jedoch viel weniger eindeutig ausgefallen:

"In der Gruppe der Priester stimmten bei 3 Enthaltungen 111 dafür und 85 dagegen. Unter den Laien waren 103 für den Vorschlag, 92 dagegen und 5 enthielten sich."

Einige hielten diesen Beschluss für einen Verrat, der eine Spaltung der Kirche rechtfertige, sagte Haar. Andere seien der Meinung, dass dieser noch viel zu weit von der erforderlichen Gleichberechtigung entfernt sei. Viele wiederum betonten die Notwendigkeit, zusammenzubleiben und gemeinsam weiterzugehen.

Nicht gespalten, aber nicht einig

Ähnlich wie bei der Lambeth-Konferenz im Sommer 2022 habe der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, in seiner Rede vor den Mitgliedern der Synode klargestellt:

"Wir sind zwar nicht gespalten, aber wir sind uns nicht einig - und das ist sehr schmerzhaft."

Die anglikanische Weltkirche ringt seit Jahrzehnten um eine theologische Beurteilung der Homosexualität.

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