Im Mittelpunkt des Vorhabens steht das sogenannte Decretum Burchardi, das Anfang des 11. Jahrhunderts während der Amtszeit des Wormser Bischofs Burchard entstanden war. Die beteiligten Hochschulen planten unter anderem eine neue, kommentierte Ausgabe der aus 20 einzelnen Büchern bestehenden Textsammlung, sagte der Mainzer Historiker Ludger Körntgen.

Burchard, der von 1000 bis 1025 amtierte, hatte an der Wormser Domschule Handschriften erstellen lassen, die eine Zusammenstellung der wesentlichen Konzilsbeschlüsse, Papst-Briefe und Vorgaben der Kirchenväter zu allen Fragen des Kirchenrechts umfassten. Ursprünglich seien die auf Latein verfassten Texte nur für den Gebrauch im Bistum Worms bestimmt gewesen. Dann habe die systematische Darstellung der damals oft widersprüchlichen Bestimmungen des Kirchenrechts aber eine Verbreitung in großen Teilen Europas gefunden, sagte Körntgen:

"Es gab zu der Zeit nichts Vergleichbares."

Das Dekret Bischof Burchards umfasst unter anderem Regelungen zur Stellung der Kleriker, zum Eherecht und zu Bußpraktiken für begangene Sünden. Obwohl die Schriften vor der "großen Wende zur Wissenschaftlichkeit" entstanden seien, habe Burchard darin vielfach vergleichsweise fortschrittliche Haltungen dargelegt. So seien abergläubische Praktiken als "Unfug" abgetan worden, die im späten Mittelalter als Hexerei verfolgt worden wären, sagte der Mainzer Historiker. Einzelne Handschriften aus der Entstehungszeit vor rund 1.000 Jahren sind bis heute unter anderem in der Bibliothek des Vatikan erhalten.

Im Zuge der Forschungsarbeit soll unter anderem geklärt werden, wie stark Burchards eigene Einstellungen die Auswahl der Quellen beeinflussten und wie die Texte im Laufe der Zeit angewandt wurden. Die Union der deutschen Akademien fördert die Arbeit zum Decretum Burchardi im Verlauf von 18 Jahren mit insgesamt rund sechs Millionen Euro. An den beteiligten Hochschulen sollen mit dem Geld zusätzliche Mitarbeiter finanziert werden.