Dass der Musikproduzent Dieter Falk in Regensburg im Untergeschoss der Kirchenmusikhochschule lehrt, komponiert und arrangiert, hat etwas Symbolisches. Kaum ein musikalisches Multitalent kennt so viele Perspektiven der Musikgeschichte wie er: das klassische Kirchenlied bis hin zum popkulturellen Volkslied. Falk ist ein multiperspektivischer Allrounder, der mit der Welturaufführung von "Bethlehem - das Chormusical" am 16. Dezember in Düsseldorf jetzt auch die Weihnachtsgeschichte vertont hat.
Hörerlebnis
Es ist ein bombastischer Stoff, den er mit dem nicht minder erfolgreichen Michael Kunze, Liedtexter von Schlagersongs wie "Griechischer Wein", realisiert. Zusammen mit diesem kongenialen Partner dürfe man "großes Kino für die Ohren" erwarten, wirbt Falk selbst für das Musical.
Erzählt wird die Weihnachtsgeschichte aus dem Blickwinkel des 21. Jahrhunderts. Sie beginnt in Bethlehem. An diesem heiligen Ort mit drei Weltreligionen kommt es zu Konflikten, zu Hass und Mord, wie jetzt auch wieder im Nahen Osten. In der Stadt sind Fremde und Migranten nicht willkommen.
In diesem Tohuwabohu einer unsicheren Weltlage kümmert sich Josef, der Flüchtling, um die schwangere Maria. Und obwohl Jesus in dieses Elend geboren wird, "gewinnt das Leben und die Zukunft mit jedem Kind", heißt es hoffnungsfroh im Finale des hymnischen Chorals.
Über religiöse Grenzen hinaus
"Bethlehem", ein Familienmusical, möchte über religiöse Grenzen hinweg die "Kraft der Weihnachtsgeschichte vermitteln", erläutert Falk. Diese Botschaft werde auch musikalisch transportiert - mit 3.000 Sängerinnen und Sängern und einer Live-Band.
"Bei Bethlehem erwartet die Besucher eine Mischung aus Gospel auf der einen Seite und klassischen Elementen wie Bachstücken und Weihnachtsliedern auf der anderen Seite. Das Ganze ist aber modern arrangiert", sagt Komponist Falk über die Musik.
Sein Lieblingschoral in dem Musical ist zum Beispiel das Kirchenlied "Maria durch ein Dornwald ging". Es werde gesungen von dem Düsseldorfer Nachwuchs-Talent Alina Simon, die in Essen Musical studiert. "Sie interpretiert das Lied mit ihren 22 Jahren wie einen Popsong. Text und musikalisches Approach sind völlig anders, als wir es aus der Kirche kennen", sagt Falk, ein bekennender Protestant.
Beim CVJM groß geworden, sei seine erste Bühne die Kirche gewesen, erzählt der 64-Jährige, "wie bei Mariah Carey oder Beyoncé auch". Dadurch habe er viel experimentieren können, bis er später Pop-Produzent wurde. Warum er das Genre wechselte: "Mich hat einfach genervt, wie steif Kirche oft daherkommt", sagt er zu seinem Werdegang.
Sein musikalischer Weg
In den 1980 Jahren arbeitete Falk als Produzent und Musiker in Los Angeles. Ab den 1990er Jahren produzierte er unter anderem für die Gruppe Pur, landete Hits mit Pe Werner, Monrose, Patricia Kaas, Nazareth, Roger Chapman oder Paul Young. Fünf Echo-Nominierungen für über 20 Millionen verkaufte CDs sowie 50 Platin- und Goldene Schallplatten sammelte er.
Was sollte nach so viel Erfolg und Popularität noch folgen, habe er sich selbst damals gefragt. Dann jährte sich im Jahr 2006 das 400. Jubiläum des Kirchenliederdichters Paul Gerhard. Falk spielte dessen Lieder "poppig, jazzig" auf dem Piano ein - Gänsehaut-Momente blieben nicht aus. Diesen Spagat hätten die wenigsten von ihm erwartet, erklärt er und schiebt als Begründung nach:
"Wenn Kirche nicht transportieren kann, dass modern gelebter Glaube mit seinen Inhalten fest auf dem Boden steht, dann hat Kirche in Zukunft ein Problem."
Auch Martin Luther habe bewusst Anleihen aus dem Volkslied genommen, um das Kirchenlied in Deutschland populär zu machen: "Das ist für mich wie eine Volley-Vorlage, das Gleiche heute auch immer wieder zu tun."
Musical kommt nach Bayern
Der Kanon des Kirchengesangbuchs muss sich Falk zufolge "schneller erneuern". Er hänge hinter dem Musikgeschmack der Menschen hinterher, meint der Popmusik-Produzent. Bei neuen Weihnachtsliedern sei das allerdings besonders schwer, weil da viele auf Nostalgie und Tradition setzten. Vielleicht lassen sich die Menschen aber auch vom Musical "Bethlehem" inspirieren. In der Adventszeit 2024 soll es nach Bayern kommen - wahrscheinlich nach Ingolstadt.
Kommentare
Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.
Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.
Anmelden