2021 ist vorbei. Wir schauen zurück und erinnern uns, was das Jahr trotz aller schlechter Nachrichten gut und außergewöhnlich gemacht hat.

Im ersten Teil unseres Jahresrückblicks verraten wir Ihnen die Serien, die die Sonntagsblatt-Redakteur*innen im vergangenen Jahr am liebsten geschaut haben.

Sweet Tooth (Netflix)

Die Welt wird von einem Virus lahmgelegt und ein Vater zieht mit seinem Sohn in die Wildnis, um dort, abgeschottet vom Rest der Welt, ein neues Leben abseits der Gesellschaft aufzubauen. Wissenschaftler arbeiten fieberhaft an einem Gegenmittel und die Menschen isolieren sich von den Kranken.

Klingt fast wie die letzten zwei Jahre Covid19, ist aber die Handlung der Serie "Sweet Tooth". Anders als bei Covid bringt die Seuche "H5G9" neben dem Tod auch noch hybride Kinder auf die Welt. Diese zum Teil menschlichen, zum Teil tierischen Kinder werden von vielen als Auslöser für die Pandemie gesehen und deswegen verfolgt.

Weitab vom täglichen Kampf ums Überleben wächst der Junge Gus mitten im Nirgendwo auf und weiß nichts von der Welt um ihn herum. Irgendwann bleibt Gus aber nichts anderes übrig, als sich doch hinauszuwagen. Eine Serie in einem dystopischen Setting, die emotional, düster, aber auch hoffnungsvoll ist. "Sweet Tooth" gibt es bei Netflix zu sehen. (Lea Kiehlmeier, Social-Media-Redakteurin)

You (Netflix)

Der Buchhändler Joe ist ein wahnsinnig netter und einfühlsamer Typ. Und er ist sehr liebesbedürftig. Um die aufstrebende Autorin Beck dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben, tut er alles. Also buchstäblich alles: Er überwacht sie, hackt sich in ihr Telefon, entführt ihren Freund.

In seinem Wahn, sie für sich zu gewinnen, wird er immer besessener von ihr und schreckt vor nichts zurück, nicht mal vor Mord. Der äußerlich so biedere junge Mann entpuppt sich als Stalker und Control-Freak.

Die Serie zeigt sehr anschaulich, welche Früchte der Wunsch treibt, in einer Beziehung den*die Partner*in kontrollieren zu wollen. Aus dem vermeintlichen Beschützer wird der obsessive Verfolger und letztlich Schlimmeres - aber keine Spoiler hier. "You" können Sie sich bei Netflix anschauen - drei Staffeln gibt es bereits. (Oliver Marquart, Online-Redakteur)

The Billion Dollar Code (Netflix)

Als Google Earth 2005 eingeführt wurde, wirkte dies wie pure Magie: Plötzlich war es möglich, vom Computer aus jeden Punkt der Erde anzusteuern und sich dort umzuschauen, bis in die Vorgärten hinein. Was für eine Idee der Googleianer aus dem Silicon Valley!

Von wegen. Die Technik hinter Google Earth stammt nicht aus Kalifornien. Sondern aus Berlin. Dort hatten Hacker und Medienkünstler bereits Anfang der 90er mithilfe eines komplexen Algorithmus eine Art Google Earth verwirklicht. Eigentlich zunächst als Computer-Kunst. Sie nannten es "Terra Vision" und verklagten Jahre später den Tech-Konzern. Der Vorwurf: Ideenklau, juristisch: Patentverletzung.

Eine irre Geschichte, von der Realität inspiriert, die da in der smarten Miniserie "The Billion Dollar Code" erzählt wird. Dokumentarische Schnipsel, fein dosierte Nostalgie, transportieren den Zeitgeist von damals. Berlin kurz nach dem Mauerfall: Technobeats in den Abbruchbuden-Clubs, visionärer Tech in den Köpfen des Computernerds Juri Müller und des Kunststudenten Carsten Schlüter. Für ihr Projekt macht die Telekom mal eben eine Million Mark locker. Aufbruchstimmung, Digitalisierung, was wäre da möglich gewesen, wenn – ja, wenn. (Bettina Ullrich, Online-Redakteurin)

Modern Love (Amazon)

Wahre Liebesgeschichten mit Herz funktionieren immer. Die Serie "Modern Love" bezieht sich auf eine Kolumne in der New York Times. Dort erzählen Großstadtbewohner*innen ihre Liebesgeschichten mit allen Höhen und Tiefen. Les histoires d'amour finissent toujours mal - nein, so ist es denn auch nicht. Aber ein Happy End gibt es nicht immer. Manchmal scheitert die Beziehung, und dann geht es besser weiter. Oder es gibt mehrere Lieben im Leben. Was wir daraus lernen: Für die Liebe ist es nie zu spät. Und sie kann so vielfältig sein wie das Leben. Eine Serie, die zuweilen sogar zu Tränen rühren kann. (Rieke Harmsen, Chefredakteurin)

The Good Place (Amazon)

Eleanor Shellstrop ist kein guter Mensch: Sie kauft ihren Kaffee weiterhin in einem Café, dessen Besitzer seine Mitarbeiterinnen sexuell belästigt hat, arbeitet wissentlich als Verkäuferin in einem Büro, das gefälschte Medizin an ältere Menschen verkauft, und beleidigt Umweltschützer, die mit ihr über den Klimawandel sprechen möchten. Umso überraschender also, dass sie sich nach ihrem Tod im Good Place wiederfindet, einer Art Himmel, in den nur die besten Menschen kommen. Sie ahnt, dass sie versehentlich dort gelandet ist, als sie nach einer abendlichen Willkommensparty für sie und ihre neuen Nachbarn im Good Place morgens aufwacht und die Welt im Chaos vorfindet. Als Michael, der "Architekt" des Good Place, ihr ihren vermeintlichen Seelenverwandten Chidi Anagonye vorstellt, der an der Universität in Sydney Moralphilosophie gelehrt hat, überzeugt sie ihn, sie zu einem besseren Menschen zu machen, damit der Fehler nicht auffliegt und Eleanor im "Bad Place" endet.

Vordergründig ist The Good Place eine bunte Sitcom, der es immer wieder gelingt, den Zuschauer mit absurden Einfällen und unerwarteten Wendungen zum Lachen zu bringen. Doch allen, die sich für ethische Themen interessieren, bietet sie einen Anlass, sich näher mit der Thematik zu befassen: Was macht ein "gutes" Leben aus? Wie stelle ich mir das Leben nach dem Tod vor? (Ellen Dreyer, Freiwilligendienst Kultur und Bildung)

Druck (ZDFmediathek)

Das öffentlich-rechtliche Online-Content-Netzwerk funk produziert mit "Druck" eine Serie, die unbedingt mehr Menschen sehen sollten als die angepeilte Zielgruppe bis 29 Jahre. Jede Staffel nimmt ein Mitglied eines Berliner Freundeskreises im Abituralter in den Fokus. Mal geht es um Leistungsdruck in der Schule, mal um Probleme mit der alkoholabhängigen Mutter, immer um Freundschaft, Liebe und Selbstfindung.

"Druck" thematisiert psychische Krankheiten, sexuelle Identitätssuche, den Alltag mit Anfeindungen und Stresssituationen so authentisch wie wenig andere Formate. Bestimmt auch, weil viele der Darsteller*innen in der Serie verkörpern, was sie privat leben – wie der trans Schauspieler Lukas von Horbatschewsky oder die Muslima Tua El-Fawwal, die für ihre Rolle in "Druck" als erste Schauspielerin mit Kopftuch den Deutschen Schauspielpreis erhalten hat.

Besonders ist, dass die Clips in Echtzeit in den sozialen Medienkanälen erscheinen - eben immer dann, wenn etwas im Leben der Hauptfigur passiert. Wer ein bisschen mehr Geduld hat, kann aber auch darauf warten, bis die komplette Folge erscheint. (Christina Argilli, Online-Redakteurin)