Für einen Moment gibt der Sohn des letzten Hoteliers dem "Grünen Kranz" sein altes Flair zurück. "Hier auf der Treppe der Hotellobby stand mein Vater 1954 und wartete auf die Ankunft Konrad Adenauers", sagt Joachim Holfelder. "Auf der linken Seite ein großer Spiegel, ganz hinten der Aufzug, mit eingebauter Sitzbank", erinnert sich Holfelder 65 Jahre später. Als der damalige Bundeskanzler ins Foyer kam, soll er gesagt haben: "Ich kann Ihnen nur die linke Hand geben, meine rechte ist schwarz." Adenauer war auf Wahlkampf-Tour und hatte kurz zuvor einem Kaminkehrer die Hand geschüttelt.

Adenauer hatte die Juniorsuite

Der Politiker logierte dann zwei Tage in dem Haus. "Er hatte die Juniorsuite, Nummer 34, im dritten Stock." Sogar die Domspatzen sollen für ihn gesungen haben. Die illustre Gästeliste zeugt vom einstigen Glanz des Hauses: Hier nächtigten Nobelpreisträger Thomas Mann, Komponist Richard Strauß, Boxweltmeister Max Schmeling sowie die Schauspieler Olga Tschechowa, Willi Birgel und Hans Moser. Die besten Regensburger Familien gingen im Hotel-Restaurant ein und aus. Sogar die Speisekarte von der Hochzeit des früheren Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Hans Rosengold, ist überliefert.

In dem Haus wurde aber auch Geschichte geschrieben. Wie Holfelder berichtet, wurden hier nach 1945 die Freimaurer wieder gegründet. Und die CSU schoss nach einem Skandal den damaligen Justizminister Josef Müller - genannt Ochsensepp - ab. Um die Jahrhundertwende hatte Holfelders Vater das grüne Gebäude im Neorenaissance-Stil gekauft. Es blieb über Jahrzehnte das erste Haus am Platz. Bis 1961, dann wurde es still im Grandhotel. Das Gebäude in der Obermünsterstraße 9 wurde verkauft. Heute ist es ein Wohn- und Geschäftshaus.

Das Haus für das erste Abendmahl

Die Geschichte des Hauses, das einen ganzen Straßenzug zwischen zwei Altstadtgassen einnimmt, reicht aber noch viel weiter in die Jahrhunderte zurück. Davon sprechen bis heute seine Grundmauern. In der Passionszeit und um Ostern 1542 herum wurde im Vorgängerbau, im Freihaus des Bernardin von Stauff, das erste Abendmahl nach protestantischem Ritus mit Brot und Wein gefeiert. Dieses kirchenhistorisch bedeutsame Ereignis sowie die Reformatorin und mittelalterliche Bestsellerautorin Argula von Grumbach waren der eigentliche Anlass für eine Feierstunde vor wenigen Tagen. Dorothee Burkhardt von der Argula-von-Grumbach-Stiftung hatte angeregt, am Haus der gebürtigen Staufferin eine Gedenktafel anzubringen.

Argula wurde 1492 in Beratzhausen nahe Regensburg als Tochter der Reichsfreiherren von Stauff geboren. Sie las bereits früh in einer Bibel in deutscher Sprache. Nach einer Tätigkeit als Hofdame am Herzoghof in München und dem Tod ihrer Eltern durch die Pest heiratete sie Friedrich von Grumbach, der vom Herzog in Dietfurt eine Stelle als Landpfleger erhielt. Argula korrespondierte mit vielen Reformatoren - darunter auch Martin Luther.

Eine bemerkenswerte Frau

Historiker zeichnen von ihr das Bild einer bemerkenswerten und mutigen Frau: Als ein junger Gelehrter, Arsacius Seehofer, in Ingolstadt zum Widerruf der neuen protestantischen Lehre gezwungen wurde, schrieb sie Briefe an die Universität Ingolstadt und an den Herzog, um mit den Professoren zu diskutieren - ungewöhnlich für eine Frau der damaligen Zeit. Diese Briefe wurden später als Flugschriften in großer Auflage verbreitet. Mit ihren Schriften umging sie auch das Verbot des Herzogs, Luthers Lehre zu verbreiten.

Immer wieder hielt sich Argula in Regensburg auf. Bereits 1524 schrieb sie an den Rat der Stadt und forderte ihn auf, kein Verbot der reformatorischen Schriften auszusprechen. "Eine Antwort blieb der Rat der Stadt der Frau schuldig", sagt Dorothee Burkhardt. Dennoch entwickelte sich der Staufferhof bald zur "Keimzelle des evangelischen Glaubens" in Regensburg.

In dem Haus fanden im Jahr 1542 die ersten Abendmahlsgottesdienste statt - "nicht in der Neupfarrkirche, wie oft angenommen wird", sagt Dekan Eckhard Herrmann. Ein paar Monate vor dem ersten Abendmahl in der Neupfarrkirche fanden dort auch die ersten evangelischen Gottesdienste statt, "weil es ein Freihaus war, über das die Stadt Regensburg nicht verfügen und folglich auch nicht verbieten konnte, dass solche Feiern in der katholischen Stadt stattfinden würden". Der Bischof hatte dagegen protestiert, es wurde auch versucht, die Gottesdienste zu verhindern. Zwei Ratsherren sollten die Teilnehmer daran hindern, das Haus zu betreten, "aber die Gottesdienstbesucher waren so früh da, dass die Ratsherren zu spät kamen", sagt Herrmann.

Regensburg wird evangelisch

Beim zweiten Mal sei bereits einer der Ratsherren mit ins Haus gegangen und habe das Abendmahl mitgefeiert. Dadurch wurde der Druck auf den Rat der Stadt so groß, dass dieser sich gezwungen sah, am 13. Oktober 1542 eine Entscheidung zu treffen: Regensburg wurde evangelisch. "Zwei Tage später fand dann in der Neupfarrkirche, damals noch 'Zur Lieben Frau', das erste Abendmahl in beiderlei Gestalt statt." Das mittelalterliche Gebäude existiert heute nicht mehr. Es wurde bei einem Brand im Jahr 1884 zerstört. Die Grundmauern des Staufferhofs sind aber bis heute erhalten. Ein Jahr später wurde dann an derselben Stelle das "Hotel zum Grünen Kranz" erbaut.