In Bayern müssen anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge mit eigenem Einkommen, die in öffentlichen Einrichtungen wohnen, derzeit keine Gebühren zahlen - Folge eines Gerichtsurteils aus dem Jahr 2018. Doch schon bald soll sich die rechtliche Lage ändern. Das Innenministerium hat eine neue Gebührenregelung erarbeitet. Die stößt bereits auf heftigen Widerstand.

Am 16. Mai 2018 stoppte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Normenkontrollverfahren die Praxis der Staatsregierung, anerkannte Flüchtlinge, die noch im Heim wohnen, zur Kasse zu bitten. Eingereicht hatte die Beschwerde der Passauer Anwalt Klaus Schank.

Das Urteil werteten Flüchtlingsinitiativen damals als politische Breitseite für die Landesregierung. Die habe von den Bewohnern ohne ordentliche und vor allem transparente Kalkulation Gebühren für die Unterbringung kassiert, heißt es im Urteil.

Bayern berechnet Mieten für Flüchtlinge in Unterkünften neu

Die Regierung musste also völlig neu rechnen. Sie hat eine Änderung der Asyldurchführungsverordnung (kurz: DVAsyl) auf den Weg gebracht, die voraussichtlich im Herbst in Kraft treten soll, wie Martin Scholtysik, der Vize-Pressesprecher des seit März zuständigen Innenministeriums auf Anfrage mitteilte. Am 15. Juli sei der Entwurf den Sozialverbänden zur Stellungnahme übersandt worden.

Gekippt hat das Gericht die Praxis, wonach seit 2016 Grundlage der Berechnung die Durchschnittsmieten waren, die Hartz-IV-Empfänger in Bayern zahlen müssen. Doch Asylunterkünfte und Privatwohnungen "entbehren von vornherein jeder Vergleichbarkeit im Hinblick auf Ausstattung und Standard", heißt es in dem Beschluss des höchsten bayerischen Verwaltungsgerichts. Die Zahlungen seien "ins Blaue hinein" festgelegt worden.

Bayern will landesweit einheitliche Unterkunftsgebühren für Flüchtlinge

Ein Alleinstehender musste bis dahin für die Unterkunft 276 Euro Gebühr zahlen, für Nebenkosten an Verpflegung und Haushaltsenergie berechnete das Ministerium weitere 170 Euro, zusammen 446 Euro im Monat für ein Bett in einem Zweierzimmer ohne Bad und Küche. Zahlen mussten die Gebühren alle anerkannten Asylbewerber, die noch in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, sowie alle Flüchtlinge, die mit ihrem Job mehr als 177 Euro im Monat verdienten.

Die Richter erhoben keine grundsätzlichen Einwände gegen die umstrittenen, weil vielerorts als deutlich zu hoch empfundenen Gebühren. Sie forderten aber solide Nachweise für die tatsächlich anfallenden Kosten in den Kommunen sowie eine sozialverträgliche Gebührenstaffelung.

"Nach dem Entwurf für die neue Regelung werden zukünftig landesweit einheitliche Unterkunftsgebühren gelten. Ausgangspunkt sind hierbei die für die Unterbringung tatsächlich entstandenen Kosten", erläuterte Sprecher Scholtysik. Auf die so ermittelte volle Benutzungsgebühr werde bei der Gebührenfestsetzung dann in jedem Fall ein Sozialabschlag vorgenommen. Anschließend würden weitere Abschläge für Haushaltsangehörige und je nach bewohnter Zimmerkategorie (Anzahl der belegbaren Betten im Zimmer) vorgenommen.

Wie Bayern mit den entfallenen Mieteinnahmen umgehen will

Mit Spannung werden die Pläne der Staatsregierung erwartet, wie mit den entfallenen Einnahmen umgegangen werden soll. "Der Entwurf enthält eine Übergangsregelung für die Vergangenheit. Es können demnach auch für zurückliegende Zeiträume Gebühren erhoben werden", betonte der Sprecher. Wenn die Schuldner jedoch "Hartz IV" oder Sozialhilfe bezögen, würden diese Kosten vom Jobcenter oder Sozialamt erstattet. "Auch bei sonstiger finanzieller Überforderung sollten in aller Regel die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die entsprechenden Gebühren vom Jobcenter oder Sozialamt erstattet werden können."

Bei dem Bayerischen Flüchtlingsrat stößt es auf Kritik, dass die Regierung nun rückwirkend seit Anfang 2016 Gebühren erheben wolle. Das bedeute, dass Tausende Bescheide verschickt werden müssen und Tausende Menschen zu Ämtern laufen, um die Kostenübernahme zu beantragen, sagte Flüchtlingsrat-Sprecher Alexander Thal dem Evangelischen Pressedienst (epd).  Dadurch werde ein totales Chaos entstehen. Deshalb sollte die Regierung auf die rückwirkende Gebührenerhebung verzichten.