Weil die Quote der gegen Corona geimpften Menschen in Deutschland weiter unter den Erwartungen liegt, erwägt die Politik eine allgemeine Impfpflicht. Befürwortern gilt eine Impfpflicht als Mittel, um weitere Pandemiewellen zu vermeiden. Kritiker sehen darin einen zu tiefen Eingriff in Persönlichkeitsrechte.

Welche Impfpflichten gibt es schon, auch gegen Corona? Wie kann eine allgemeine Impfpflicht aussehen? Und welche Fragen sind noch offen? Das alles haben wir für Sie hier zusammengefasst.

Welche Impfpflichten gibt es in Deutschland?

Die Geschichte der Impfpflicht hat in Deutschland mit den Pocken begonnen. Noch in der Bundesrepublik war eine Impfung gegen diese Virenkrankheit Pflicht, bis sie als ausgerottet galt. In der DDR waren auch andere Impfungen verpflichtend. Nach Jahrzehnten ohne eine Impfpflicht trat am 1. März 2020 die Masern-Impfpflicht in Kraft. Kinder müssen seitdem eine Immunisierung gegen Masern vorweisen, wenn sie in eine Kindertagesstätte gehen oder in die Schule kommen. Gleiches gilt für das Personal von Gemeinschafts-, Bildungs- und medizinischen Einrichtungen.

Eine verpflichtende Corona-Impfung gibt es bislang nur in der Bundeswehr. Ab Mitte März muss aber auch das Personal in Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Pflege verpflichtend gegen Corona geimpft sein.

Was würde eine allgemeine Corona-Impfpflicht bedeuten?

Unter einer allgemeinen Impfpflicht wird eine Verpflichtung der gesamten erwachsenen Bevölkerung, also aller Menschen ab 18 Jahren verstanden. Aus der Wissenschaft und Teilen der Abgeordneten im Bundestag gibt es auch den Vorschlag, die Impfpflicht auf diejenigen zu beschränken, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben. Im Gespräch ist konkret eine Pflicht für alle über 50-Jährigen. Offen ist bislang, wie viele Impfungen die Pflicht umfassen würde, ob sie etwa auch regelmäßige Auffrischungen vorsieht.

Wer ist dafür und wer dagegen?

Für eine allgemeine Impfpflicht haben sich bislang weitgehend geschlossen Vertreter von SPD und Grünen ausgesprochen. Die FDP im Bundestag ist zurückhaltend. Es gibt vorsichtige Stimmen für eine Ausweitung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, gegebenenfalls aber nur für bestimmte Gruppen. Aus den Reihen der FDP gibt es aber auch einen Entwurf, der sich gegen die allgemeine Impfpflicht wendet.

In CDU und CSU gibt es Befürworter der Impfpflicht, das Meinungsbild der kompletten Fraktion ist aber ungewiss. Die AfD ist gegen jegliche Impfpflicht. Die Partei Die Linke hatte sich Ende November für eine Impfpflicht für alle Erwachsenen ausgesprochen. Angesichts der neuen Variante Omikron äußerten sich Vertreter inzwischen aber auch wieder zurückhaltender.

Ab wann würde eine Impfpflicht gelten?

Dies ist eine der offenen Fragen. Die Ampel-Koalition strebt einen Beschluss über eine Impfpflicht bis Ende März an. Weitgehend einig ist man sich, dass im Falle einer Einführung Ungeimpften genug Zeit für eine vollständige Impfung bleiben muss, rund sechs Wochen also (ohne Auffrischungsimpfung). Befürworter der Impfpflicht gehen davon aus, dass die Impfpflicht zur Bewältigung der aktuellen Omikron-Welle nichts beitragen kann, aber bei der Vermeidung hoher Infektionszahlen im Herbst helfen könnte. Bis dahin müsste sie in deren Augen also in Kraft sein.

Wie würde man eine Impfpflicht durchsetzen?

Bei der Duldungspflicht in der Bundeswehr und der Impfpflicht für Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegebereich hat es dienstliche Konsequenzen, wenn sich die Beschäftigten nicht impfen lassen. Bei der allgemeinen Impfpflicht ist ein Bußgeld im Gespräch. Einigkeit besteht darin, einen Impfzwang auszuschließen, also die Verabreichung des Vakzins im Zweifel mit körperlicher Gewalt. Offen ist auch, ob ein Impfregister eingeführt werden soll, mit dessen Hilfe der Staat die Pflicht durchsetzt. Der Ethikrat hatte dies als Voraussetzung einer Impfpflicht benannt. Gäbe es eine Pflicht ohne Register, ist bislang offen, wie und wer die Einhaltung der Impfpflicht kontrollieren soll.