"Denk nach, wer könnte dir so boshaft sein?", blafft der Centrichter den Buchbinder an. Der ist beschuldigt, ein Zauberer zu sein. "Der Berthold war’s", vermutet der Beschuldigte. Denn der neide ihm sein Handwerk und habe es zudem auf seine Frau abgesehen.
Im Spitalkeller von Gerolzhofen wird lebendig, was sich vor mehr als 400 Jahren zugetragen hat. Für das Theaterstück "Du musst dran glauben – Luther, Echter und Gerolzhofen" proben 60 Akteure erstmals zusammen. Ab 24. Mai 2017 werden erstmals die Themen "500 Jahre Reformation" und 400. Todestag von Fürstbischof Julius Echter in der Steigerwaldstadt im Dekanat Castell als Wandeltheater gezeigt.
Der Regisseurin Silvia Kirchhof vom Kleinen Stadttheater Gerolzhofen macht es "viel Freude, dieses Stück zu inszenieren. Die Mitwirkenden sind alle total motiviert und geradezu probewütig", sagt Kirchhof. Die hat in Gerolzhofen 2015 mit "Fräulein Schmitt und der Aufstand der Frauen" schon ein anderes Großprojekt aus der Feder des Autors Roman Rausch auf die Beine gestellt.
Für "Du musst dran glauben" haben Rausch und Christine Weisner, basierend auf historischen Quellen, die Vorlage geschrieben. So werden die Menschen des späten 16. Jahrhunderts lebendig: Woran müssen oder wollen sie glauben? Ist es die althergebrachte Lehre oder die neue von Martin Luther?
Über den Menschen Julius Echter ist wenig bekannt
"Mit dem Stück wird Geschichte in historischer Kulisse lebendig", schwärmt Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak. Die Stadt am Steigerwald steht mit 170 Einzeldenkmalen unter Ensembleschutz und sei daher bestens für ein historisches Stück geeignet.
In der Stadtpfarrkirche geht es um die Missstände, die in der alten Kirche herrschen. Viele Menschen wenden sich im Wunsch nach einer Besinnung auf das Evangelium der Luther’schen Lehre zu.
Über zwei Generationen leben die Menschen beider Konfessionen miteinander in Frieden. Durch den prunkvollen Einzug von Fürstbischof Julius Echter endet dann aber für Jahrhunderte das evangelische Leben in Gerolzhofen.
"Für mich ist die große Herausforderung, dass wir nichts über den Menschen Echter wissen", sagt Martin Menner, der in dem Stück in die Rolle des Gegenreformators schlüpft. Der Schauspieler lobt das "wunderbare Ensemble. Hier ist jeder bereit, das Beste aus sich herauszuholen".
Bekenntnisse der Heutigen
Seit Ende Februar proben die Spielteams. Jutta Keller spielt Martha Rösser, die Ehefrau des der Hexerei beschuldigten Buchbinders: "Die Herausforderung wird es sicherlich sein, viermal an einem Abend an den vier verschiedenen Stationen mit vollem Einsatz zu spielen." Klaus Vogt verdeutlicht in seiner Rolle als Centrichter, wie leicht durch Denunziation aus der Bevölkerung und eine korrupte Justiz menschenverachtende Exzesse erwachsen. "Von den 28 Centrichtern im Hochstift Würzburg war Gerolzhofen eindeutig ein Sonderfall. Mit gefälschten Akten erwarb der Centrichter sich in kurzer Zeit ein Blutgeld, das ihm ermöglichte, drei Häuser und eine große Mühle zu erwerben", erklärt Vogt.
Für den evangelischen Pfarrer Reiner Apel als Gerolzhöfer Bürgermeister ist der rote Faden des Stücks "die Frage, was mir mein Glaube ganz konkret wert ist". In bester ökumenischer Verbundenheit wirkt auch sein katholischer Amtsbruder Stefan Mai mit. Als Bettler sinniert er darüber, was die Gebote der tiefgreifenden Sozialreformen Echters an Vor- und Nachteilen mit sich bringen. Einige besonders aufwendige Kostüme wurden von einer Berliner Firma bezogen, die auch Hollywoodproduktionen ausstattet.