Vier Grammys, musikalische Rekorde und Milliardenumsätze: Als "globales Pop-Phänomen" bezeichnet der Kultur- und Medienwissenschaftler Professor Jörn Glasenapp von der Universität Bamberg die US-Sängerin Taylor Swift. Hier von einem "Hype", also einer oberflächlichen und rasch wieder abklingenden Welle der Begeisterung, zu sprechen, werde der Künstlerin nicht gerecht, sagte Glasenapp: "Wir haben es mit einem Mega-Star zu tun, bei dem seit Jahren schon gänzlich andere Maßstäbe gelten." So belegt Swift in den US-Billboard Charts "Hot 100" derzeit gleich 32 Plätze.

Gründe für ihren Erfolg sieht Glasenapp in der "Qualität und Kontinuität ihres Outputs" seit fast zwei Jahrzehnten. Außerdem sei die Bandbreite ihrer Songs von Country über Popmusik bis hin zu Indie-Folk "Mainstream im positiven Sinn" und damit "hochgradig anschlussfähig", so der Autor des kürzlich erschienenen Buches "Taylor Swift. 100 Seiten" (Reclam Verlag, Ditzingen).

Eine wichtige Rolle spielten auch die Lyrics. "Swifts Texte sind außerordentlich reif und klug, für viele Fans haben sie eine regelrecht therapeutische Funktion", sagte Glasenapp.

Wenn die Künstlerin über Gefühle und Befindlichkeiten spreche, wie etwa nach gescheiterten Beziehungen, fühlten sich ihre Fans verstanden und sähen sie als "ältere Schwester".

Psychologie der Songs von Taylor Swift

Ihren Ausnahmestatus verdanke sie zudem ihrer Selbstpräsentation als "eine von euch". Sie wirke nicht abgehoben und divenhaft, sondern "sehr sympathisch, nahbar und authentisch", sagte der Medienexperte. Seit Beginn ihrer Karriere als Countrysängerin nutze sie die Sozialen Medien und habe damit eine extrem enge Beziehung zu ihren Fans aufgebaut, etwa zu ihren 284 Millionen Followern auf Instagram.

Die überwiegend jungen und weiblichen Fans der 34-Jährigen, die sich "Swifties" nennen, nähmen "Swift und ihre Kunst in ihr eigenes Leben auf". Die Sängerin habe auch einen großen politischen Einfluss auf ihre Fans. Sie vertrete demokratische Positionen, setze sich für Frauen- und LGBTQ+-Rechte ein und habe dazu aufgerufen, sich an den Wahlen zu beteiligen.

Bei den im November anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA könnte sie zur "Königsmacherin" werden, ist Glasenapp überzeugt, der sich ebenfalls als "Swiftie" bezeichnet. Zwar habe sich die Sängerin, die mit dem Football-Spieler Travis Kelce liiert ist, bislang nicht öffentlich zu den Kandidaten Donald Trump und Joe Biden positioniert. "Ich bin sicher, sie wird einen Zeitpunkt wählen, wo es Trump am meisten wehtut."

Auch wenn Taylor Swift einen katholischen Kindergarten besuchte, im amerikanischen Bibelgürtel aufwuchs und sich als Christin bezeichnet, spielt Religion nach Auffassung Glasenapps in ihren Texten "eine zu vernachlässigende Rolle".

Bei den am Sonntag in Heidelberg geplanten Taylor-Swift-Gottesdiensten würden Fans "keine Konfirmationskleidung" tragen, sondern Glitzer im Gesicht und an der Kleidung, Freundschaftsbändchen sowie eine auf die Hand gemalte 13 - Swifts Glückszahl.

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