Plopp. Amen. Plopp. Amen. Plopp. Amen. So hört es sich an, wenn eine digitale Gemeinde ein Gebet beendet. Auf der Bühne steht ein Pirat, in den Stuhlreihen des leicht überbelichteten Konferenzraums sitzen Raumfahrer, Cowgirls, Clowns oder Holzhacker. Nach dem Gottesdienst springen die Avatare auf und tummeln sich im Meeting-Raum vor großen Leinwänden, tauschen Kontakte aus und probieren aus, wer sich hinter der Robotermaske, dem Glatzkopf oder dem Helmgesicht verbirgt.

Es gehört zur guten Übung, dass beim "Barcamp Kirche Digital" neue Ideen ausprobiert werden. Beim diesjährigen Barcamp Süd, der von den Landeskirchen in Baden, Württemberg und Bayern ausgerichtet wurde, ging es am Freitagabend los mit einer virtuellen Andacht und einem Meet & Greet in einer virtuellen Welt. "Das war ja'n Ding. Hab grad meinen ersten VR-Gottesdienst miterlebt. So viele Pirat:innen, Astronaut:innen und andere Avatare in einem Raum. Und dann eine berührende Meditation zu Elias’ Gottesbegegnung vor der Höhle", twittert eine der Teilnehmerinnen im Anschluss.

Virtuelle Andacht feiern mit Avataren

Für viele ist der Ausflug in die virtuelle Welt neu, und so stolpern die Avatare manchmal recht unbeholfen durch Wände, bleiben vor Türen klemmen, rennen mit erhobener Hand im Kreis herum oder schnaufen laut ins Mikrofon ihres Rechners, das von Beginn an eingeschaltet ist. Ein feierliches Gefühl mag sich bei der digitalen Andacht nicht so recht einstellen. Aber die Begegnung mit einem Avatar hat durchaus ihren Reiz – schließlich ist zunächst weder Geschlecht noch Alter, Beruf oder Position eines Gegenübers zu erkennen.

Der abendliche Beginn im virtuellen Raum wird dann Samstag Vormittag vom geschäftigen Treiben auf Zoom abgelöst. Nachdem sich die knapp fünfzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Hashtag-Stichworten vorgestellt haben, werden die Themen gesammelt. Eine alte Regel besagt, dass jeder, der noch nie ein Barcamp besucht hat, eine Session anbieten soll. Prompt melden sich ein paar Neulinge mit Ideen und Vorschlägen.

Es braucht ein wenig, bis die Sessions organisiert sind – bei einer Zoom-Konferenz sind solche Absprachen mühsamer als von Angesicht zu Angesicht – aber dann stehen schließlich die Themen fest, die in der folgenden Stunde in verschiedenen Breakout-Sessions besprochen werden.

Avatare beim Barcamp Kirche Online
Blick in die Messehalle des Barcamp Kirche Digital: Vor den Leinwänden mit Themen können sich die Avatare austauschen, Visitenkarten überreichen oder über das Mikrofon live miteinander ins Gespräch kommen.

Barcamp Kirche Online: Sessions über digitale Angebote für Jugendliche

Eine Gruppe hat sich zusammengefunden, um über Angebote für Jugendliche und Konfirmanden zu diskutieren. Welche Erfahrungen haben Pfarrerinnen und Pfarrer, Diakone oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jugendeinrichtungen mit Corona gemacht? Eine Teilnehmerin berichtet von neuen Formaten, die sie mit entwickelt hat – von Online-Spieleabenden über einen Pub-Abend, Bastel-Challenges bis hin zu Ostersongs und interaktiven Instagram-Gebeten.

Die Erfahrungen mit Corona erlebt sie als sehr unterschiedlich. "Einerseits hat Corona viele Ideen und Kräfte freigesetzt. Andererseits erleben wir jetzt im zweiten Shutdown Ermüdungserscheinungen. Viele Jugendliche haben keine Lust mehr, und es ist schwer, sie dazu zu motivieren, sich im Netz zu treffen", erzählt sie.

Kirchen bauen mit Minetest
Konfirmanden haben auf der Spiele-Plattform Minetest ihre Vorstellung von Kirche realisiert und eigene Gotteshäuser errichtet.

Konfirmanden bauen auf Minetest eigene Kirchen

Ein Pfarrer hat für seine Konfirmanden auf der Spiele-Plattform "Minetest" eine eigene virtuelle Welt geschaffen. Dort hat jeder Konfi dann eine eigene Kirche errichtet. Als nächstes wird sich die Gruppe mit dem Thema Tod und Sterben auseinandersetzen. Für Weihnachten ist ein Stationen-Gottesdienst geplant. "Es ist eine Herausforderung, methodisch auf dem Laufenden zu bleiben", sagt der Pfarrer. Auch er beobachtet eine gewisse digitale Müdigkeit bei den Jugendlichen: "Was aber immer noch gut funktioniert, sind spielerische Formate", hat er festgestellt.

Nach der Diskussion kehrt die Gruppe zurück in den großen Session-Raum mit allen Teilnehmern. Wer mag, kann die Ergebnisse aus seiner Besprechung auf ein digitales Pinnbrett notieren. Pünktlich um zwölf läuten die Kirchenglocken in die Sessionplanung hinein – ein zufälliger Gruß aus der analogen Welt, der vielen ein kleines Lächeln auf die zweidimensionalen Gesichter zaubert.

Sessions über Gaming und Kirche

Dann geht es auch schon in die zweite Runde des Barcamps. Auf dem Plan stehen noch Sessions über Gaming und Kirche, die Zusammenarbeit in Teams und ein digitaler Adventskalender. Erneut begeben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Diskussionsrunden, die bunt gemischt sind. Zu einem Barcamp kann jeder kommen, und so diskutieren Ehrenamtliche mit Kirchenräten, Pfarrerinnen mit Diakonen, Journalisten mit Entwicklern.

Ein Timer zählt die letzten sechzig Sekunden der Session. Dann "ploppen" auch die letzten Teilnehmer wieder in die große Runde zurück. Nach einem poetischen Gedicht als Rausschmeißer ist es dann auch schon wieder vorbei mit dieser Barcamp-Ausgabe. "Viele spannende Menschen mit inspirierenden Projekten und Gedanken", schreibt eine Teilnehmerin als Fazit, "#digitalekirche, du erweiterst meinen Kirchenhorizont", und fügt ein Smiley mit Sternchenaugen hinzu. Plopp. Zeit zu gehen.