Die oberbayerische Zeltlager-Saison fällt 2020 ins Wasser: Das legendäre Lindenbichl der Evangelischen Jugend Weilheim ist endgültig abgesagt.

Libi-Freizeit abgesagt

Auf der Halbinsel im Staffelsee bei Murnau organisiert die Dekanatsjugend seit 67 Jahren zwischen Pfingsten und Herbst ein großes Lager mit zentraler Küche, Bastelwerkstatt, Sanitäranlagen und Rahmenprogramm für Kirchengemeinden aus ganz Oberbayern.

In den Sommerferien sind pro Woche 340 junge Menschen auf der Insel. "Das Programm ist auf Gemeinschaft ausgelegt", sagt Diakonin und Inselchefin Lea Petrat. Libi mit Maske und Sicherheitsabstand? "Das geht nicht", sagt die 33-Jährige.

Bis zum Schluss habe man abgewartet und auf eine politische Lösung gehofft.

"So viele Kinder und Eltern freuen sich auf Libi und rechnen mit uns", sagt Petrat.

Sie enttäuschen zu müssen, fällt der Diakonin schwer. Zwei Reaktionen erlebt sie am häufigsten: "Die Kinder und Jugendlichen haben großes Verständnis - und sie sind unglaublich traurig." Zu gerne würde die Weilheimer Dekanatsjugendreferentin alternative Angebote machen.

"Wenn man in Kleingruppen etwas stemmen könnte, dann machen wir das", signalisiert Petrat den Willen ihres Teams. Aber es sei gerade schwer, zu planen. "Wir bräuchten eine klare Richtung von der Politik", sagt sie, "denn wenn's gut läuft, wissen wir derzeit erst Anfang Juli, was wir Anfang August machen können."

Ersatz-Aktion geplant

Um die erzwungene Tatenlosigkeit erträglicher zu machen, planen die Weilheimer vorerst die Aktion #libitogo. Wer sonst auf Libi gewesen wäre, kann sich hier Ideen holen und selbst Aktionen, Grüße, Bilder posten. "So entsteht vielleicht ein bisschen Gefühl für die Gemeinschaft", hofft Lea Petrat.

Hochland bei Königsdorf: Betrieb geschlossen

Leere Wiesen auch im zweiten Zeltlager-Hotspot Oberbayerns: Die Jugendsiedlung Hochland bei Königsdorf hat den Betrieb geschlossen und alle Mitarbeiter in 100 Prozent Kurzarbeit geschickt. Weder die Gruppenzeltlager - viele aus evangelischen Dekanaten - noch das Kinderzirkuslager könnten in diesem Jahr stattfinden, sagt Leiter Roland Herzog: "Wir reden allein an Pfingsten von über 5000 Übernachtungen." Auch die Jugendbildungsstätte müsse geschlossen bleiben.

Staatliche Hilfe könne bis Ende Juli beansprucht werden, ein Darlehen rette die Siedlung ins nächste Jahr.

"Doch wenn uns Gruppenfahrten auch im kommenden Schuljahr ausbleiben, dann bringt das den Träger in massive existenzielle Nöte mit der offenen Frage des Fortbestands", so Herzog.

Solidarisches Handeln sei in einer Pandemie selbstverständlich.

"Aber Solidarität ist etwas anderes als Gemeinschaft." Wie Kinder und Jugendliche unter Pandemie-Bedingungen noch Gemeinschaft mit allen dazu gehörenden Werteerfahrungen erleben könnten, müsse dringend diskutiert werden.