"Wir tun alles, damit unser Haus weiter seinen Dienst tun kann." So heißt es unisono aus der Evangelischen Akademie Tutzing und dem Wildbad Rothenburg. Die zwei großen evangelischen Tagungshäuser in Bayern haben die Corona-Zwangspause genutzt, um ihre Online-Formate auszubauen und vor allem um aufwändige Hygienekonzepte auf den Weg zu bringen.

Der Tagungsbetrieb liegt seit Mitte März coronabedingt komplett still, in beiden Häusern ist der Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit, Tagungen sind bis Juni abgesagt.

Lockerungen für Tagungshäuser in der Corona-Krise

Und trotzdem: "Wir befinden uns in einer Phase der Zuversicht", sagt der Tutzinger Akademiedirektor Udo Hahn. Denn in dieser Woche hat die bayerische Staatsregierung Lockerungen bekanntgegeben, die diesmal auch den Tagungshäusern zugute kommen: Ab 30. Mai sind laut Kabinettsbeschluss unter anderem wieder Präsenzangebote in der Erwachsenenbildung möglich, außerdem Individualangebote für Urlauber und ab 15. Juni auch kulturelle Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen in geschlossenen Räumen oder 100 unter freiem Himmel.

Für Udo Hahn sind die Lockerungen eine gute Perspektive. "Aber die Tagungen, die abgesagt sind, bleiben auch abgesagt." Man verfolge weiter den bisherigen Plan, nach den bayerischen Sommerferien im September startklar zu sein.

Akademie Tutzing und Wildbad Rothenburg

Ab Ende Juni hoffe er dafür auf Übernachtungsgäste im Schloss Tutzing, wo die Akademie direkt am Starnberger See untergebracht ist. Ein wenig früher geht es im Wildbad Rothenburg los, das am 8. Juni wieder seine Pforten für Privat-, Urlaubs- und Pilgergäste öffnen will. Gruppenbuchungen seien aber noch nicht möglich, betonte Wildbad-Leiter Wolfgang Schuhmacher

Die ersten vorsichtigen Schritte hin zur Normalität können also gegangen werden - viel wichtiger ist es Hahn und Schuhmacher aber, endlich ein wenig Planungssicherheit für die Zeit ab September zu bekommen.

Schon Mitte Juni will man im Wildbad wieder Kulturangebote machen - etwa den Tag des Offenen Ateliers oder Führungen durch den Park des Wildbads. Um solche Angebote für Gäste zu machen, habe man ein umfassendes Ampel-Hygienekonzept entwickelt, erzählt Wolfgang Schuhmacher - und klingt durchaus stolz. Anderswo habe man das Wildbad-Konzept gern als Modell genommen.

Ampel-Hygienekonzept erarbeitet

Als grüne Bereiche gelten unter anderem Orte, wo der Gast selbst keine Maßnahme ergreifen muss - etwa im eigenen Zimmer oder am Esstisch. Dafür würden die Essensausgabe oder die Rezeption als roter Bereich gelten - eine Plexiglasscheibe müsste Mitarbeiter und Gäste trennen, erzählt Schuhmacher.

Besondere Vorsicht gebe es auch in öffentlichen Toiletten oder im Aufzug, wo nur eine Person erlaubt ist. Flure und Tagungsräume zählten zum gelben Bereich - die Gäste dürften immer nur an einer Seite des Flures gehen, Geländer und Türgriffe müssten regelmäßig desinfiziert werden.

Maßnahmen in Tutzing

Einen ähnlichen Aufwand betreibt man auch in Tutzing: "So eine Situation ist aber allemal besser, als unser Haus geschlossen zu halten", betont Udo Hahn. Er setzt seine Hoffnung in Urlaubsgäste, die seit Jahrzehnten unter dem Motto "Ferien im Schloss" an den Starnberger See kommen. Das Programm sei eine wichtige Einnahmequelle.

"Ferien im Schloss", das heuer bereits Ende Juni beginnen soll, wolle er daher auch nutzen, um die Hygiene- und Abstandsregeln in der Evangelischen Akademie zu erproben und zu etablieren. Es sei aber klar, dass man weniger Gäste aufnehmen könne als sonst, weil etwa im Restaurant wegen der Abstandsregeln nicht alle Tische besetzt werden könnten.

"Essen gehen ist in Corona-Zeiten eine recht komplexe Geschichte", bestätigt Wolfgang Schuhmacher.

Aber solange es keine Medikamente und Impfung gebe, müssten alle in der Gesellschaft diese Vorsichtsmaßnahmen mittragen. "Sie machen niemandem Spaß, aber sie ermöglichen uns eine relative Sicherheit im Miteinander.

Halte sich ein Gast nicht an die Regeln, müsse man im Notfall vom Hausrecht Gebrauch machen. Ein großer Aufwand, den das Wildbad und die Evangelische Akademie betreiben - aber er muss sein. Denn die bayerische Landeskirche finanziert die beiden Häuser nicht vollständig, einen beträchtlichen Teil müssen sie selbst erwirtschaften.

Online-Angebote ausgebaut

Daher nutzen die zwei Einrichtungen die Corona-Zwangspause, um auch inhaltlich und in Sachen Digitalisierung weiterzukommen. Tagungen mit Gästen seien bis auf wenige Ausnahmen nicht möglich - und was, wenn die zweite Corona-Welle kommt? Die Lösung heißt Online-Angebote.

In Rothenburg etwa denke man über Webinare oder zumindest "gemischte" Veranstaltungen nach - dass also einige Teilnehmer vor Ort dabei sein könnten, andere wiederum, die zur Corona-Risikogruppe gehören, virtuell, sagt Wolfgang Schuhmacher.

Auch in Tutzing soll es in nächster Zeit vereinzelt Online-Tagungen geben, zum Beispiel im Fall der Sommertagung des Politischen Clubs im Juni. Für Udo Hahn steht aber schon jetzt fest. "Wir werden dauerhaft einen Marktplatz im digitalen Raum haben, auch nach Corona." Auch um den Fortbestand der 1947 gegründeten Akademie macht er sich wenig Sorgen: Denn der Bildungsauftrag habe auch nach Corona und gerade wegen Corona seine Berechtigung.