Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR), Katja Wildermuth, und der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Thorsten Schmiege, sprachen im Sonntagsblatt-Redaktionsgespräch über die Zukunft von Audio und Video.

Frau Wildermuth, Herr Schmiege: Was verbindet den Bayerischen Rundfunk und die Bayerische Landeszentrale für Medien?

Wildermuth: Wir haben die gleichen Rahmenbedingungen und leben in Zeiten digitaler Transformation. Heute kann jeder Publizist werden. Wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die Menschen verstehen, dass es besser ist, redaktionell kuratierte Inhalte zu erhalten, als irgendetwas, das wild gepostet wird.
Die Leute müssen wissen: Wenn ich das anschaue, anhöre, anklicke, dann kann ich mich darauf verlassen, dass da ordentlich und sauber gearbeitet wurde. Also journalistisches Handwerk hoher Qualität. Und das ist das, was wir bei aller digitalen Transformation als
Stabilität der Gesellschaft anbieten können. Und was am Ende ein wichtiges, konstituierendes Element für den demokratischen Diskurs in unserer Gesellschaft bildet.
 
Schmiege: 
Der BR und die BLM sind wichtige Säulen des dualen Rundfunksystems. Das ist unsere Gemeinsamkeit. Die Krisen haben ganz handfeste wirtschaftliche Auswirkungen – das trifft die privaten, werbefinanzierten Medien härter und schärfer, als den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Vertrauenskrise in die Qualitätsmedien bekommen wir alle zu spüren.
 
Frau Wildermuth, die ARD hat große Veränderungen angekündigt. Was ändert sich?
 
Wildermuth: Wir gehen kraftvoll und gemeinsam ins nächste Jahr. Bei unserer Intendantensitzung haben wir konkrete Prüfaufträge auf mehreren Ebenen verteilt. Dazu gehört die Frage nach Kompetenzzentren im Programmbereich und der Bereich Verwaltung. Dazu müssen im Verwaltungsbereich die unterschiedlichen technischen Systeme und Workflows harmonisiert werden, bevor wir mehr Shared Services bilden können. Wir prüfen weiterhin, wie wir im technischen Bereich enger zusammenarbeiten können. So haben wir mit dem SWR bereits die Softwarefirma Public Value Technologies, kurz pub, gegründet und entwickeln beispielsweise Apps. Keiner erwartet, dass lineares Radio und Fernsehen von heute auf morgen verschwinden. Aber wir sehen eine enorm gestiegene Bedeutung der IP-basierten Verbreitung mit Streaming. Je erfolgreicher unsere Mediathek ist, allein 2021 verzeichnete die ARD-Mediathek einen Zuwachs um 60 Prozent, desto mehr Energie müssen wir dorthin stecken, zum Beispiel durch eine noch bessere thematische Sortierung und personalisierte Nutzung der vielfältigen Angebote. Deshalb blicken wir auch umfassender auf unsere digitale, technische Infrastruktur und suchen hier ARD-weit Synergien.

Der dritte Punkt ist die Programmarbeit. Den Programmkommissionen haben wir den Auftrag erteilt, anhand von drei inhaltlichen Schwerpunkten durchzuspielen, was es bedeutet, wenn wir programmliche Kompetenzzentren gründen. Starten wollen wir mit den Themenfeldern Verbraucher, Hörspiel und Klima. Diese Themen beschäftigen alle, und wir können hier mit gemeinsamen Pool-Lösungen für Radio und TV arbeiten.

Wir haben einen strikten Zeitplan: Ende April wollen wir erste Ergebnisse sehen. Ich habe den Eindruck, dass wir sehr zupackend und im Miteinander vorangehen. Und das ist in dieser Dimension neu und gut so!
 
Und welche Pläne gibt es bei der BLM, Herr Schmiege?
 
Schmiege: Die Herausforderungen für die privaten Anbieter infolge der Digitalisierung sind groß, gerade was die Mehrfachverbreitung und Mehrfachformate in den Ausspielwegen betrifft. Diese Herausforderung trifft alle Rundfunkanbieter gleichermaßen.
Wenn die ARD aktuell über Kooperationen nachdenkt, geht es nur um eine Kooperation zwischen den Anstalten. Ich dachte, wir seien da schon ein Stück weiter. Kooperationen sollten nicht an den Grenzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haltmachen. Da sollten wir sagen: Wo können wir die Infrastruktur teilen? Ein gutes Beispiel dafür ist die Hörfunkverbreitung über DAB plus. Die DAB-Kooperation in Bayern ist eine Win-Win-Situation, von der privater und dem öffentlich-rechtlicher Hörfunk profitieren. Auch für die Nutzer gibt es nur Vorteile – eine bessere Qualität und geringere Kosten.

Eine weitere Kooperationsmöglichkeit sehe ich beispielsweise bei der Nutzung von Algorithmen. Im Moment gibt es ein Algorithmus-Monopol von amerikanischen Plattformen. Da stehen andere Werte dahinter und Leitlinien privater amerikanischer Unternehmen. Hier sollten wir gemeinsam nach vorne blicken und uns diesen Herausforderungen stellen, denn wir können es uns nicht mehr leisten, in Kategorien von öffentlich-rechtlich versus privat zu denken.
 
Es gab viele Diskussionen um die ARD in diesem Sommer, was sagen Sie dazu, Herr Schmiege?
 
Schmiege: In der ganzen Diskussion über die ARD hätte ich erwartet, dass man mutiger versucht, nicht defensiv zu sein, sondern aktiv zu sagen, ja, wir verändern etwas. Und zwar grundsätzlicher, als gemeinsam eine Mediathek zu machen. Die breite Bevölkerung möchte doch wissen: Was tut der öffentlich-rechtliche Rundfunk, damit er in fünf oder zehn Jahren noch relevant ist?
Sehr gut gefällt mir, dass das Verhältnis zwischen dem BR und den Privaten in Bayern von gegenseitigem Respekt geprägt ist und man sich zur anderen Säule bekennt. Das ist ein Mutmacher, den ganzen Herausforderungen zu begegnen. Wenn wir sagen, wir müssen das gemeinsam angehen, dann kann es wirklich gelingen, diese Relevanz der öffentlich-rechtlichen und der privaten Sender für die Zukunft zu bewahren.
 
Frau Wildermuth, was hätte besser laufen können?
 
Wildermuth: Keiner war glücklich über die Art der Berichterstattung. Neben berechtigten Fragen gab es auch öffentlich-rechtliches Bashing, Anfragen auf reiner Gerüchtebasis. Wir haben gelernt, dass Einordnungen und differenziertere Darstellungen von Wirklichkeit nicht so sexy sind wie dicke Schlagzeilen. Wir haben diesen Sommer mehr oder weniger durchgearbeitet. Wir hatten 100 Presseanfragen alleine seit August!
 
Und was die Reaktion angeht: Wenn ich mir anschaue, in welchem Tempo die Landesrundfunkanstalten reagiert haben, mit einer Analyse ihrer Compliance-Managementsysteme, mit neuen Transparenzregeln, mit Abgleich von Best Practices in den Landesrundfunkanstalten, dann ist da in den letzten Monaten schon viel gelungen. Wir gehen jetzt, was unsere zukunftsorientierte Aufstellung als ARD-Netzwerk angeht, mit weiteren konkreten Prüfaufträgen ins neue Jahr und ich glaube, dass wir zu guten und handfesten Ergebnissen kommen werden.
 
Wie wollen Sie junge Leute erreichen?
 
Schmiege: Die Medienanstalten haben kürzlich eine Erhebung zum Informationsverhalten von Jugendlichen gemacht. Rund zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen nennen in der aktuellen Mediengewichtungsstudie der Medienanstalten soziale Medien als Quelle für Nachrichten und Informationen zum aktuellen Zeitgeschehen. Für ein Drittel ist das sogar die wichtigste oder einzige Informationsquelle. Das Gute ist aber, dass sie zugeben, den Informationen nicht unbedingt zu vertrauen. Sie reflektieren durchaus das, was sie bei TikTok, Instagram oder Youtube hören und sehen. Und: Mehr als die Hälfte der Jugendlichen sagt, sie hätten mit Fake News schon Kontakt gehabt.

Schwierig finde ich jedoch: Es gibt ein allgemeines Misstrauen gegenüber Medien und Informationen. Denn das geht ans Fundament unserer Demokratie. Wenn Jugendliche nicht mehr wissen, was sie glauben sollen, sind sie besonders empfänglich für Desinformation oder Verschwörung…

Wildermuth: Diese Erhebungen zum Mediennutzungsverhalten sind wichtig. Wir diskutieren als ARD und als BR, wo wir präsent sind und wo wir uns engagieren wollen bei Plattformen wie der Audiothek und der Mediathek. Und wo wir – bei allen durchaus journalistisch berechtigten Vorbehalten – auch auf Social Media, auf von amerikanischen, profitorientierten Konzernen dominierten und betriebenen Plattformen präsent sein wollen. Weil wir eben mit Blick auf das Nutzungsverhalten unserem Auftrag, nämlich substanziell Relevantes zur demokratischen Meinungsbildung beizutragen, gerecht werden wollen. Deswegen sind wir mit der Tagesschau auch auf Tiktok. Im linearen TV-Programm haben wir bei der Tagesschau bei den Zuschauern einen Durchschnitt von 63 Jahren, auf Tiktok sind die Zuschauer durchschnittlich 26 Jahre alt. Wenn sich Jugendliche über Social Media informieren, heißt das nicht automatisch, dass sie dort nur Katzenvideos anschauen. Aber der Ort, an dem sie sich Informationen holen, hat sich verändert.

Wie BR und BLM die Ausbildung fördern wollen


 Was tun Sie für den journalistischen Nachwuchs?
 
Schmiege: Beim Thema Aus- und Fortbildung sind wir bei der Kooperation zwischen BLM und BR auf einem guten Weg. Wir wollen zeigen, dass Rundfunk und Medien ein unheimlich spannender, wichtiger und wertvoller Ort sind für die Gesellschaft. Und wir wollen Talente für die Medien begeistern. Das ist umso wichtiger, da heute jeder junge Mensch zum Medienmacher oder Influencer werden kann. Tolle Reichweiten und die Aussicht auf gutes Geld sind total verführerisch. Aber man lernt eben kein journalistisches Handwerk.
 
Wildermuth: Nachwuchs ist ein Riesenthema. Beim Bayerischen Rundfunk geht in den nächsten neun Jahren die Hälfte der festangestellten Belegschaft in Rente. Natürlich wollen wir engagierte, leidenschaftliche und handwerklich gute Medienleute. Dafür können wir die Ausbildungen punktuell verschränken und beispielsweise Medienrecht oder andere journalistische Basics gemeinsam vermitteln. Auch in puncto Infrastruktur: Warum sollten wir nicht ein gemeinsames Audio-Studio nutzen? Ich bin der festen Überzeugung, wir werden besser, wenn wir uns befruchten. Vielfalt ist ein Riesengewinn.
 
Schmiege: Unsere Vision ist ein gemeinsamer Aus- und Fortbildungscampus. Dieser könnte auch dafür sorgen, dass ein Netzwerk zwischen jungen Leuten entsteht. Sie können sich untereinander austauschen und voneinander lernen. Und wir lösen diese Grenzen auf. Denn ein junger Medienschaffender kann es sich heute gar nicht leisten, nur Hörfunk zu machen, er muss auch Social Media können und wissen, wie Bewegtbild funktioniert.
 
Wie gehen Sie mit Konkurrenz der Plattformen wie Spotify oder Netflix um?
 
Wildermuth: Unsere Audios und Videos sortieren wir oft noch an Uhrzeiten entlang, also linear, aber auch schon an Themen. Mir ist überhaupt nicht bange, dass Menschen Audios und Videos hören wollen. Die Herausforderung ist, in der digitalen Transformation die Relevanz zu behalten, die wir jetzt haben. Wir werden nie in Konkurrenz zu Spotify treten, weil es nicht unser Anspruch ist, eine bessere Playlist zu machen. Aber wir sind hervorragende Podcast-Produzenten und beherrschen Journalismus, Kuratierung, Themendurchdringung und Polyperspektivität. Audio und Video haben eine große Zukunft, und wir können sie in der Mediathek zeitsouverän und unabhängig konsumieren.
 
Schmiege: Im lokalen Rundfunk in Bayern sind es die lokalen Inhalte, die überzeugen. Das kann Spotify nicht bieten. Die Redakteure vor Ort wissen ganz genau, was in Straubing oder Bad Kissingen relevant ist. Wo wir besser werden können, ist, in den unterschiedlichen Formaten auch verschiedene Zielgruppe zu adressieren.
Es gibt ganz neue Erzählweisen, eine andere Sprache. Das Erfolgskonzept von Influencern ist die totale Nähe, die Augenhöhe zu ihrem Publikum. Hier neue Formate zu entwickeln, ist eine ganz große Herausforderung für alle etablierten Medienmacher.

Lokal oder Global: Die Bedeutung von Europa für Radio und Fernsehen

 
Welche Rolle spielt die europäische Zusammenarbeit?
 
Wildermuth: Ich bin die Repräsentantin der ARD bei der European Broadcasting Union (EBU). Die EBU hat einen “Public Value Algorithm” entwickelt. Da geht es nicht darum, die Menschen möglichst lange auf den Plattformen zu halten und die Daten alle abzugreifen. Wir wollen den Horizont erweitern und eher sagen, hier, das musst du gucken. Ich bin zuversichtlich, dass es ein Marktvorteil sein wird, wenn man nicht nur “more of the same” bekommt.
 
Wir haben im Newsbereich den EBU-Newspilot, an dem der Bayerische Rundfunk als deutscher Sender beteiligt ist. Dieser Newspilot ist der Versuch, überregionale Themen wie die Weltklimakonferenz aus verschiedenen europäischen Perspektiven zu betrachten. Dort gibt es eine automatisierte Übersetzung, damit können wir erfahren, wie Dänen oder Italiener auf bestimmte Themen blicken und umgekehrt. Ich denke, dass es künftig mehr von dieser Multiperspektivität in Europa geben wird. Und ich glaube an europäische Kooperationen wie die EBU-Zusammenarbeit im dokumentarischen Bereich, wo versucht wird, pro Jahr in drei oder fünf große Produktionen im nonfiktionalen Bereich zu investieren.
 
Viele Menschen möchten die Rundfunkgebühr abschaffen: Wird es das duale System in zehn Jahren noch geben?
 
Wildermuth: Die Frage ist, welche alternativen Modelle gibt es? In Europa gibt es einen breiten Konsens, dass die Methode, wie unsere Beitragshöhe definiert wird, nämlich über eine unabhängige Kommission, die KEF, auch die Qualität sichert. Sobald eine Gebührenfinanzierung in die Steuer rutscht, ist sie abhängig von Regierungskoalitionen und politischen Meinungen. Die Gründerväter der öffentlich-rechtlichen Sender haben sich diese Grundkonstruktion genau aus diesem Grund ausgedacht – sie wollten vermeiden, dass politische Stimmungslagen dafür sorgen, dass der unabhängige Journalismus austrocknet.

Torsten Schmiege
Torsten Schmiege, Präsident BLM
BLM-Präsident Schmiege und BR-Intendantin Wildermuth
BLM-Präsident Schmiege und BR-Intendantin Wildermuth
BR-Intendantin Wildermuth und EPV-Direktor Roland Gertz
BR-Intendantin Wildermuth und EPV-Direktor Roland Gertz.
BLM-Präsident Schmiege und BR-Intendantin Wildermuth
BLM-Präsident Schmiege und BR-Intendantin Wildermuth

Was der BR und die BLM für 2023 planen

Herr Schmiege, was haben Sie sich für 2023 vorgenommen?
 
Schmiege: Wir brauchen eine Diskussion über Chancen, aber auch die Grenzen der technologischen Entwicklung. Ein Algorithmus, der sich nur auf Nutzerinteressen ausrichtet, ist aus Sicht einer pluralistischen Gesellschaft perspektivisch schwierig. Dazu kommt das Thema künstliche Intelligenz:

Bald kann eine Maschine einen Artikel oder vielleicht sogar einen Kommentar schreiben. Hier müssen wir definieren, wo die Grenzen sind und medienpolitische Leitplanken dafür entwickeln. Für diesen gesellschaftlichen Diskurs müssen wir uns Zeit nehmen. 

Dann sollten wir Kooperationsprojekte weiterentwickeln. Vielleicht können wir über gemeinsame Archive nachdenken, hier kommt mir das Stichwort Content-Sharing in den Sinn. Wir sollten jenseits der redaktionellen Unabhängigkeit auf Ebene der Infrastrukturen so zusammenarbeiten, dass die journalistische Arbeit wirklich Luft hat. Darüber würde ich mich freuen und da möchte ich auch alle Energie hineinstecken.
 
Frau Wildermuth, was planen Sie für 2023?
 
Wildermuth: Mein Wunsch ist, dass wir als ARD über die Bündelung von Kompetenzen und die Umschichtung ins Digitale noch generationengerechter werden und mehr Energie in Formate für junge Menschen stecken.

In Bayern ist etwa die Hälfte der Bevölkerung unter 50, aber beim BR bedienen wir mit dreiviertel des Programm-Budgets die über 50-Jährigen. Wir haben deshalb eine umfassende Programmreform angestoßen, um unsere wertvollen Inhalte und Ressourcen noch gezielter einsetzen zu können.

Ich wünsche mir die Energie, Themen selber zu setzen und auch dranzubleiben und immer wieder nachzuschauen, was ist denn daraus geworden. Denn das ist etwas, was wir besser können als andere.

Die Zeiten sind sehr dynamisch. Trotzdem brauchen wir diese Momente der Evaluierung. Wir schauen uns auch intensiv unser Personaltableau an und fragen, was sind die Jobs, die wir bei uns haben wollen, welche Qualifikationen brauchen wir dafür? Diese Vielfalt zu sichern und nicht homogen zu agieren, den Nachwuchs zu bekommen, das ist nicht trivial.
Natürlich müssen wir auch innovativ bleiben und die Technologien der Zukunft rechtzeitig für uns nutzen. Der BR legt hierauf einen Fokus. Wir haben beispielsweise eine KI-Abteilung, die sich vor dem Start einen Ethikkodex verordnet hat. Die beschäftigt sich unter anderem mit “Data Driven Publishing”, wo es beispielsweise darum geht, Sportergebnisse oder Börsenberichterstattung zu automatisieren, um Journalistinnen und Journalisten Luft zu verschaffen für andere Dinge.

Kirche & Religion in den Medien

 
Welche Bedeutung haben kirchliche Themen in den Medien?
 
Wildermuth: In meiner Beobachtung waren die letzten Jahre geprägt von faktenorientierten, kurzlebigen Nachrichten über Infektionszahlen, Krankenbetten, jetzt reden wir über Gaspreise. Und wir haben gemerkt, dass diese Krisen die Menschen in der Gesellschaft sehr unterschiedlich treffen, es gibt eine Vereinsamung unter älteren Menschen, weil sie nicht besucht werden konnten oder eine gewisse Hoffnungslosigkeit unter jungen Menschen. Ich glaube, dass wir in Krisenzeiten ein großes Bedürfnis nach einer reflektiven Ebene haben, die danach fragt, was machen wir da, wie sortieren wir das ein.
 
Schmiege: Der Bedarf nach Werten ist so hoch wie nie. Wir müssen unterscheiden zwischen Werten und der Institution Kirche, die ihren Maßstäben nicht immer gerecht geworden ist. Das sorgt dafür, dass das Vertrauen in die Institution leidet. Da sehe ich übrigens eine Parallele zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Umso wichtiger ist es, das Vertrauen zurückzugewinnen.

Ein weiterer Gesichtspunkt, wo Kirchen eine wichtige Rolle spielen können, ist das Thema Zuversicht. Es geht nicht darum, die Probleme kleinzureden oder naiv zu sein. Aber man darf den Menschen auch nicht nur negative Geschehnisse schildern und sie damit alleine lassen. Man sollte ihnen auch Hoffnung geben oder Ansätze für Lösungen zeigen. 
 
Worauf freuen Sie sich in der Weihnachtszeit?
 
Wildermuth: Familie, Freunde, Gesellschaftsspiele.
 
Schmiege: Familie, Freunde und auch Schnee. Vielleicht reicht die Zeit, in die Berge zum Skifahren zu gehen.
 
Gehen Sie an Heiligabend in den Gottesdienst?
 
Wildermuth: Na klar!
 
Schmiege: Natürlich. Ich singe im Münchner Mottettenchor am ersten Weihnachtstag im Gottesdienst in der St. Matthäuskirche in München – übrigens live übertragen vom BR Fernsehen. Kann ich nur empfehlen.