Ihr Name ist in der Region allgegenwärtig – nicht nur auf dem Nürnberger Rochusfriedhof, wo die letzte Ruhestätte der Mäzenin zu finden ist, oder auf dem Straßenschild im Stadtteil St. Johannis. Nach ihr ist das sonderpädagogische Förderzentrum in Oberasbach benannt. Auch im Nürnberger Stadtmuseum im Fembohaus hängt ein Bild von Elisabeth Krauß, die sich aus ärmlichen Verhältnissen hochgearbeitet hatte. Trotz Schicksalsschlägen verzagte sie nie und spendete ihr Vermögen und ihre Empathie an in Not geratene Mitmenschen.
"Sie versorgte Arme und Waisen, kümmerte sich mütterlich um Waisenkinder, nahm sie in ihrem Haus auf und sorgte sich um ihre schulische und religiöse Ausbildung", erklärt Bernhard Ebneth, Mitarbeiter der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München.
Jährliche "Johannismahlzeit"
Beliebt war bei den Kindern, die in dem von Krauß gegründeten Waisenhaus in der Nürnberger Findelgasse untergebracht waren, die jährliche "Johannismahlzeit": Immer am 24. Juni gab es ein üppiges, von der Stifterin im Testament ausdrücklich verfügtes Mahl mit Bier und Bratwürsten. Die gibt es auch am 28. Juni um 16 Uhr nach dem Gedenkgottesdienst in der Sebalduskirche für die heutigen Schulkinder. Wie jedes Jahr, wenn die ehemaligen von der Stiftung unterstützten Studenten in Nürnberg zusammenkommen und bei einem Treffen Elisabeth Krauß gedenken. Alle zwei Jahre geht es ans Grab.
Mit dabei ist dann auch Janning Hoenen, Studierendenpfarrer der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau und Stiftungsvorsitzender. "Wir unterstützen pro Jahr zwischen zehn und 15 Studenten mit 50 bis 150 Euro pro Monat. Das ist nicht viel Geld, aber die Stipendiaten sind stolz auf dessen Herkunft", sagt Hanning über die rund eine halbe Million Euro "schwere" Stiftung. Im Sinne Elisabeth Krauß würden Studierende gefördert, die ihr Studium ernst nehmen und dieses auch erfolgreich voranbringen. Bewerber müssen ihre Einkommensverhältnisse offenlegen und durch einen Fürsprecher bestätigen lassen, dass sie auch soziales Engagement zeigen.
Als Elisabeth Streit kam 1579 die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Zehnjährige von Bronnamberg bei Zirndorf nach Nürnberg, wo sie als Dienstmagd in der Großstadt selbst ihren Lebensunterhalt verdienen sollte. Fast 20 Jahre lang, bis sie den sieben Jahre jüngeren Kaufmann Konrad Krauß kennenlernte, der aus Kitzingen nach Nürnberg gekommen war. Die beiden bildeten ein gutes Team, erledigten ihre Geschäfte gemeinsam und handelten erfolgreich mit Lebensmitteln, Tuchen und Metallwaren. So gelangte Krauß in die Oberschicht der Reichsstadt Nürnberg.
Das Schicksal meinte es aber nicht gut mit ihr: Zwei der gemeinsamen drei Kinder verstarben bald nach der Geburt. Im Kriegsjahr 1632 fielen Ehemann Konrad und etwa 11 Monate später auch der gleichnamige Sohn einer Epidemie zum Opfer. Da war Elisabeth Krauß 63 Jahre alt.
Jedoch gelang es ihr, die Geschäfte auch alleine erfolgreich weiterzuführen. "Vielleicht dachte sie an ihre verstorbenen Kinder, als sie ihr Augenmerk auf die Ausbildung von jungen Leuten legte", sagt Ebneth mit Blick auf ihr Testament, mit dem ab 1639 eine der bedeutendsten und reichsten bürgerlichen Stiftungen im evangelischen Deutschland der Frühen Neuzeit ihren Anfang nahm.
Bedeutendes Stiftungsvermögen
Bis zum Jahr 1939 wurden rund 1500 Studenten der Theologie unterstützt. Doch damit nicht genug: Mit dem Stiftungsvermögen sollten auch verarmte Prediger und Schuldiener sowie bedürftige Männer und Frauen in ihrer alten Heimat bei Zirndorf unterstützt werden.
Dann kamen die Inflation 1922/23 und die Währungsreform 1948, was das Stiftungsvermögen schwer schädigte. 1949 wurde die Stiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern übertragen und 1994 mit neuer Satzung als kirchliche Stiftung anerkannt.
Rund 85 Stipendiaten wurden seitdem durch die Stiftung gefördert. Wie viele davon am 28. Juni den Gottesdienst und den anschließenden Festakt im Haus "eckstein" besuchen, das weiß Janning Hoenen nicht. Die Bratwurst aber, die wird er sich schmecken lassen. Und dabei an Elisabeth Krauß denken.