Herr Wellenhöfer, bisher haben sich viele Muslime entgegen der islamischen Tradition mit Sarg in Nürnberg bestatten lassen. Durch die Aufhebung der Sargpflicht könnte es nun aber deutlich mehr Anfragen nach einer sarglosen Bestattung geben. Wie ist die Lage auf dem muslimischen Grabfeld in Nürnberg?

Wellenhöfer: Inzwischen haben wir bereits über 400 muslimische Gräber. 80 Gräber sind aktuell noch frei. Damit können wir den Bedarf für die nächsten ein bis zwei Jahre decken. Wir müssen uns darüber hinaus aber Gedanken machen und uns bei den Lösungsansätzen breit aufstellen. Wird es ein kommunaler Nürnberger Lösungsansatz oder machen wir Kooperationen mit anderen Städten im Umland?

Gibt es schon konkrete Pläne, um gegen das Platzproblem anzugehen?

Wellenhöfer: Wir suchen derzeit auf unseren zehn kommunalen Friedhöfen. Wir haben dabei nicht nur Großfriedhöfe im Auge. Auf den Stadtteilfriedhöfen gibt es noch Flächen, die muslimische Grabfelder ermöglichen. Wir haben uns auch stadtintern an andere Dienststellen gewandt und gefragt: Gibt es eine Möglichkeit, die uns angeboten werden könnte? Zum Beispiel, dass wir noch auf andere Flächen zurückgreifen können. Wir könnten uns aber auch Kooperationsmodelle mit anderen Städten vorstellen, bis hin zu einer eigenen Trägerschaft durch eine noch zu gründende muslimische Körperschaft. Wir sind für jeden Lösungsansatz dankbar.

Muslimische Bestattungen folgen anderen Riten als christliche Bestattungen. Gibt es auch Unterschiede in der Verwaltung und Organisation der muslimischen Bestattungen?

Wellenhöfer: Verwaltungstechnisch laufen sie gleich ab. Es ist egal, ob es um weltliche, christliche oder islamische Bestattungen geht. Die Bestattungsinstitute übernehmen dann den Part, diese speziellen, traditionellen Gepflogenheiten umzusetzen. Die sarglose Bestattung ist dabei eine Ausnahme. Wir stellen das Grab und den Friedhof, wir öffnen auch das Grab. Da müssen wir uns jetzt bewegen und dazulernen, um auch das zu gewährleisten.

Die Sargpflicht in Bayern ist seit April 2021 abgeschafft. Wurden in Nürnberg schon sarglose Bestattungen durchgeführt?

Wellenhöfer: Das dauert immer einen Moment, bis wir solche Entscheidungen auf kommunaler Ebene planen und umsetzen können. Wir sind jetzt in der Endphase. Wir wissen, wie die Abwicklung bei einer sarglosen Bestattung im Betrieb abläuft. Dann stellen wir das unserer Referentin vor. Danach gehen wir in die politischen Gremien. Wir rechnen dort schon mit großem Einvernehmen, weil für uns von Anfang klar war: Wir wollen diesen Weg bestreiten und müssen nur die Details klären.

Wie lange wird es noch dauern, bis es zur ersten sarglosen Bestattung kommt?

Wellenhöfer: Das hängt ganz entscheidend von den politischen Gremien ab. Der Zeitplan ist nicht mehr von uns bestimmbar. Da folgen dann Stadtratssitzungen und Ausschusssitzungen. Wie lange das noch dauert, kann ich nicht genau sagen. Die Erwartungshaltung ist von allen Seiten hoch und deswegen wollen wir das auch rasch umsetzen.

Bestattungen werden immer interkultureller und interreligiöser. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie dort besonders?

Wellenhöfer: Wir müssen Antworten auf solche Fragen finden: Wie viele religiöse Gruppen treten mit unterschiedlichen Anforderungen an uns heran? Wie können wir das gewährleisten? Haben wir genug Platz und die Möglichkeiten, rechtlich oder organisatorisch alle besonderen Anforderungen zu erfüllen? Das ist dann vor allem eine große Frage der Anzahl. Manchmal können wir die Möglichkeiten schaffen. Manchmal müssen wir dann aber auch restriktiv auf diese Anfragen antworten und sagen: Das ist leider nicht möglich.