Übersicht: Die G7-Beschlüsse von Elmau

Dienstag, 28. Juni 2022, 16.46 Uhr: Mit einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs ist am Dienstag der G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Oberbayern zu Ende gegangen. Drei Tage lang berieten die Industrienationen über die Herausforderungen der Gegenwart. Die Beschlüsse von Elmau im Überblick:

ERNÄHRUNG:

Die Staats- und Regierungschefs stellen für den Kampf gegen den globalen Hunger zusätzlich 4,5 Milliarden US-Dollar (rund 4,3 Milliarden Euro) bereit. Damit kommen die sieben großen demokratischen Industriestaaten in diesem Jahr nach eigenen Angaben insgesamt auf mehr als 13 Milliarden Euro. Laut UN sind umgerechnet 44 Milliarden Euro nötig, um die aktuelle Nahrungsmittelkrise wirksam einzudämmen. Bislang hatten Geberländer nur etwa die Hälfte zugesagt. Russland wird zudem erneut aufgerufen, bedingungslos die Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen zu beenden, durch die die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen Weizen behindert wird.

UKRAINE-KRIEG:

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der per Video zugeschaltet wurde, sagten die G7-Staaten finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische Hilfen "so lange wie nötig" zu. Sanktionen gegen Russland sollen intensiviert und russische Einnahmequellen verringert werden. Explizit genannt wurde Gold. Dem ukrainischen Staatshaushalt sollen für dieses Jahr bis zu 28 Milliarden Euro zur Versorgung der Bevölkerung bereitgestellt werden. In diesem Jahr haben die G7-Länder nach eigenen Angaben umgerechnet mehr als 2,6 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe zugesagt. Die G7-Staaten äußerten ihre Unterstützung für eine internationale Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine.

KLIMAZIELE UND KLIMACLUB:

Laut Abschlusserklärung reichen die bisherigen Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung nicht aus, um die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, wie es das Pariser Klimaabkommen vorsieht. Bis 2030 müssten die globalen Treibhausgase um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 zu sinken, um Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen. Angestrebt wird bis Ende 2022 die Gründung eines Klimaclubs von Ländern, die den Kampf gegen die Erderwärmung vorantreiben sollen. Er soll dafür sorgen, dass keine wirtschaftlichen Nachteile durch Klimaschutz entstehen und CO2-Emissionen nicht in andere Länder mit weniger strengen Regeln verlagert werden.

ENERGIE:

Bis 2035 wollen die G7-Staaten bei der Stromerzeugung weitgehend oder vollständig aus fossilen Energieträgern aussteigen. Dazu sollen erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden. Diejenigen Staaten, die auf Atomkraft setzen, unterstreichen deren Bedeutung für ihren Energie-Mix. Das Ziel, aus der internationalen Finanzierung fossiler Energieträger möglichst rasch auszusteigen, wird angesichts des Ukraine-Krieges in der Abschlusserklärung allerdings relativiert. Es sei nötig, vorübergehend neue Gas-Projekte zu fördern, um von russischem Gas unabhängig zu werden. Dies müsse aber im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens stehen.

KLIMAHILFEN FÜR ARME LÄNDER:

Die G7-Staaten bekräftigen die Finanzierungs-Beschlüsse vergangener Klimakonferenzen. Dazu zählt das bislang unerfüllte Versprechen, 100 Milliarden US-Dollar jährlich für Klimaschutz und Anpassung in armen Länder bereitzustellen. Es sollte ursprünglich 2020 eingelöst sein, nun wird 2023 angepeilt. Der Beschluss von Elmau geht nicht über bisherige internationale Vereinbarungen hinaus. Zur Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste in armen Staaten soll ein Programm für Klimarisikoversicherungen ausgebaut werden. Konkrete Mittel dafür werden aber nicht genannt.

INVESTITIONEN:

Gemeinsam mit Entwicklungs- und Finanzinstitutionen sowie dem Privatsektor wollen die G7-Staaten knapp 600 Milliarden US-Dollar (etwa 570 Milliarden Euro) bis zum Jahr 2027 in Projekte rund um den Globus zu investieren. Dabei geht es um Bereiche, die kritisch sind für Entwicklung, globale Sicherheit und Energiesicherheit, Gesundheit, Digitalisierung, Gleichberechtigung und Klima.

DEMOKRATIE:

Gemeinsam mit den Gastländern Argentinien, Indien, Indonesien, Senegal und Südafrika bekennen sich die G7 dazu, die Wehrhaftigkeit von Demokratien zu stärken und gemeinsam auf gerechte Lösungen für globale Krisen hinzuarbeiten. Weltweit wollen sie freie Wahlen unterstützen, die Meinungsfreiheit online und offline verteidigen ebenso wie die Unabhängigkeit der Presse.

 

Deutschland will sich substantiell an Hilfen gegen Hunger beteiligen

Dienstag, 28. Juni 2022, 13.36 Uhr: Deutschland will sich nach Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "substantiell" an den Finanzhilfen gegen den Hunger weltweit beteiligen. Er verwies am Dienstag zum Abschluss des G7-Gipfels auf Schloss Elmau darauf, dass die sieben großen demokratischen Industriestaaten in diesem Jahr zusätzlich rund 4,3 Milliarden Euro bereitstellen werden, um den am meisten von Hunger und Unterernährung betroffenen Menschen zu helfen. Welchen Betrag Deutschland beisteuert, sagte er nicht.

Außerdem kündigte Scholz die Gründung eines Klimaclubs mit gleichgesinnten Staaten bis Ende des Jahres an, der bewirken soll, dass Klimaschutz ein Wettbewerbsvorteil sei und kein Nachteil. Zu internationalen Investitionen in fossile Energien betonte Scholz, es bleibe bei den Beschlüssen, dass diese zu Ende gehen sollten. Alle seien sich einig, wo die Zukunft liege, und zwar "nicht beim Gas". Doch übergangsweise werde Gas benötigt, deshalb könne es noch Investitionen geben, allerdings müsse immer mitgedacht werden, wohin sie führen. Auch müssten sie eingebettet sein in die Pariser Klimaziele. Das sei "sehr wohl möglich".

Beim Weltklimagipfel 2021 hatten unter anderem die USA, Großbritannien und Deutschland den Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Energien bis Ende dieses Jahres angekündigt. Begründete Ausnahmen sind zwar zugelassen, dürfen aber das Ziel nicht gefährden, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Wegen Russlands Angriff auf die Ukraine sucht Deutschland derzeit Alternativen zum russischen Gas.

 

G7-Staaten streben Gründung von Klimaclub bis Ende 2022 an

Dienstag, 28. Juni 2022, 12.49 Uhr: Die G7-Staaten streben bis Ende des Jahres die Gründung eines Klimaclubs von Ländern an, die den Kampf gegen die Erderwärmung vorantreiben wollen. Das geht aus der am Dienstagmittag verabschiedeten Abschlusserklärung des G7-Gipfels auf Schloss Elmau hervor. Ziel sei es, das Pariser Klimaabkommen wirksam umzusetzen. Der besondere Schwerpunkt liege auf Klimaschutzmaßnahmen in der Industrie.

Der Klimaclub sei ein zwischenstaatliches Forum, das allen Ländern offen stehe, "die sich zur uneingeschränkten Umsetzung des Übereinkommens von Paris" bekennen, hieß es. Explizit eingeladen sind Entwicklungs- und Schwellenländer.

Im Klimaclub sollen die Staaten ihre Klimaschutzmaßnahmen koordinieren und unter anderem dafür sorgen, dass CO2-Emissionen nicht in andere Länder mit weniger strengen Klimaschutzmaßnahmen verlagert werden. Als Instrument wird eine CO2-Bepreisung vorgeschlagen - "oder andere Ansätze zur CO2-Minderung und Reduzierung der Kohlendioxidintensität". Darüber hinaus soll gemeinsam der Ausstieg aus fossilen Energieträgern - die sogenannte Dekarbonisierung - vorangetrieben werden.

Die Erklärung hebt auch Partnerschaften zum Ausbau erneuerbarer Energien mit einzelnen Entwicklungs- und Schwellenländern hervor. Eine solche Initiative wurde im vergangenen Jahr mit Südafrika geschlossen. Partnerländer sollen mit finanzieller Hilfe, technischen Fähigkeiten und Technologietransfer unterstützt werden.

 

G7 sagen 4,5 Milliarden US-Dollar gegen Hunger zu

Dienstag, 28. Juni 2022, 11.39 Uhr: Die G7-Staaten stellen weitere Milliarden gegen den Hunger bereit. Die Staats- und Regierungschefs sagten am Dienstag zum Abschluss ihres Gipfels auf Schloss Elmau zusätzlich 4,5 Milliarden US-Dollar (rund 4,3 Milliarden Euro) zu, um den am meisten von Hunger und Unterernährung betroffenen Menschen zu helfen. Damit kommen die sieben großen demokratischen Industriestaaten in diesem Jahr nach eigenen Angaben insgesamt auf mehr als 13 Milliarden Euro.

Laut UN sind umgerechnet 44 Milliarden Euro nötig, um die aktuelle Nahrungsmittelkrise wirksam einzudämmen. Bislang hatten Geberländer nur etwa die Hälfte zugesagt. Dem Welternährungsprogramm zufolge sind aktuell 345 Millionen Männer, Frauen und Kinder weltweit akut von Nahrungsmittelknappheit bedroht.

Russland wird zudem erneut aufgerufen, bedingungslos die Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen zu beenden, ebenso die Zerstörung wichtiger Hafen-, Transportstrukturen und Getreidesilos zu stoppen. Die russischen Handlungen könnten nur als geopolitisch motivierten Angriff auf die globale Ernährungssicherheit bewertet werden, hieß es.

Die G7 wollen ferner mehr Maßnahmen ergreifen, um der Ukraine dabei zu helfen, weiterhin Nahrungsmittel zu produzieren, gerade auch im Hinblick auf die nächste Ernte. Die Vereinten Nationen würden bei ihren Bemühungen für einen sicheren Korridor durch das Schwarze Meer unterstützt, aber auch an weiteren alternativen Routen für den Getreideexport werde gearbeitet.

Die Ukraine gehört zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt. Gerade afrikanische und arabische Länder sind von den Lieferungen abhängig. Durch die Blockade der Schwarzmeerhäfen durch Russland ist die Ausfuhr von rund 20 Millionen Tonnen Getreide deutlich schwieriger, weil auf dem Landweg nur geringere Mengen transportiert werden können.

 

G7-Gipfel steht vor Abschluss

Montag, 27. Juni, 20:00 Uhr: Auf Schloss Elmau geht am Dienstag der Gipfel der sieben führenden demokratischen Industrienationen (G7) zu Ende. Zum Abschluss wollen sich die Staats- und Regierungschefs auf eine Erklärung zu den zentralen Themen des dreitägigen Treffens einigen. Dazu zählen der Ukraine-Krieg, die globale Hungerkrise und der Kampf gegen die Erderwärmung.

Am Montag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschalte an den Beratungen teilgenommen. Die G7 sagten der Ukraine Unterstützung "so lange wie nötig" zu. Unter anderem wurden Hilfen für den ukrainischen Staatshaushalt in Höhe von 28 Milliarden Dollar angekündigt.

 

Protestforscher: Ukraine-Krieg überschattet alles andere

Montag, 27. Juni, 14:14 Uhr: Der Berliner Soziologe Dieter Rucht macht eine Vielzahl von Gründen für die verhältnismäßig geringe Beteiligung am Protest gegen den G7-Gipfel auf Schloss Elmau verantwortlich. Das Thema Ukraine sei absolut dominant und überschatte alles andere, sagte der Protestforscher dem Evangelischen Pressedienst epd in Berlin. "Wir haben einen zentralen Konfliktherd und im Schatten dessen ist es schwierig, viel Aufmerksamkeit zu erzeugen", fügte der Experte für soziale Bewegungen hinzu.

Anstatt der erwarteten 20.000 Menschen hätten sich faktisch nur 5.000 Personen an den angekündigten Großdemonstrationen beteiligt. "Das ist doch eine sehr kleine Veranstaltung im Vergleich zu dem, was man früher gesehen hat", sagte Rucht unter Hinweis auf die Zahlen, die Veranstalter und Polizei angegeben hatten.

Hinzu komme, dass die Regierenden derzeit ein weniger negatives Image hätten als bei früheren Gelegenheiten. Rucht führt diesen Umstand darauf zurück, dass relative Einigkeit bei den Maßnahmen gegen Russland bestehe. Derzeit sei Krisen-Management gefragt und weniger scharfe Kritik an den Regierenden.

Überdies beobachtet der Soziologe eine Schwächung der globalisierungskritischen Bewegungen. Diese seien in den vergangenen Jahren zunehmend "zerfallen und fragmentiert". Beim ersten G7-Gipfel auf Schloss Elmau im Jahre 2015 seien die Bewegungen noch stärker gewesen.

Eine Rolle spielt laut Rucht auch die Corona-Pandemie. Potenzielle Teilnehmer an den Protesten schrecken demnach vor dem Infektionsrisiko in überfüllten Zügen zurück. Eine starke Polizeipräsenz mit 1.800 Einsatzkräften und Maßnahmen im Vorfeld, wie Grenzkontrollen, hätten ebenfalls zu einer im Vergleich zu früheren Gipfeln geringeren Beteiligung an den Protesten geführt. In Genua seien beim G8-Gipfel im Jahre 2001 noch 300.000 Protestierende auf die Straße gegangen, sagte Rucht.

Beim G8-Gipfel von Heiligendamm von 2007 sei die globalisierungskritische Bewegung relativ stark gewesen. Damals habe überdies ein großes Misstrauen gegenüber den Führungseliten bestanden. Dieses sei nicht verschwunden, aber damals sei im Rahmen einer Anlaufphase von zwei Jahren für die Proteste mobilisiert worden. Der Gipfel von Schloss Elmau sei erst ein halbes Jahr zuvor angekündigt worden.

 

G7 sagen der Ukraine 28 Milliarden Euro für den Staatshaushalt zu

Montag, 27. Juni, 13:45 Uhr: Die G7-Industriestaaten haben der Ukraine finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische Hilfen "so lange wie nötig" versprochen. Nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau wurde am Montag eine Erklärung veröffentlicht, wonach dem ukrainischen Staatshaushalt für dieses Jahr bis zu 28 Milliarden Euro bereitgestellt werden soll. Damit werde die Regierung dabei unterstützt, die Grundbedürfnisse der Menschen zu bedienen. Selenskyj hatte zuvor per Videoschalte zu den Staats- und Regierungschefs gesprochen.

In diesem Jahr hätten die sieben Industriestaaten umgerechnet bereits mehr als 2,6 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe zugesagt, hieß es weiter. Man wolle auch in Zukunft substanzielle humanitäre Unterstützung bereitstellen. In der Erklärung wird ferner der EU-Kandidatenstatus für die Ukraine begrüßt.

Die G7-Staaten verurteilten erneut den völkerrechtswidrigen Aggressionskrieg Russlands mithilfe von Belarus gegen die Ukraine ebenso wie die russische Rhetorik über eine mögliche nukleare Eskalation.

Russland wird aufgefordert, die Angriffe auf ukrainische Agrarinfrastruktur und Transportsysteme zu beenden und Schiffen mit Agrargütern die Ausfahrt aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen nicht zu behindern. Man sei entschlossen, die Ukraine dabei zu unterstützen, Getreide, Pflanzenöl und andere Agrarprodukte zu produzieren und zu exportieren.

Sanktionen gegen Russland und Belarus sollen ferner intensiviert und russische Einnahmequellen verringert werden. Explizit genannt wurde dabei Gold. US-Präsident Joe Biden hatte vor dem Gipfel getwittert, dass die G7 den Import von russischem Gold verbieten. Weitere gezielte Sanktionen sollen sich laut Erklärung gegen Kriegsverbrecher richten und gegen jene, die ukrainisches Getreide stehlen oder in anderer Weise von dem Krieg profitieren.

 

Klimaexperte warnt vor weiteren G7-Investitionen in fossile Energien

Montag, 27. Juni, 12:01 Uhr: Der Klimaexperte der Hilfsorganisation Care International, Sven Harmeling, befürchtet weitere G7-Investitionen in fossile Energien weltweit. "Es wäre das falsche Signal, dies zu tun, weil wir womöglich kein russisches Gas mehr konsumieren können", sagte er dem Evangelischen Pressedienst epd. Er wies darauf hin, dass sich die sieben großen demokratischen Industriestaaten in der Vergangenheit bereits darauf verständigt haben, die direkte internationale öffentliche Finanzierung fossiler Energieträger grundsätzlich bis Ende 2022 zu beenden.

"Auch mit Blick auf die düsteren Klimaszenarien dürfen wir nicht mehr in neue Gas-Explorationen investieren", sagte Harmeling zu den laufenden Beratungen beim G7-Gipfel. Stattdessen müssten weltweit erneuerbare Energien ausgebaut werden.

Harmeling sagte, dass oftmals von Staaten betont werde, man investiere in Gas-Infrastruktur, die dann später für grünen Wasserstoff verwendet werden könne. "Aber wenn die Investitionen erst einmal gemacht sind, werden Fakten geschaffen." Für Klimaschutzorganisationen in Afrika werde es dann viel schwieriger, für erneuerbare Energien zu argumentieren, "wenn Industrieländer mit dem Geld wedeln".

Am Montag stand die Klima-Debatte auf der Tagesordnung des G7-Gipfels auf Schloss Elmau in Oberbayern. Am Sonntagnachmittag hatten die G7 ihre Infrastrukturinvestitionen gebündelt und angekündigt, gemeinsam mit Entwicklungs- und Finanzinstitutionen sowie dem Privatsektor knapp 600 Milliarden Dollar (etwa 570 Milliarden Euro) bis zum Jahr 2027 in Projekte rund um den Globus zu investieren.

Dabei geht es um Bereiche, die den Angaben nach kritisch sind für Entwicklung, globale Sicherheit und Energiesicherheit, Gesundheit, Digitalisierung, Gleichberechtigung und Klima.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, dass darüber gesprochen worden sei, wie die weltweiten Investitionen in klimaneutrale und kohlenstoffarme Energie, einschließlich Gas, als vorübergehende Reaktion auf Russlands Einsatz von Energie als Waffe helfen könnten.

Aus Regierungskreisen war bereits vor Beginn des Gipfels verlautet, dass es beim Thema Energie auch darum gehe, wie das Gas aus Russland ersetzt werden könnte. Das könne womöglich mit dem Bedürfnis einiger Entwicklungs- und Schwellenländer, neue Gasvorkommen zu erkunden, kombiniert werden, hieß es. Voraussetzung sei, dass es mit den Pariser Klimazielen in Einklang gebracht werde. Eines der Gastländer auf dem Gipfel ist Senegal, wo vor einigen Jahren große Gas- und Öl-Vorkommen vor der Küste entdeckt worden sind.

 

Oxfam warnt vor Klimaschutz-Rückschritt bei G7-Gipfel

Montag, 27. Juni, 11:40 Uhr: Der Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig warnt vor einem Rückschritt für den Klimaschutz beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Angesichts der Energiekrise könnten bereits gegebene Zusagen zum Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Energien bis Ende 2022 in der Abschlusserklärung aufgeweicht werden, sagte Kowalzig dem Evangelischen Pressedienst epd am Montag.

Ein solcher Schritt scheine insbesondere im Interesse der Bundesregierung zu liegen, erklärte Kowalzig. Hintergrund seien die Bestrebungen Deutschlands, neue Quellen für Gas- und Ölimporte zu erschließen. Als Beispiel nannte er ein Gas-Förderprojekt im Senegal, das Deutschland unterstützen will.

"Eine solche Kehrtwende wäre ein fatales Signal", sagte Kowalzig. Deutschland poche bei Entwicklungs- und Schwellenländern auf Klimaschutz, wolle nun aber selbst in neue fossile Infrastrukturprojekte investieren, die im Widerspruch zu den Zielen des Pariser Abkommens stünden. Das schade der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung. Damit werde Vertrauen bei armen Staaten verspielt.

Beim Klimagipfel 2021 in Glasgow hatte ein Staatenbündnis, dem unter anderem die USA, Großbritannien und Deutschland angehören, den Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Energien bis Ende des laufenden Jahres angekündigt.

Begründete Ausnahmen sind zwar zugelassen, dürfen aber das Ziel nicht gefährden, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Zu dem Beschluss haben sich auch die G7-Klima- und Energieminister in einer Erklärung im Mai bekannt.

Kowalzig hält es für möglich, dass Deutschland nun den Zeitpunkt des Ausstiegs verschieben will und dies in der G7-Abschlusserklärung festgehalten werden könnte. Er kritisierte, dass Deutschland den Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren nicht ausreichend vorangetrieben habe. Nun wolle sich die Bundesregierung angesichts der aktuellen Energiekrise womöglich einen Freifahrschein für die weitere Förderung klimaschädlicher Infrastruktur geben.

Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen beraten noch bis Dienstag in Oberbayern.

 

Scholz will Staaten in einem Klimaclub auf CO2-Ziele verpflichten

Montag, 27. Juni, 08:05 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt beim G7-Gipfel eine engere Kooperation der reichen Industrienationen beim Klimaschutz an. Hinter seinem Vorschlag zu einem sogenannten Klimaclub stecke die Idee, dass jene Staaten enger zusammenarbeiten, die schon bis zur Mitte des Jahrhunderts CO2-Neutralität erreichen wollen, sagte Scholz am Montag im "Morgenmagazin" des ZDF. Deutschland sei "da ja sehr ehrgeizig. Wir wollen es schon 2045 schaffen."

Internationale Regeln zur einheitlichen CO2-Bepreisung, die von den USA und Kanada abgelehnt werden, hält der deutsche Kanzler nicht für entscheidend. "Es geht darum, mit unterschiedlichen Wegen am gleichen Ziel anzukommen", sagte Scholz. Das sei eine "große Herausforderung", bei der man sich unterhaken müsse.

Am Montag nimmt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video-Schalte am G7-Gipfel auf Schloss Elmau teil. Der Ukraine-Krieg ist zentrales Thema der Beratungen der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten demokratischen Industrienationen, die seit Sonntag drei Tage in Oberbayern beraten.

Am zweiten Tag des Treffens stehen auch die Themen Klima, Energie und Gesundheit auf der Agenda. Dazu werden die Staats- und Regierungschefs von Indonesien, Südafrika, Indien, Senegal und Argentinien erwartet. Mit ihnen soll unter anderem über Partnerschaften für eine nachhaltige Energiepolitik gesprochen werden.

 

"Stop G7" demonstriert in Garmisch-Partenkirchen

Sonntag, 26. Juni, 22.31 Uhr: Für eine Demonstration am Sonntagnachmittag in Garmisch-Partenkirchen hat das Bündnis "Stop G7" rund 1.000 Teilnehmer auf die Straße gebracht. Der mehrstündige Demonstrationszug verlief nach Veranstalterangaben bis zur Abschlusskundgebung am späten Nachmittag ohne Eskalationen. Die Demonstration thematisierte die Klimakrise und den Ukraine-Krieg.

An dem Bündnis beteiligen sich vor allem Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Globalen Süden und Vertreterinnen und Vertreter der Klima- und der Antikriegsbewegung. Sie haben auch ein Zeltcamp organisiert. Ein ebenfalls geplanter Sternmarsch zum Schloss Elmau am Montag werde nicht wie geplant stattfinden können, teilte das Bündnis auf seiner Homepage mit. Es würden zwar Wanderungen und Fahrraddemos stattfinden. In die Nähe des Schlosses, in dem der G7-Gipfel stattfindet, werden jedoch nur 50 vorab gemeldete Demonstrantinnen und Demonstranten kommen.

"Wir haben diese massiven Beschneidungen der Versammlungsfreiheit akzeptiert, damit wir mitten im Sicherheitsbereich mit Reden von drei Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Globalen Süden sowie je einem Vertreter und einer Vertreterin der Klima- und der Antikriegsbewegung unseren Protest vor Ort sicht- und hörbar machen können", erklärt das Bündnis. Die zahlenbegrenzte Kundgebung direkt am Schloss sei noch in Abstimmung mit den Behörden und nutze ein Verwaltungsgerichtsurteil 2015, dem zufolge es einer Gruppe bis zu 50 Personen nicht verwehrt werden dürfe, ihren Protest bis in Sicht- und Hörweite - also in den Sicherheitsbereich des Tagungsorts - zu tragen.

 

Scholz: G7 werden klares Signal des entschlossenen Handelns senden

Sonntag, 26. Juni, 19:00 Uhr: Ukraine-Krieg, Hunger, Erderwärmung: Zum Auftakt ihres Gipfels auf Schloss Elmau in Oberbayern haben die G7-Staaten Einigkeit angesichts globaler Herausforderungen gezeigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich nach einer ersten Beratungsrunde "zuversichtlich", dass die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten demokratischen Industrieländer ein "ganz klares Signal" der Geschlossenheit und des entschlossenen Handelns senden werden. Er fügte hinzu, auch wenn in den internationalen Beziehungen nicht alles eitel Sonnenschein sei, hier in Elmau sei gutes Wetter.

Die demonstrative Geschlossenheit auf Schloss Elmau mit Spaziergängen und Familienfotos vor idyllischer Bergkulisse ist auch als Signal an Russland gedacht.

Der Kanzler betonte, die G7 teilten ein gemeinsames Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. "Uns eint der Blick auf die Welt." Die Länder hätten bereits geschlossen auf den Angriff Russlands reagiert und sich einig in der Unterstützung der Ukraine gezeigt. Mit einer solchen Reaktion habe der russische Präsident Wladimir Putin "mit Sicherheit nicht gerechnet".

Die G7 seien eine "gute Gemeinschaft, um eine Antwort auf die Herausforderungen" unserer Zeit zu finden, sagte er. Es gehe darum, eine "Sicherheitsarchitektur für die Welt zu erarbeiten", die Frieden ermögliche. In der ersten Sitzung ging es nach Angaben des Kanzlers um Welthandel und Energiesicherheit. Die Welt sei konfrontiert mit Inflation, Rohstoffknappheit und der Störung von Lieferketten, betonte er.

Der Ukraine-Krieg steht im Mittelpunkt des dreitägigen Gipfels. Dabei geht es auch um die weltweiten Folgen, etwa für die Energie- und Ernährungssicherheit. Nach Angaben aus Regierungskreisen sind weitere Sanktionen gegen Russland im Gespräch. Dabei geht es unter anderem um die mögliche Einführung von Preisobergrenzen auf russisches Erdöl. Man sei dabei auf gutem Weg zu einer Einigung, hieß es. US-Präsident Joe Biden hatte vor dem Gipfel getwittert, dass die G7 den Import von russischem Gold verbieten würden.

Am Montag plant die Runde, auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj persönlich zu beraten. Er soll am Morgen per Video-Schalte an der Debatte teilnehmen.

Zur Milderung der durch den Krieg befeuerten globalen Hungerkrise werden von den G7-Staaten konkrete Geldzusagen erwartet. Laut UN sind umgerechnet 44 Milliarden Euro nötig, um die Nahrungsmittelkrise wirksam einzudämmen. Bislang haben Geberländer aber nur etwa die Hälfte zugesagt, erst 20 Prozent sind bereitgestellt worden.

EU-Ratspräsident Charles Michel, der wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ebenfalls am Gipfel teilnimmt, sprach mit Blick auf die russische Blockade ukrainischer Schwarzmeerhäfen von "Hungerspielen Russlands". Moskau, das auf diese Weise die Ausfuhr von rund 20 Millionen Tonnen Weizen verhindere, sei verantwortlich für die globale Ernährungskrise.

Michel betonte, es müsse nun dringend gelingen, das Getreide aus den Silos in der Ukraine herauszubekommen. Insbesondere afrikanische und arabische Länder sind auf Getreide aus der Ukraine angewiesen.

Auf der Gipfel-Agenda stehen ferner der Klimaschutz und Bemühungen, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern voranzutreiben. Die Bundesregierung strebt die Gründung eines Klimaclubs an, zu dem sich Vorreiter beim nachhaltigen Umbau der Wirtschaft zusammenschließen sollen. Die Idee dahinter ist, dass die reichen Länder, die die Erderwärmung in erster Linie verursacht haben, ihre Anstrengungen zur Treibhausgasreduktion verstärken müssen. Damit wollen sie Entwicklungs- und Schwellenländer überzeugen, für den Klimaschutz mittelfristig auf Kohle, Erdöl und Erdgas zu verzichten.

Am Wochenende kam es immer wieder zu Protestaktionen gegen den Gipfel. Allein am Samstag kam 4.000 Menschen zu einer Demonstration in der Münchner Innenstadt zusammen. Sie forderten ein entschiedenes Vorgehen gegen Klimakrise, Artensterben sowie gegen Hunger und Armut.

 

Polizeiseelsorgerin: Gemischte Gefühle vor G7-Gipfel

Sonntag, 26. Juni, 7.21 Uhr: Die Polizeiseelsorgerin Miriam Groß blickt mit gemischten Gefühlen auf ihren Einsatz beim G7-Gipfel. Sie freue sich zwar darauf, Teil eines solchen Großereignisses sein zu dürfen und dazuzulernen, sagte sie im Gespräch Sonntagsblatt zum Start des Gipfels am Sonntag. Sie habe aber auch Sorge um ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei. Wenn sie von G7-Gegnern höre, dass sie München brennen sehen wollen, "dann bin ich wirklich betroffen und hoffe, dass alle wieder wohlbehalten zu ihren Familien zurückkehren".

Miriam Groß ist seit eineinhalb Jahren evangelische Polizeiseelsorgerin am Bundespolizeiaus- und Fortbildungszentrum Bamberg und während des G7-Gipfels im Großraum München im Einsatz. Insgesamt seien beim G7-Gipfel sechs evangelische Seelsorgerinnen und Seelsorger aus ganz Deutschland für die Bundespolizei - egal welcher Religion - unterwegs, berichtete Groß. Sie versuche, so präsent wie möglich zu sein und die Bundespolizistinnen und -polizisten bei belastenden Einsätzen zu begleiten. Vor ihrer Zeit in Bamberg war Miriam Groß sechs Jahre lang ehrenamtliche Polizeiseelsorgerin beim New York Police Department.

Die Polizeiseelsorge biete während des Gipfels eine Reihe von niederschwelligen Angeboten, sagte Groß: etwa sogenannte Mikroandachten.

Außerdem gebe es viele Besuche bei Polizeibeamtinnen und -beamten und Redeangebote. Polizisten hätten zwar ein ganz normales Leben mit Freunden und Familien - in ihrem Dienst könne es aber auch belastende Ereignisse geben, sagte Groß. "Die, die sonst Sicherheit bieten, brauchen auch mal Hilfe. Ich erfahre da eine sehr große Wertschätzung."

Jürgen Glaub von der Bundespolizeidirektion Koblenz, der während des G7-Gipfels in München im Einsatz ist, kann das nur bestätigen. Vor allem in der Corona-Pandemie habe er festgestellt, dass die Polizei zunehmend Redebedarf habe. Denn der Riss, der durch die Gesellschaft gegangen sei, habe sich auch in der Polizeiarbeit widergespiegelt. Auf einmal hätten auch "normale" Bürger den Maßnahmen und damit auch der Polizei, die deren Einhaltung bewacht hat, kritisch gegenübergestanden.

 

Ukraine-Krieg und Hungersnöte steht im Mittelpunkt des G7-Gipfels

Samstag, 25. Juni, 16:00 Uhr: Der Ukraine-Krieg und drohende Hungersnöte stehen im Mittelpunkt des morgen (Sonntag) beginnenden G7-Gipfels der wichtigsten demokratischen Industrienationen. Auf Einladung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommen die Staats- und Regierungschefs bis Dienstag auf Schloss Elmau in Oberbayern zusammen. Dabei wird unter anderem darüber beraten, wie die rund 20 Millionen Tonnen Getreide, die in ukrainischen Silos lagern, möglichst bald aus dem Kriegsland gebracht werden können. Russland blockiert derzeit die Schwarzmeerhäfen. Die Ukraine gehört zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt.

 

Rund 4.000 Menschen demonstrieren in München vor dem G7-Gipfel

Samstag, 25. Juni 15.40 Uhr: Rund 4.000 Demonstrierende haben am Samstag in der Münchner Innenstadt vom G7-Gipfel ein entschiedenes Vorgehen gegen die Klimakrise und das Artensterben, gegen Hunger, Armut und Ungleichheit gefordert. Das waren nach Polizeiangeben bis zum frühen Nachmittag deutlich weniger Menschen als die 15 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die die Großdemonstration organisierten, angemeldet hatten.

Von den Teilnehmern des am Sonntag beginnenden dreitägigen G7-Gipfels auf Schloss Elmau erwarten die Demonstrierenden unter anderem, dass sie auch Konsequenzen aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine ziehen und die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle stoppen. Greenpeace kritisierte in einer im Vorfeld des G7-Gipfels veröffentlichten Analyse, dass für die Energiewende und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft die Staaten der G7 kaum zehn Prozent der Summe investierten, die mindestens nötig sei.

Greenpeace Geschäftsführer Martin Kaiser sagte in einem Gespräch mit der "Passauer Neuen Presse" am Samstag, dass der anstehende G7-Gipfel eine große Chance sein könne, wenn es gelinge, "die großen Wirtschaftsnationen der G7 zu einer echten Wertegemeinschaft zu formen, die offen ist für andere Länder, die dieser Wertegemeinschaft folgen wollen". Doch die Herausforderungen seien "riesig", von der drohenden Hungerkrise bis zum raschen Ausstieg aus der Kohleenergie.

Aufgerufen zu der Demonstration in München hatten Aktion gegen den Hunger, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Attac, Brot für die Welt, BUND für Umwelt- und Naturschutz, BUND Naturschutz in Bayern, Campact, Greenpeace, IG Nachbau, MISEREOR, Naturschutzbund Deutschland, NaturFreunde Deutschlands, Oxfam Deutschland, Welthungerhilfe und WWF Deutschland.

Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen beginnt am 26. Juni. Sieben führende Industrienationen wollen dabei drei Tage lang über globale Themen beraten, etwa den Ukraine-Krieg, den Klimawandel oder weltweite Hungersnöte.

 

Missbrauchsopfer rufen G7 zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt auf

Freitag, 24.06. 13:00 Uhr: Missbrauchsopfer in aller Welt fordern die G7-Staaten zum entschiedenen Handeln gegen sexuelle Gewalt an Kindern auf. Fast 93 Millionen Erwachsene in den G7-Ländern seien als Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht worden, sagte der US-Betroffene Paul Zeitz, der das internationale Netzwerk "Brave Movement. End Childhood Sexual Violence" mitgegründet hat, am Freitag im Münchner Presseclub. Dies seien mehr als Deutschland Einwohner habe.

Der britische Betroffene Patrick Sandford sagte, dass in seinem Land eines von fünf Mädchen und einer von zehn Jungen sexuelle Gewalt erlebe. Er gehe aber von einer höheren Dunkelziffer aus. "Wir müssen diese Pandemie beenden", forderte er. Mehr Kinder seien von sexuellen Missbrauch betroffen als von einer Covid-Erkrankung. Er sprach auch die langfristigen Folgen für die Betroffenen und die Gesellschaft an:

Viele litten an chronischen Erkrankungen, verübten Suizid oder rutschten in die Arbeitslosigkeit oder Kriminalität ab.

Die staatliche Bekämpfung von sexuellem Missbrauch an Kindern sei jedenfalls nicht ausreichend, sagte Zeitz weiter. Nur Deutschland habe von den G7-Staaten bisher ein nationales Gremium zu dem Thema eingerichtet. Im Dezember 2019 wurde der "Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen" eingerichtet, deren Vorsitz beim Bundesfamilienministerium und der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Missbrauchs von Kindern liegt.

Wibke Müller, Betroffene aus Deutschland und Mitgründerin von "Brave Movement", forderte die G7-Staaten auf, eine Vorreiterrolle einzunehmen. Sie seien die reichsten Länder der Erde und hätten daher eine besondere Verantwortung.

Es brauche unter anderem ein sicheres Internet, um Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen.

Außerdem müssten die Verjährungsfristen für Taten sexuellen Missbrauchs abgeschafft und nationale Betroffenenbeiräte eingerichtet werden.

Matthias Katsch, Sprecher der Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch" und Mitgründer von "Brave Movement", sagte, dass sexuelle Gewalt kein Phänomen der Vergangenheit sei, sondern nach wie vor eine grausame Realität für viele Kinder und Jugendliche. Er rief den Bundeskanzler zu mehr Einsatz im Kampf gegen Kindesmissbrauch auf: "Olaf Scholz, bitte trau dich!" Peter Sandford ergänzte, dass die Betroffenen die Forderungen nicht für sich aufstellten, sondern für "eure Kinder und Enkelkinder".

Durch das im Januar veröffentlichte Missbrauchsgutachten sei klar, dass auch die Erzdiözese München und Freising ein Ort der Gewalt sei, sagte Katsch weiter. Im Anschluss an die Pressekonferenz wurde daher an der Münchner Peterskirche eine Gedenktafel enthüllt, um an sexuelle Gewalt an Kindern durch die katholische Kirche zu erinnern. Das Gutachten lieferte Hinweise auf mindestens 497 Betroffene und 235 Täter, davon 173 Priester, in der Zeit zwischen 1945 und 2019.

 

Garmischer Bürgermeisterin: G7-Einschränkungen sind immens

Freitag, 24.06. 10:05: Die Bürgerinnen und Bürger von Garmisch-Partenkirchen beklagen wegen des anstehenden G7-Gipfels massive Beeinträchtigungen. "Wir haben uns nicht um den Gipfel beworben", sagte die Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) am Freitag dem Radiosender Bayern2. "Wir müssen damit umgehen, und zwar so pragmatisch wie möglich." Die Einschränkungen seien immens.

"Das Recht auf Freizügigkeit wurde uns genommen, im ganzen Ort sind keine Parkplätze mehr da", sagte Koch weiter.

Aber ein Gutes habe die massive Polizeipräsenz auch. "Die Polizeikräfte, die jetzt im Moment bei uns sind, die dienen auch unserer Sicherheit. Das darf man niemals vergessen." Vom 26. bis 28. Juni findet der G7-Gipfel nach 2015 bereits zum zweiten Mal auf dem nahegelegenen Schloss Elmau statt.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind erneut massiv. So gibt es unter anderem zwei Sicherheitsbereiche um den Tagungsort Schloss Elmau. Außerdem wird vor Verkehrsbehinderungen in ganz Süddeutschland und in Österreich gewarnt, etwa wegen Straßensperrungen, Umleitungen oder Grenzkontrollen.

Besonders betroffen ist die Strecke vom Münchner Flughafen bis nach Garmisch-Partenkirchen.

In Garmisch-Partenkirchen selbst beklagen vor allem Geschäftsinhaber deutliche Einbußen wegen ausbleibender Kundschaft durch die massiven Sicherheitsvorkehrungen. Schülerinnen und Schüler werden für die Zeit des G7-Gipfels in den Distanzunterricht geschickt, Abschlussprüfungen sollen zwar in Präsenz, aber in anderen Orten stattfinden. In der Spitze sollen bis zu 18.000 Polizisten rund um den Tagungsort im Einsatz sein.

 

G7-Treffen: Demokratie-Verein will Versammlungsfreiheit beobachten

Dienstag, 21.06. 12:50 Uhr: Der Kölner Verein "Komitee für Grundrechte und Demokratie" will während des G7-Gipfels in Garmisch-Partenkirchen das Vorgehen von Polizei und Sicherheitsbehörden beobachten. Zum Treffen der Industrienationen vom 26. bis 28. Juni auf Schloss Elmau würden bereits ab Donnerstag acht Beobachter in den Blick nehmen, inwieweit Demonstranten vor Ort das Recht auf Versammlungsfreiheit nach Artikel acht des Grundgesetzes eingeräumt werde, teilte das Komitee am Dienstag in Köln mit.

Schon jetzt zeichneten sich deutliche Versammlungsbeschränkungen durch die Sicherheitsbehörden ab, kritisierte der Verein.

Am kommenden Wochenende werde um das Schloss Elmau eine Sicherheitszone eingerichtet und mittels eines 16 Kilometer langen Sicherheitszaunes abgetrennt. Zudem sei der Einsatz von mindestens 18.000 Polizisten geplant.

In einem "Containerdorf" mit 150 Gewahrsamszellen sollen rund um die Uhr Gewahrsams- und Haftprüfungen vorgenommen werden können. Darüber hinaus werden seit dem 13. Juni Grenzkontrollen durchgeführt.

Der eigens für den G7 eingerichtete Planungsstab und das bayerische Innenministerium planen aus Sicht des Kölner Vereins einen "überdimensionierten Polizeieinsatz", der in keinem Verhältnis zu den angekündigten Protestmobilisierungen stehe.

 

Ökumenische Friedensvesper zum Start des G7-Gipfels

Dienstag, 21.06. 10:01 Uhr: Zum Start des G7-Gipfels auf Schloss Elmau an diesem Wochenende gibt es in München ein ökumenisches Friedensgebet. Das evangelische Dekanat München und die Jesuitenkirche St. Michael wollten damit ein Zeichen für den Frieden in der Welt setzen, teilte das Dekanat am Dienstag mit. Es werde zum Ende des bewaffneten Konflikts in der Ukraine aufgerufen und für mehr Gerechtigkeit und Chancengerechtigkeit in der globalen Welt gebetet.

Die Friedensvesper findet am kommenden Sonntag (26. Juni) um 16 Uhr in St. Michael in der Münchner Fußgängerzone statt. Teilnehmen werden Stadtdekan Bernhard Liess und Pater Martin Stark. Das Vokalensemble Collegium Monacense St. Michael und das Orchester St. Michael unter der Leitung von Chordirektor Dr. Frank Höndgen führen die "Vesperae solennes de confessore" von Wolfgang Amadeus Mozart auf.

 

Demonstrationen und Protestaktionen rund um den G7-Gipfel

Dienstag, 21.06. 09:52 Uhr: Am 24. Juni veranstalten entwicklungspolitische Organisationen, unter ihnen auch das Partnerschaftswerk der bayerischen evangelischen Landeskirche, Mission EineWelt, einen Alternativgipfel im EineWeltHaus München. Das Thema lautet "Global gerecht wirtschaften in Krisenzeiten", geplant sind Vorträge und Workshops zu Schuldenerlass, nachhaltigem Wirtschaften, Menschenrechten und Klimaschutz. Dazu werden auch Referentinnen und Referenten aus dem Globalen Süden erwartet. Die Veranstalter fordern von den G7-Staaten, eine ökosozial gerechte Welt wirklich voranzutreiben.

Am 25. Juni findet auf der Münchner Theresienwiese eine Großdemonstration statt, zu der die Veranstalter Tausende Teilnehmer erwarten. Das Motto der Demo lautet "Klimakrise, Artensterben, Ungleichheit: Gerecht geht anders!". Veranstalter ist ein Bündnis aus mehr als 15 zivilgesellschaftlichen Organisationen, unter ihnen das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt", Oxfam Deutschland oder Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, WWF, Bund Naturschutz in Bayern und der Nabu.

In Garmisch-Partenkirchen selbst wollen zahlreiche Aktivisten von "Stop G7 Elmau" gegen den G7-Gipfel im nahegelegenen Schloss Elmau protestieren. Dazu gibt es vom 24. bis 28. Juni ein Protestcamp, am 26. Juni eine Großdemo und am 27. Juni einen Sternmarsch Richtung Schloss Elmau. Um den Tagungsort gibt es allerdings eine streng bewachte Sicherheitszone.

Nur 50 Menschen sind für eine Demonstration am 27. Juni in Hör- und Sichtweite des Schlosses zugelassen. Die Demonstranten müssen ihre Personalien angeben und sich in Polizeibussen zum Demonstrationsort bringen lassen. "Was hier passiert, ist eine unglaubliche Beschneidung unserer Versammlungsfreiheit und damit unserer Grundrechte", kritisierte das Bündnis "Stop G7 Elmau".

 

IRC-Geschäftsführer: Brauchen Zeitenwende im Kampf gegen den Hunger

Dienstag, 21.06. 09:30 Uhr: Der Geschäftsführer der Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) in Deutschland, Ralph Achenbach, hat die G7-Staaten zu mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung des Hungers aufgerufen. Die Zahl der Hungernden könne dieses Jahr auf 323 Millionen ansteigen, sagte Achenbach dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es braucht auch beim Kampf gegen den Hunger eine Zeitenwende, und wir wollen, dass dieses Signal vom G7-Gipfel ausgeht." Neben Geld für humanitäre Hilfe brauche es einen grundlegenden Umbau des globalen Ernährungssystems.

Dabei müsse es darum gehen, ärmere Länder und Krisenstaaten von Nahrungsmittelimporten unabhängiger zu machen, sagte Achenbach. "Die Abhängigkeit von Importen muss reduziert werden." Nahezu alle von langjährigen Ernährungskrisen geplagten Länder, etwa Somalia, Afghanistan oder die Sahel-Staaten, seien von Einfuhren abhängig, insbesondere bei Getreide.

"Wir müssen lokale Anbausysteme unterstützen, die auch an den Klimawandel angepasst sind", sagte Achenbach. Auch bei Dünger und Saatgut müsse die Abhängigkeit von Importen reduziert werden.

Der weltweite Hunger ist einer der Schwerpunkte beim Treffen der G7-Staaten vom 26. bis 28. Juni im oberbayerischen Elmau. In vielen Ländern spitzt sich derzeit die Ernährungskrise zu. Dafür verantwortlich sind unter anderem die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, Konflikte, hohe Lebensmittelpreise und Extremwettereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen. Der Ukraine-Krieg sorgt für zusätzlichen Druck, etwa weil Russland die Ausfuhr von Weizen aus der Ukraine blockiert und die Lebensmittelpreise weiter steigen.

Achenbach warnte mit Blick auf das Zusammenkommen der sieben wichtigsten Industrienationen vor Kürzungen bei Hilfsprogrammen.

"Wir sehen jetzt das Risiko, dass aufgrund des Ukraine-Krieges Finanzierungszusagen nicht eingehalten werden", sagte der IRC-Geschäftsführer.

Zugleich begrüßte er das von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) angestoßene Bündnis für globale Ernährungssicherheit. Es müsse allerdings mit bestehenden Institutionen, etwa auf UN-Ebene, zusammengearbeitet werden. Wichtig sei auch die Kooperation mit den Regierungen und der Zivilgesellschaft der betroffenen Länder. Das Bündnis, das die Verteilung von Grundnahrungsmitteln koordinieren und um Geldgeber werben soll, wurde beim Treffen der G7-Entwicklungsminister Mitte Mai gestartet.

 

Garmisch-Partenkirchener Kirchengemeinde sieht G7-Gipfel gelassen entgegen

Dienstag, 21.06. 09:16 Uhr: Der evangelische Pfarrer von Garmisch-Partenkirchen, Martin Dubberke, sieht dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau gelassen entgegen. Der Ort sei schon jetzt "voll mit Polizei", sein Pfarrhaus an der Johanneskirche grenze direkt ans G7-Management an und liege damit auch mitten im Risikobereich, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Trotz der erhöhten Sicherheitsstufe gebe es aber keine Beschränkungen für seine Kirchengemeinde, "wir haben miteinander geklärt, dass alle geplanten Veranstaltungen stattfinden können".

Dennoch sei er gespannt auf den Start des G7-Gipfels am Sonntag (26. Juni). Es werde sicherlich viele Verkehrsbeschränkungen und wohl auch Kontrollen geben, sagte Dubberke. Inwieweit von solchen Einschränkungen seine Kirchengemeinde betroffen ist, müsse er abwarten. Eine für den 26. Juni geplante Jubelkonfirmation mit vielen Gästen von auswärts sei aber vorsichtshalber verschoben worden. Dafür finde eine Trauung statt, die bereits zweimal wegen der Corona-Pandemie verschoben werden musste.

Viele Menschen aus der Region wollen dem G7-Trubel entfliehen und hätten Urlaub genommen, sagte Dubberke.

Bereits 2015 hatten der G7-Gipfel auf Schloss Elmau stattgefunden. Damals hatten Geschäftsinhaber ihre Läden geschlossen aus Angst vor Ausschreitungen bei den Demonstrationen. "Das war noch vor meiner Zeit, aber mir wurde erzählt, dass einige Geschäfte ihre Schaufenster verrammelt hätten und es zahlreiche Ausweiskontrollen gegeben habe. Das wollen sich manche nicht nochmal antun", sagte Dubberke. Er sei dagegen "absolut neugierig" was passiere, denn für ihn sei es das erste "Gipfel"-Erlebnis in Bayern. 2015 lebte Dubberke noch in Berlin.

Am schwersten betroffen von den Auswirkungen des G7-Gipfels seien wohl die Schülerinnen und Schüler, sagte Dubberke. Die Zugspitz-Realschule, das Werdenfels-Gymnasium und das katholische St.-Irmengard-Gymnasium lägen allesamt entlang der sogenannten Protokollstrecke, an der die meisten Demonstrationen stattfinden sollen. Zahlreiche Schüler wohnten auswärts und müssten während des G7-Gipfels zu ihren Schulen kommen. Obendrein hätten einige von ihnen noch Abschlussprüfungen. "Das ist schon eine große Belastung", sagte Dubberke.

Er hoffe jedenfalls, dass die Staats- und Regierungschefs der G7, der wichtigsten Industrienationen der Welt, wirklich den geplanten Fortschritt für eine gerechte Welt schaffen.

Gleichzeitig hätten Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine deutlich gemacht, "wie abhängig wir voneinander sind und dass daraus eine große Gefahr erwachsen kann". Er hoffe, dass die globale Verantwortung nicht nur Lippenbekenntnis bleibt, sondern auch tatkräftig gelebt wird: als spürbares, konsequentes Handeln der Geschlossenheit ohne Hintertürchen, um deutlich zu machen, dass starken Demokratien die Zukunft gehört und nicht Autokratien. Und so hoffe der Pfarrer auf ein starkes Signal für den Frieden in der Ukraine.

 

Bärbel Kofler: Gemeinsam können wir das Schlimmste verhindern

Dienstag, 21.06. 09:08 Uhr: Die Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Bärbel Kofler (SPD), erwartet von den wichtigsten demokratischen Industriestaaten konkrete Absprachen zur Bekämpfung der infolge des Ukraine-Krieges drohenden Hungersnöte. Mit Blick auf den bevorstehenden G7-Gipfel im bayerischen Elmau sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin:

"Es muss ein Übereinkommen in deutlicher Sprache mit klaren Verpflichtungen der einzelnen Länder geben."

Deutschland habe bereits ein Bündnis für globale Ernährungssicherheit angestoßen und sei mit 430 Millionen Euro in Vorleistung gegangen. "Wenn alle gemeinsam agieren, dann können wir das Schlimmste verhindern", betonte sie.

Das Bündnis bündelt ihren Worten nach alle Initiativen gegen Hunger, sorgt für Koordination der Unterstützung und bringt all die zusammen, die Solidarität mit den am meisten Betroffenen übten. Das Bündnis werde bereits von vielen Regierungen unterstützt, ebenso wie von internationalen Organisationen.

Kofler verwies auf Zahlen des Welternährungsprogramms, wonach allein, um die aktuell auf Unterstützung angewiesenen knapp 150 Millionen Menschen zu erreichen, umgerechnet 19 Milliarden Euro nötig seien. Davon sei bislang lediglich die Hälfte finanziert.

Die Sozialdemokratin fügte hinzu: "Es liegt an uns allen, jetzt das Richtige zu tun, unmittelbar zu helfen und gleichzeitig den richtigen Pfad für langfristige Veränderung einzuschlagen. Wo Menschen hungern, wird es in der Regel immer schwieriger, Probleme friedlich zu lösen."

 

Mission EineWelt: G7-Politik hat Klimaschutz und Gerechtigkeit behindert

Dienstag, 21.06. 09:00 Uhr: Das Partnerschaftswerk der bayerischen evangelischen Landeskirche, Mission EineWelt, will den anstehenden G7-Gipfel auf Schloss Elmau kritisch begleiten. Das Motto der G7-Präsidentschaft stehe zwar unter dem Motto "Fortschritt für eine gerechte Welt", sagte die Fachreferentin für Entwicklung und Politik, Gisela Voltz, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die G7-Politik der vergangenen Jahrzehnte habe aber Klimaschutz oder globale Gerechtigkeit nicht entscheidend vorangebracht, sondern eher behindert.

Länder des Globalen Südens litten immens unter dem Klimawandel, obwohl sie nicht die Verursacher seien, sagte Voltz weiter. Der Ausstieg aus fossilen Energien in den kommenden Jahren sei das A und O. Ansonsten steuere die Welt auf eine Katastrophe zu: Es würde dann immer mehr Klimaflüchtlinge und Konflikte über knappe Ressourcen wie Wasser oder Land geben. Außerdem wären über kurz oder lang immer mehr Länder vom Klimawandel betroffen - auch Deutschland. "Klimaschutz ist also eine aktive Friedenspolitik", betonte Voltz:

"Ein 'Weiter so wie bisher' ist keine Option."

Darüber hinaus hätten sich die G7 auch nicht besonders dadurch hervorgetan, weltweite Lieferketten zu hinterfragen, kritisierte Voltz weiter. Um beispielsweise Smartphones zu produzieren, die im Schnitt nur wenige Jahre genutzt werden, brauche es viele Metalle, die etwa in der Demokratischen Republik Kongo, in Chile oder in Indonesien abgebaut werden müssen. Dies geschehe immer noch unter menschenunwürdigen Bedingungen. Der Abstand zwischen Arm und Reich weltweit sei jedenfalls in den vergangenen Jahrzehnten immer größer geworden.

Auch mit Blick auf die globale Gesundheit herrsche Nachholbedarf, sagte Voltz. Dies sei vor allem während der Corona-Pandemie deutlich geworden, als die G7-Staaten den knappen Impfstoff erst für sich gebunkert und überschüssige Dosen dann "öffentlichkeitswirksam" an Entwicklungsländer gespendet hätten. Sie erhoffe sich vom G7-Gipfel Vereinbarungen für Klimaschutz, Menschenrechte und globale Gerechtigkeit, die auch wirklich eingehalten werden, sagte Voltz.

Es brauche eine sozial-ökologische Zeitenwende. Jetzt gebe es noch ein Zeitfenster für Handlungsspielraum.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, organisiert Mission EineWelt mit weiteren Organisationen am Freitag (24. Juni) - also kurz vor Beginn des G7-Gipfels am 26. Juni - einen Alternativgipfel in München. Dabei gehe es um eine gerechte Wirtschafts- und Finanzpolitik, die Forderung nach einem Schuldenerlass für Entwicklungsländer, nachhaltige Wirtschaftsmodelle und Klimaschutz. Dazu gebe es auch Referentinnen und Referenten aus dem Globalen Süden. Zudem unterstützt das Partnerschaftszentrum die für Samstag (25. Juni) geplante Großdemo in München zum Start des dreitägigen G7-Gipfels.

 

Klimakrise, Hunger, Armut: Bündnis fordert G7 zum Handeln auf

Montag, 20.06. 13:00 Uhr: Die Klimakrise und das Artensterben stoppen und konsequent gegen Hunger, Armut und Ungleichheit in der Welt aktiv werden: Das ist die Forderung eines Bündnisses aus mehr als 15 zivilgesellschaftlichen Organisationen vor dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Außerdem müsse als Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle beendet werden.

Für ihre Forderungen wollen die Bündnispartner am 25. Juni in München auf die Straße gehen.

Zu der Großdemonstration am Vortag des G7-Gipfels, der am 26. Juni auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen startet, erwarten sie Tausende Teilnehmer. Sven Hilbig von der evangelischen Hilfsorganisation "Brot für die Welt" sagte, die G7 trügen Mitverantwortung für viele aktuelle Krisen und die fortschreitende Ausbeutung des Globalen Südens. Es brauche eine gerechte Entwicklungspolitik.

Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, sagte, dass die G7-Staaten als Verursacher der Klimakrise das Ende der Ära der Fossilen einläuten und den Energieverbrauch drastisch senken müssten. Christine Margraf, Artenschutzexpertin beim Bund Naturschutz in Bayern, forderte ein weltweit verbindliches Abkommen zum Erhalt der biologischen Vielfalt noch in diesem Jahr.

Neben der Erderhitzung sei das Artensterben die größte globale Krise des Planeten.

Tobias Hauschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland, sprach von einer "schreienden Ungerechtigkeit": "Während weltweit Ungleichheit und Armut zunehmen, die Klimakrise Existenzgrundlagen vernichtet und Millionen Hunger leiden, planen einige Milliardäre die nächste Reise ins All." Dies dürfe nicht länger hingenommen werden. Die G7 müssten Reiche mehr besteuern, um Armut und Hunger zu bekämpfen. Mitglieder des G7-Demo-Bündnisses sind mehrere nationale wie internationale Umweltschutz- und Hilfsorganisationen.

Das sind die Themen des G7-Gipfels auf Schloss Elmau 2022

ERNÄHRUNG: Die Bundesregierung befürchtet die schwerste Hungersnot seit dem Zweiten Weltkrieg. Ein Bündnis für globale Ernährungssicherheit soll die Verteilung von Grundnahrungsmitteln in Angriff nehmen, um Katastrophen zu vermeiden. Deutschland hofft, dass möglichst viele Staaten an den Bemühungen teilnehmen. Neben der Koordinierung von Hilfslieferungen geht es auch darum, in Silos gelagerte ukrainische Agrarexporte aus dem Kriegsland hinauszubringen. Die Ukraine gehört zu den wichtigsten Getreideexporteuren. Laut Bundesagrarministeriums hat das Land vor dem Krieg monatlich fünf Millionen Tonnen Getreide exportiert. Nach Beginn der russischen Großoffensive seien es im März nur noch 350.000 Tonnen gewesen. Im Mai sei es gelungen, über die Donau sowie über die Schiene immerhin wieder 1,7 Millionen Tonnen auszuführen.

KLIMA: Deutschland setzt auf die Bildung eines Klima-Clubs freiwilliger Staaten, um beim Klimaschutz voranzugehen. Auch hierbei sollen möglichst viele Länder mitmachen. Klimaneutralität soll mit gemeinsamen Maßnahmen erreicht werden: mit der Bepreisung des CO2-Ausstoßes, einer gemeinsamen Dekarbonisierung der Industrie sowie mit Energiewende-Partnerschaften mit ärmeren Ländern (Just Energy Transition Partnerships), deren Mitarbeit wichtig ist, um die Pariser Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Genau beobachtet wird indes, welche Zusagen die G7-Staaten in Bezug auf Klimahilfen für arme Länder machen. Die Idee dahinter ist, dass die Industrieländer als Verursacher des Klimawandels den ärmeren Staaten, die meist auch besonders stark unter den Folgen der Erderwärmung leiden, finanziell zur Seite zu stehen.

GESUNDHEIT: Hier geht es um den weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie sowie mit künftigen Pandemien. Die Bundesregierung setzt sich für eine bessere internationale Gesundheitsarchitektur ein. Deutschland tut dies nicht nur im G7-Rahmen. Schon in Bezug auf die sogenannten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen für eine gerechtere Welt bis 2030 hat die Bundesregierung die Zuständigkeit für den Bereich Gesundheit gemeinsam mit Ghana und Norwegen übernommen.

DEMOKRATIE: Die G7-Staaten wollen ein Signal der Geschlossenheit und Entschlossenheit senden und für die Zusammenarbeit der Demokratien weltweit werben. In einer Erklärung soll die Wehrhaftigkeit von Demokratie hervorgehoben werden sowie gemeinsame Werte wie Rechtstaatlichkeit und Achtung von Menschenrechten.

GASTLÄNDER: Eingeladen sind Argentinien, Indonesien, Südafrika und der Senegal. Sie nehmen unter anderem an den Beratungen zu Ernährungssicherheit und Klimawandel teil. Indonesien hat den Vorsitz der G20-Industrie- und Schwellenländer inne, der Senegal den Vorsitz der Afrikanischen Union und Argentinien den der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC).

UKRAINE: Der Umgang mit dem Krieg in der Ukraine gehört zu den vorrangigen Themen des Gipfels - beraten wird über die Russland-Sanktionen, die Heranführung der Ukraine an die Europäische Union, mittel- und langfristige Perspektiven sowie Aufbauhilfe. Scholz hat das Kriegsland am vergangenen Donnerstag besucht und sich für eine EU-Beitrittskandidatur der Ukraine ausgesprochen. Beim G7-Gipfel soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschalte sprechen.

GESCHICHTE DES GIPFELS: Der G7-Gipfel vom 26. bis 28. Juni ist bereits der zweite auf Schloss Elmau in Oberbayern. Insgesamt war die Bundesrepublik bislang sechs Mal Gastgeber der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen: 1978 und 1985 in Bonn, 1992 in München, 1999 in Köln, 2007 in Heiligendamm und 2015 in Elmau. 1999 und 2007 war die Runde um den russischen Präsidenten zum G8-Gipfel erweitert.