Sie stört, die Container-Box, die fast eine gesamte Wegbreite im Park einnimmt und an der Fahrradfahrer bremsen müssen, wenn sie unbeschadet vorbeikommen möchten. Die blaue Poolfolie bildet einen ebenso markanten wie ungewöhnlichen Farbtupfer im Grün und Braun der Gartenanlage im Herzen Fürths.
"Beides ist beabsichtigt", bekräftigt Petra Schleifenheimer. Ihr Reformkiosk soll anecken, genau wie dies vor 500 Jahren Martin Luther mit seinen Thesen getan hat. Das Blau als "reinste Farbe" symbolisiere den Neuanfang, der mit dem innovativen wie revolutionären Gedankengut des Reformators von Wittenberg aus seinen Siegeszug in der gesamten christlichen Welt begonnen hatte.
Kunst als Motor
Was wäre jedoch ein solcher farbenfroher Störenfried ohne Inhalt? Kunstprojekte werden im Inneren des Containers realisiert, die allesamt mit der Reformation zu tun haben, im Wesentlichen aber mit dem Menschen, der sich durch den blauen Vorhang in die Box traut, selbst.
Noch bis zum 23. April ist die Installation "HandArbeit" zu sehen, der Besucher kann selbst das Bild mitgestalten. Dazu erhält er einen weißen Handschuh, in dem ein Phosphorstab steckt. Den Handschuh gilt es nun dort zu platzieren, wo es einem am besten gefällt. Mancher legt ihn in den Kubus, der zentral platziert ist und dessen offene Seite zur Auferstehungskirche gerichtet ist. Andere platzieren ihn an den Seiten im Molton, oder auf dem Boden.
So zeigen unter phosphoreszierendem Licht schon rund 200 Hände in unterschiedliche Richtungen. Eine Parabel darauf, dass der Mensch sich in einer nach allen Richtungen offenen Welt spontan für seinen Weg entscheidet? "Eine gute Interpretation", sagt Petra Schleifenheimer.
"Der Männer Lust und Freude sein"
Allerdings überlässt sie die Deutung jedem selbst. Die über Lautsprecher eingespielten Interviews mit Menschen, die über ihren Glauben und den Stellenwert Luthers plaudern, vervollständigen das Bild der ewigen Sinn- und Richtungssuche, der ständigen Auseinandersetzung mit dem eigenen Weg.
So hat sich der Reformator sicherlich auch gefühlt, der sich und sein Streben immer wieder hinterfragt hat. Sein Ausspruch "man soll die gar nicht hören, die da vorgeben, dass allein Handarbeit eine Arbeit zu nennen ist" stand Pate für die Installation.
In Petra Schleifenheimer hat die Beschäftigung mit der Reformation als Gegenstand der zahlreichen Kunstprojekte, die Fürther Künstler in diesen Monaten rund um die Auferstehungskirche auf die Beine stellen, etwas ausgelöst. "Ich lese viel über Luther und komme mit den Menschen im Stadtpark ins Gespräch", verrät die Künstlerin, die als Innenarchitektin auch um die praktische Sphäre des "Reformkiosks" weiß und einige Kämpfe ausfechten musste, bis der eigens für die Aktionen gebaute Quader aufgestellt werden konnte.
Doch auch das lässt sich auf Luther übertragen. "Er ging ebenfalls steinige Pfade, musste viele Biegungen nehmen und setzte sich am Ende durch", erklärt sie. Und der Weg des Kiosks ist noch nicht zu Ende: "Der Männer Lust und Freude sein" ist der Titel der nächsten Rauminstallation mit Luther-Texten, die vom 12. Mai bis 5. Juli in der blauen Box zu sehen sein wird und inspiriert ist von Luthers Äußerungen zum Thema Frauen.
Wieder eine Auseinandersetzung, die spannend werden kann.