"Eigentlich hätten wir fünf Museen bestücken können", sagt der langjährige Vorsitzende des Markt Erlbacher Heimatvereins, Gerhard Wagner. Die Exponate, die es in die drei Ebenen des ältesten, auf dem Lande gelegenen Pfarrhauses Süddeutschlands geschafft haben, erzählen weitaus mehr als nur die Ortsgeschichte.

Für viele Paare fängt gleich im Erdgeschoss des auf das Jahr 1443 datierten Hauses das gemeinsame Leben so richtig an: Der Trausaal des Pfarrhauses wird immer noch für standesamtliche Hochzeiten gebucht, das urige Mobiliar schafft eine besondere Atmosphäre.

Gleich nebenan wird es aber ungemütlich: Allerhand Utensilien zur Zahnbehandlung wie ein fußbetriebener Bohrer oder diverse Zangen verschaffen dem Besucher in dem Raum, dessen Einrichtung größtenteils vom ehemaligen Krankenhaus der Gemeinde stammt, einen Eindruck von Medizin anno dazumal.

Aus dem ehemaligen Dekanatssitz wurde ein Museum

Wagner und sein Nachfolger Reiner Leinsle haben ebenso wie die vielen Ehrenamtlichen des über 100 Jahre alten Vereins immer ein paar lockere Sprüche auf Lager bei ihren Führungen durch das ehemalige Pfarrhaus der Marktgemeinde, die bis 1970 Dekanatssitz war. Und nicht nur Sprüche, sondern auch lehrreiche Erklärungen für Redewendungen wie "auf den Hund gekommen": Einst waren Holzkisten, in denen wertvolle Gegenstände aufbewahrt wurden, mit Hundefell ausgelegt.

"Wenn die Kiste nach und nach leerer wurde, kam man also auf den Hund", sagt Wagner in einem Schlafzimmer des frühen 19. Jahrhunderts mit einem nach modernem Geschmack viel zu schmalem Bett. Auf einer Holzdecke über dem Bett legte man seine Geldbörse ab, wenn man schlafen ging. "Auf der hohen Kante" hat man daher noch heute sein Erspartes.

Heimatmuseum im Pfarrhaus
Im Bild: Gerhard Wagner (l.), der langjährige Vorsitzende des Markt Erlbacher Heimatvereins, und sein Nachfolger Reiner Leinsle im ehemaligen Amtszimmer des Ortsgeistlichen mit jeder Menge wertvoller Dokumente.

Pfarramt in Markt Erlbach

Nachdem der Besucher die originalgetreu eingerichteten Werkstätten von Wagnern, Uhrmachern und Schustern bestaunt hat, geht es in das Herzstück des Baus, das Amtszimmer des Ortsgeistlichen. Der erste Pfarrer soll schon 1157 in Markt Erlbach gelebt haben.

Bilder gibt es von ihm keine, dafür aber von vielen anderen Pfarrern und Dekanen, denen eine aufklappbare Tafel mit Informationen gewidmet wurde. Während des 30-Jährigen Krieges lebte hier ein Pfarrer, der mit seiner Frau 23 Kinder im Pfarrhaus aufzog. Hundert Jahre später kam der Theologe Samuel Wilhelm Oetter her, der zu Lebzeiten ein anerkannter Wissenschaftler war.

Heimatverein erwirbt Pfarrhaus

Nachdem Pfarrer Gottfried Probst 1964 auszog, wollte kein Nachfolger mehr in das mittlerweile stark sanierungsbedürftige Haus einziehen. Es wurde ab 1970/71 in die Hände des Heimatvereins übergeben. Der erwarb im Jahr 2000 das Gebäude mit seinem Fachwerkobergeschoss und -giebel, das mit Kirche und Torhaus ein prägendes Ensemble am Ortseingang bildet, und renovierte es.

Die Sanierung war notwendig geworden, nachdem im Bereich des Dachstuhls gravierende Schäden festgestellt worden waren. Außerdem entsprach die brandschutztechnische Ausstattung nicht mehr den aktuellen Vorschriften.

Dabei brachten die Vereinsmitglieder auch eine enorme Eigenleistung von mehr als 5.000 Stunden ein. Die Kosten wurden mit Hilfe der Marktgemeinde gestemmt. Kürzlich erhielt der Heimatverein vom Bezirk Mittelfranken einen Preis für den gelungenen denkmalpflegerischen Umbau des Hauses.

Treffpunkt in Bad Erlbach

Gerhard Wagner rechnet 1,3 Millionen Euro vor, von denen man gut 900.000 Euro mit staatlichen und gemeindlichen Zuschüssen decken konnte und die auch in ein Museumskonzept investiert wurden. Fast 195.000 Euro steckte der Verein selbst ins Haus. Im Obergeschoss mit seinem beeindruckenden Dachstuhl finden immer wieder kleinere Veranstaltungen wie Vorträge statt.

Hier findet man aber auch die "Promis", des gut 5.000-Einwohner großen Ortes Markt Erlbach. Darunter sind der Kirchenliedkomponist und Reformator Caspar Löhner, der Architekt Georg Eberlein, der die St. Markus-Kirche in München gebaut hat, der Maler Johann Lorenz Kreul oder der Musiker und Konservatoriums-Gründer Jakob Trapp.