Auswirkungen von El Niño

Alle paar Jahre sorgt das Wetterphänomen mit dem niedlichen Namen El Niño (das Kind) für Extremwetter mit gravierenden Konsequenzen für ganze Weltregionen. Auch jetzt ist der Pazifische Ozean wärmer als normal und wird es laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) voraussichtlich bis Ende des Jahres bleiben. Welche genauen Folgen bis dahin zu erwarten sind, lässt sich kaum voraussagen.

"El Niño beeinflusst die globalen Temperaturen und damit steigt die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse und auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit hoher Intensität auftreten", sagt Samantha Burgess, stellvertretende Direktorin des europäischen Klimawandeldienstes Copernicus (C3S).

Doch wo, wann und wie stark Folgen wie Überflutungen in einigen Weltregionen oder Dürre und Hitze in anderen auftreten, sei schwer zu sagen.
Sicher ist aber, dass das Phänomen, dessen Namen wegen des oftmals um die Weihnachtszeit registrieren Höhepunktes eigentlich Jesuskind meint, immer gefährlicher wird. Der Grund: Die Auswirkungen kommen mit den Folgen des Klimawandels zusammen.

Das 1,5-Grad Ziel

Der Temperaturanstieg durch El Niño trifft auf die sowieso bereits etwa 1,15 Grad Celsius höheren Durchschnittstemperaturen im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Zwar sei zunächst schwierig auseinanderzuhalten, welche Extremwetterereignisse auf El Niño und welche auf den Klimawandel zurückgehen, sagt Kristina Fröhlich vom Deutschen Wetterdienst. "Wir können aber von einer gegenseitigen Verstärkung ausgehen." Samantha Burgess spezifiziert:

"Durch El Niño wird es möglich, dass wir dieses Jahr oder im kommenden Jahr die 1,5-Grad-Grenze temporär überschreiten."

Sollte die Erderwärmung langfristig über dieser Grenze liegen, ändern sich laut Forschung die Bedingungen auf der Erde gravierend. Nicht alle Weltregionen spüren die Auswirkungen von El Niño gleichermaßen.

"Am stärksten betroffen sind die Tropen", erläutert der Direktor für Klimadienstleistungen bei der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), Chris Hewitt.

Laut der WHO ist das Risiko für Trockenheit und Dürre in Zentralamerika und dem nördlichen Südamerika besonders groß. In Teilen von Südostasien besteht außerdem ein hohes Risiko für überdurchschnittlich hohe Temperaturen. Gleichzeitig identifiziert die WHO für Sri Lanka, die Pazifischen Inseln und einige afrikanische Staaten ein hohes Risiko für verstärkte Regenfälle und Überflutungen.

Folgen für die Gesundheit

Fast sicher wird El Niño nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation aufgrund von Dürren und Ernteausfällen zu Hunger und Mangelernährung führen. Laut einer Studie des Magazins "Nature Communications" kann ein El-Niño-Zyklus Hunger bei zusätzlich sechs Millionen Kinder verursachen. Sehr wahrscheinlich ist demnach zudem eine Zunahme von Cholera und anderen Magen-Darm-Erkrankungen wegen Überflutungen.

Da sich Mücken bei hohen Temperaturen und im Umfeld stehender Gewässer besonders gut vermehren, steigt wahrscheinlich auch die Zahl der durch Moskitos übertragenen Erkrankungen wie Malaria, Dengue, Zika und Chikungunya. Auch vor eher indirekten Folgen wie mehr geschlechterspezifische Gewalt und psychologische Probleme warnt die WHO.

Maßnahmen zur Prävention

Möglicherweise betroffene Länder sollten sich schon jetzt vorbereiten, raten die Expertinnen und Experten. Sie könnten etwa den Wasserhaushalt in der Landwirtschaft anpassen oder Lebensmittelvorräte anlegen, sagt Kristina Fröhlich, die beim Deutschen Wetterdienst für saisonale Klimavorhersagen verantwortlich ist.

Auch Impfkampagnen gegen die von Mücken übertragbaren Krankheiten sind den Forscherinnen und Forschern zufolge denkbar.
Walther Beathgen, Klimawissenschaftler an der Columbia University, betont auch die finanzielle Seite der Prävention: Länder sollten in Notfallfonds investieren und unter Umständen mögliche Risiken durch Versicherungen absichern.

Denn Wissenschaftler schätzen in der Zeitschrift "Science", dass die Weltwirtschaft durch die Folgen von El Niño bis zu drei Billionen US-Dollar einbüßen könnte.

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