Bürger-Aktiengesellschaften sind nach Ansicht von Volkswirt Matthias Lohneis eine Lösung, damit Landwirte und Verbraucher regional nachhaltig produzieren und kaufen. Lohneis ist in Teilzeit der erste Angestellte der sonst ehrenamtlich arbeitenden RegionalWert Aktiengesellschaft Franken.

In einem Gespräch mit dem Sonntagsblatt sagte er, die Idee der Aktiengesellschaft sei, "die ökonomische Denkweise zu ändern".

Aktionäre kaufen Aktien der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft. Die unterstütze Landwirte oder Molkereien und Gaststätten in der Region, die strenge sozial-ökologische Richtlinien einhalten oder von der konventionellen zur Bio-Landwirtschaft umsteigen möchten.

Unterschied zwischen Bio und konventionell wird überflüssig

"Wir können damit auch die Abspaltung zwischen konventioneller und Bio-Landwirtschaft überwinden", ist Lohneis überzeugt. Wenn Landwirte für ihre gesellschaftsrelevanten Leistungen in sozial-ökologischer Hinsicht honoriert werden würden, wäre auf kurz oder lang eine Differenzierung zwischen konventionell und Bio überflüssig.

Landwirte wollten von großen Handelsriesen unabhängig sein und Verbraucherinnen und Verbraucher wollten auf dem Teller qualitätsvolle Lebensmittel haben, die nachhaltig und in der Region angebaut werden, beschreibt Lohneis die Lage.

"Alle wissen, dass da etwas getan werden muss, aber die Methode ist nicht klar."

Die Aktionäre der RegionalWert Franken wirkten mit ihrem Kapitaleinsatz am Ziel mit, "regionale Ernährungssouveränität" herzustellen und die zukünftige Landwirtschaft "im Wertschöpfungsraum" zu gestalten. Die Aktiengesellschaft könnte etwa einem jungen Landwirte-Paar Eigenkapital geben, damit es sich bei einer Bank weiteres Kapital holen kann.

Oder sie unterstützt einen Landwirt dabei, neues Land zu pachten, damit ein Acker nicht einem Bauinvestor in die Hände fällt. Die mitwirkenden Landwirte verzichten auf chemische oder synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Sie haben weniger Tiere pro Hektar Betriebsfläche als konventionell arbeitende Betriebe, erklärt Lohneis.

Nachfragen in Höhe von 400.000 Euro 

Eine finanzielle Rendite kann der Aktionär zunächst nicht in sein Portemonnaie schieben, aber "die nicht finanzielle Rendite besteht aus dem sozial-ökologischen Anteil und der regionalen Komponente", sagt der Volkswirt. Ökonomen hätten inzwischen Methoden, gut abzubilden, was es wert ist, wenn der Boden nicht erodiert, faire Löhne gezahlt werden, das Essen unbelastet ist oder Handelsketten verkürzt werden.

Bisher hat die RegionalWert 100.000 Euro in die Unterstützung der regionalen Land- und Ernährungswirtschaft in Oberfranken investiert, berichtet Lohneis. Man habe aber Nachfragen von Landwirten in Höhe von 400.000 Euro vorliegen.

Anfang des Jahres erweiterte die Aktiengesellschaft ihren Wirkungsraum von Oberfranken auf Unter- und Mittelfranken und gibt 1.600 neue Aktien im Wert von 600 Euro pro Anteil aus. Mit dem Schritt wolle man unter anderem die potenziellen Geldgeber in der Metropole Nürnberg und zugleich die Nahrungsmittelproduzenten im Knoblauchsland ins Netzwerk holen, erklärt Lohneis. Er ist sich sicher, dass die Aktiengesellschaft dabei hilft, eine Art Gesellschaftsvertrag zwischen Stadt- und Landbevölkerung aufzubauen.

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