Mit wachsender Sorge blicke ich auf Europa, das sich in einem politischen Umbruch befindet. Ein Rechtsruck greift um sich, rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien gewinnen immer mehr Anhänger. In Frankreich hat Marine Le Pen bei den letzten Präsidentschaftswahlen Rekordergebnisse eingefahren, in Österreich steht die FPÖ vor der Regierungsübernahme und in Deutschland erreicht die AfD Umfragewerte, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren. Selbst die traditionell konservative, aber demokratische CSU scheint immer weiter nach rechts zu rücken.
Aber dieser Trend ist kein isoliertes Phänomen. Es ist ein europäisches, wenn nicht globales Symptom einer Gesellschaft im Wandel.
Vom Tabu zum politischen Alltag
Noch vor wenigen Jahren galten rechte Parteien wie die NPD oder die Republikaner als gesellschaftlich geächtet. Wer sie wählte, tat dies heimlich, oft aus Protest. Heute dagegen: kein Problem! Manche bewundern den Rechtsextremisten Björn Höcke offen und stolz - in sozialen Medien oder am Stammtisch. Der Wandel rechtsextremen Gedankenguts vom gesellschaftlichen Tabu zum politischen Alltag ist eine der bedrohlichsten Entwicklungen unserer Zeit.
Das eigentliche Problem? Nicht nur die Existenz dieser Parteien, sondern die schleichende Verschiebung des gesamten Diskurses. Was früher als radikal galt, ist heute salonfähig. Begriffe wie "Remigration", "Umvolkung" oder "Grenzen dicht" klingen plötzlich nach normaler Politik. Die Grenzen des Sagbaren verschieben sich – und damit auch die Akzeptanz ideologischer Extreme.
Woher kommt der Rechtsruck?
Die Gründe sind vielfältig: Wirtschaftliche Unsicherheit, wachsende soziale Ungleichheit und Misstrauen gegenüber der EU und der Globalisierung bieten einen fruchtbaren Boden für vermeintlich klare Forderungen und Feindbilder. Migration und der gefühlte Verlust kultureller Identität werden von rechten Parteien gezielt als Angstthemen aufgebauscht - oft mit Begriffen wie "No-Go-Areas", die mehr Mythos als Realität sind.
Soziale Medien spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Algorithmen fördern extreme Meinungen, Menschen radikalisieren sich in Echokammern. Der Diskurs wird härter, die Fronten verhärten sich, die demokratische Streitkultur bleibt auf der Strecke.
Versagen der etablierten Parteien
Daran sind auch die etablierten Parteien nicht unschuldig. Statt klare Kante zu zeigen, reagieren viele mit Angst oder Anpassung. Vor allem die CSU hat versucht, AfD-Wähler mit schärferer Rhetorik zurückzugewinnen - ein riskantes Spiel. Die Geschichte lehrt: Populisten lassen sich nicht durch Imitation, sondern nur durch klare Abgrenzung besiegen.
Demokratische Parteien müssen mutiger werden und die Werte von Freiheit und Gleichheit verteidigen. Das heißt: Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit entgegentreten - in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Politik.
Bildung ist ein zentraler Hebel. Viele Menschen wenden sich rechten Parteien zu, weil sie sich abgehängt oder nicht gehört fühlen. Politische Bildung, Medienkompetenz und die gezielte Förderung einkommensschwacher Schichten sind entscheidend, um Alternativen zu bieten. Nur so kann der Einfluss rechtsextremer Kräfte eingedämmt werden.
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit
Der Rechtsruck in Europa ist mehr als eine Herausforderung - er ist eine echte Gefahr. Rechte Parteien greifen Grundwerte wie Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Rechtsstaatlichkeit an. Sie spalten die Gesellschaft und säen Angst und Hass.
Wir müssen uns bewusst sein, wie zerbrechlich die Demokratie ist. Europa darf kein Kontinent der Ausgrenzung werden, sondern muss Vielfalt, Solidarität und Freiheit bewahren.
Der Rechtsruck muss uns wachrütteln. Es ist an der Zeit, unsere demokratischen Werte zu verteidigen - mit Mut und Entschlossenheit. Angst darf nicht zum Motor unserer Gesellschaft werden. Denn die Demokratie ist es wert, dass wir für sie kämpfen.
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Diese Diagnose ist sichtbar…
Diese Diagnose ist sichtbar ungenügend. Europa ist wohl schon seit 2001 von Angst getrieben. Der beklagte Zustand den es zu verhindern gälte ist längst eingetreten. Abgrenzung und Misstrauen sind längst Realität und die Erzählung von der Bundheit ist ausgenudelt und begeistert gerade niemand mehr. Statt immer gleicher Beschwörungsformeln und Parolen, sollte vielleicht einmal neu geschaut und neu gedacht werden und vor allem sollte man die Erzählung von den Angehängten begraben. Es sind keineswegs die Habenichtse, die rechten Erzählungen auf den Leim gehen. Es sind die Besitzenden, die den Sozialdarwinismus wiederbeleben und "haltet den Dieb" rufen, während sie auf Kosten anderer oder der Zukunft ihre Kröten zusammen glauben und Feindbilder generieren. Das sitzt in den eigenen Reihen und auch auf mancher Kirchenbank. Bezeichnend auch wie hier die Verantwortung auf Parteien ausgelagert wird. Wer sind denn die Menschen in Parteien - wenn nicht wir? Das Land leider nicht an seinen Parteien sondern seinen Bürgern, die Politik als Show verstehen und seinen Medienvertretern, die sie auch so inszenieren. Nicht als Gestaltung und Entwicklung sondern als Wrestlingmatch mit anschließendem Besäufnis. Als Phrasendreschmaschine, wo Buzzwords Moral ersetzt. Wie wäre es einmal Phrasen zu fasten: Hass, Rechts, Links, bunt, Vielfalt, nie wieder, Offenheit, Gerechtigkeit, Weiss, Schwarz, Heimat, Nation, Leugner, Aufwachen, alternativlos, Krise... kaum ein politischer Beitrag kommt noch ohne aus. Wie wäre es einmal mit Vorbereitung, Kompromiss, Möglichkeit, andere Sicht, Interessen, Universalismus, Kompetenz?
Unsere Gesellschaft hat sich…
Unsere Gesellschaft hat sich zu einer Ellenbogengesellschaft entwickelt, zu einer Gesellschaft, die auf Stärke setzt. Die Natur, die Evolution, macht es uns vor. Die IG Metall ist ein gutes Beispiel: Warum müssen Arbeitnehmer in der Pflege deutlich länger zu deutlich geringeren Löhnen als in der Industrie arbeiten? Weil die IG Metall sehr stark ist.
Der Geldsack ist in Berlin, den Ländern, Bezirken, Landkreisen und Komunen leer. Die Probleme kommen erst noch. Man sieht erste Auswirkungen in der Automobilindustrie. Die hohen Löhne, auch der Vorstände, und die geringe Arbeitszeit machen deutsche Autos trotz sehr hoher Effizienz in der Fertigung zunehmend auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurenzfähig. Und das trotz hoher Subventionen. Unseren Lebensstandart werden wir bei immer weniger Arbeitszeit nicht halten können. Die Landwirt müssen sich auch dem Weltmarkt stellen, der ja überhaupt nicht gerecht ist! Und gleichzeitig stellen wir die Landwirtschaft als Umweltproblem hin. Und gleichzeitig subventionieren wir jährlich mit 7 Mrd Euro das Flugbenzin, das Verkehrsmittel mit dem höchsten CO2 Ausstoß pro Passagierkilometer. Und das mit Hilfe einer Umweltpartei.
Unsere Politik ist uralt, mindestens 2000 Jahre: Cäsar sagte einmal: Brot und Spiele. Essen muss billig sein, und die Massen müssen unterhalten und abgelenkt werden. Und man braucht einen Schuldigen.
Hitler hat dies auf die Spitze getrieben.
Deswegen ist das, was Teile unserer Gesellschaft, unserer Politik, im Moment veranstalten, ein sehr gefährliches Spiel. Auch wir als Kirche, oder Gläubige, müssen sehr genau hinschauen, was tatsächlich hinter den Kulissen abgeht. Wir müssen analysieren, warum AfD und BSW gewählt werden. Was ist in unserer Gesellschaft in Schieflage geraten, ins Ungleichgewicht, ins Ungerechte. Und danach handeln.
Das stimmt nicht ganz…
Das stimmt nicht ganz. Tatsächlich liegt der Spritverbrauch beim Flieger bei guter Auslastung im Bereich 3-4l/100km. Da kommt kaum ein Verbrennerauto mit. Das Problem ist, dass Flugreisen meist weiter sind als solche am Landweg und dass die Abgase in einen sensibleren Bereich der Atmosphäre gelangen. Gerne wird dann über die Pauschalflieger nach Malle gelästert. Dabei schneiden die im Vergleich zur Motorradreise um die Welt gar nicht so schlecht ab, zumal die üblichen Nutzer oft nur einen Jahresurlaub verbringen und auch eher keinen Drittwagen in der Garage haben. Der Verkehr ist ein wichtiger Faktor, aber auch da braucht es eine differenzierte Betrachtung. Wenn in Zukunft alle an der Ostsee mit der Bahn Urlaub machen, wird nicht nur die Deutsche Bahn entgültig kollabieren, auch die Ostsee wird vor die Hunde gehen und Malle gleich mit. Denn ganz ohne Touris wird es auch dort schwer.