Laut einer neuen Studie hat der soziale Status im Verlauf der Covid-19-Pandemie eine zunehmende Bedeutung für das Infektionsgeschehen bekommen. Migrationsbedingte Faktoren hätten dagegen zu Beginn der Pandemie ein stärkeres Gewicht gehabt als in der zweiten und dritten Welle, teilte die Universität Bielefeld mit. Beide Merkmale hätten den Verlauf des Infektionsgeschehens unabhängig voneinander beeinflusst.

Corona-Ausbreitung in Deutschland analysiert

Für ihre Arbeit hatten die Bielefelder Gesundheitswissenschaftler Kayvan Bozorgmehr und Sven Rohleder demnach die Ausbreitung des Coronavirus in 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland analysiert. Sie brachten unter anderem sozioökonomische Merkmale wie Bildung, Beschäftigungsstatus und Einkommen mit den Infektionen auf kommunaler Ebene in Verbindung. Hinzu kamen Bevölkerungsdaten, Informationen zur Siedlungsstruktur und zu Impfungen.

In der ersten Welle seien Menschen in wohlhabenderen Kommunen einem größeren Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen - zum Beispiel durch Reiserückkehrer. In der zweiten und dritten Welle waren nach Erkenntnissen der Forscher hauptsächlich Menschen in benachteiligten Regionen stärker gefährdet, sich anzustecken. Dieses Risiko habe "über die Wellen hinweg" zugenommen.

Infektions-Risiko bei Ausländern zunächst höher

Ein gegenläufiges Muster habe sich bei Menschen ausländischer Staatsangehörigkeit gezeigt. In der ersten Welle sei das Infektionsrisiko in Kommunen mit höherem Ausländer-Anteil relativ hoch gewesen, erklärten die Wissenschaftler. Später sei es nicht weiter gestiegen, sondern habe sich verringert. Offenbar habe es länger gedauert, die ausländische Bevölkerung mit Informationen oder Maßnahmen zu erreichen.

Politik und Behörden sollten nach Ansicht der Forscher berücksichtigen, wie sozioökonomische Faktoren bei der Ausbreitung des Coronavirus wirken. Nur so könnten Bevölkerungsgruppen bei der Pandemiebekämpfung gezielt adressiert werden. Die am Montag im Fachjournal "Lancet eClinicalMedicine" erschienene Arbeit ist Teil der Stoppt-Covid-Studie in Kooperation der Universität Bielefeld mit dem Robert Koch-Institut.