Der Theologe Christian Schmidt war im Jahr 2011 für seine fränkischen Reimpredigten und Gedichte der "Frankenwürfel" der Bezirke Mittel-, Ober- und Unterfranken verliehen worden. Mundart und Reim hätten sich für ihn als gutes Transportmittel für das Wort Gottes erwiesen, sagte damals der Laudator, Regierungspräsident Thomas Bauer. Witzig und mit Tiefgang halte Schmidt so mancher menschlichen Eigenschaft den Spiegel des Evangeliums vor.

Wir veröffentlichen seine Fastenpredigt aus der St. Sebald Kirche in Nürnberg im fränkischen Original und in voller Länge.

Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt  (1 Kor 13,1-7.13)

So mancher denkt: Etz fällt, o Graus,
der Fasching heuer wieder aus!
Ka Gaudiwurm, ka Faschingsball,
bloß Gsundheits-Masken überall…
Doch mir deswegn ka Lätschn ziehng,
mir lassen si net unterkriegn
und laden alle, groß und klein
zu einer Faschingspredigt ein!

Die Stund tu ich euch aa verschona
fast ganz und gor - no?! - mit Corona,
weils nix zum Lachen is, bedenkt,
und am aa scho zum Hals raushängt …

Doch könnt die Seuche, ich tu‘s spüren,
uns hin zu einem Thema führen,
des grod in dieser schweren Zeit
is vo enormer Wichtigkeit.

An des wolln vor dem großen Fasten
mitnander wir heran uns tasten,
wozu ich erst amol a Stück
geh in meim Lebenslauf zurück.

A junger Mensch bin i noch gwesen,
hob mords in meine Bücher glesen,
und, wie’s der Jugend halt su gfällt
viel nochdenkt über Gott und Welt;

do sogt a gscheite, alte Dame -
zur Sache tut etz nix der Name -
do sogt mer die - ich mach ka Witze -
an Satz, den fand ich einfach spitze!

Der is, obwohl im Reim net geschriebn,
in meim Gedächtnis hänga bliebn,
weil ihr etz grochen hobt den Broten,
will ich den Satz euch aa verroten:

"Hauptsache ist, dass die Hauptsache
die Hauptsache bleibt!"
Sogt ihr net aa: der Satz is toll
und werkli äußerst eindrucksvoll?!

Noja? Ich hob a bissla braucht,
dann hob i gmerkt: der Satz, der taugt
bloß dann wos, wenn, mei lieber Chris,
ich sogn konn, wos die Hauptsach is…

Sonst is der Satz - i sog ders, Marie -
halt auf gut Fränkisch bloß - a Gschmarri.

Und dodermit simmer beim Thema:
Mir müssen uns derzu bequema
und, ja, nach der Erkenntnis strebn:
Wos is die Hauptsach wohl im Lebn,

und warum soll dann, mei o mei,
ausgrechnt des die Hauptsach sei?

Als Pfarrer hob ich oft die Leut
- und des mach i ja aa no heut,
mer is ja schließli kultiviert -
schee zum Geburtstog gratuliert,

und gsogt: Ich wünsch auf allen Wegen
vo Herzen Gottes reichen Segen
und viel Gesundheit, Freud und Kraft,
dass mer sei Sach gut weiter schafft!

Vo neunzg Prozent, ihr glaubt es nicht,
hob ich dieselbe Antwort kriegt,
sie kam fast wie aus einem Mund:
Die Hauptsach is, mir bleibn schee gsund!

Die Gsundheit, glaabt mers, Fritz u. Ruth,
is echt a ganz a hohes Gut;
doch masstns merkst dann erst, wasst,
wenns ders af aamol nimmer hast …

Und momentan, mei alter Harung,
machmer die Kollektiverfahrung,
dass ohne Gsundheit - Ihr werds wissen -
is ganz viel werkli echt be ……

Und doch sog ich etz mit Gewicht:
die letzte Hauptsach ist sie nicht!
Warum? Weil auswärts und derhamm
ghörn Glück u. Gsundheit einfach zamm!

Es is genau etz, bittesehr,
einhundertundzehn Jahre her,
dass die Titanic, wie ihr wisst,
so tragisch abgesoffen ist.

Die massten, wie heraus ich fund,
auf der Titanic, die wor’n gsund!
Doch leider hats am Glück gemangelt,
drum hat mers tot herausgeangelt.

Und die Moral von der Geschicht:
allaans die Gsundheit langt noch nicht,
und konn deswegn für groß und klaa
ebn nicht die letzte Hauptsach saa …

Des haaßt, mir müssn, meine Schlaua,
etz halt no aweng weiterschaua
und frogn, wos wohl, omeiomei,
könnt wohl die echte Hauptsach sei?

Für viele gilt ja auf der Welt:
Die Hauptsach is - no wos? - is Geld!
Wos könnt ich mir do alles leisten,
hätt ich genug - su sogn die meisten

und suhln si, wenn dann wos draus werd
im Geld wie Onkel Dagobert...
Doch mir kummt do die Frog in Sinn:
Ob die dann werkli glücklich sin?

Ich kenn Leut - net die allermeisten -,
die könna sich echt alles leisten,
doch hat für die des, wie ich weiß,
oft einen ziemlich hohen Preis:

weil die sich - des is net zum Lachen -
oft jede Menge Sorgen machen:
wie konn mei Geld ich recht verwalten
und su mein Reichtum mehrn und halten?

Scho deswegn is ihr Glück getrübt,
und oft sinds aa net soo beliebt;
und wenn dann no die Kinder sogn:
Hast immer no net voll dein Krogn?

Mir pfeifen auf des ganze Geld,
es gibt wos Schönners af der Welt;
hättst du doch lieber an uns denkt
und uns mehr Zeit und Liebe gschenkt …

Und wenn dann manchmol, wie der Wind,
die Aktien im Keller sind,
und wenn a Insolvenz macht Stress
su wie is Schwert des Damokles,

wenn plötzlich dann - so ist’s auf Erden -
die Freunde rar und rarer werden,
ist die Moral von der Geschicht:
des Geld allein, des langt noch nicht
und kann deswegn für groß und klaa
aa net die letzte Hauptsach‘ saa

Etz müssmer, ihr werdt des versteh,
glei no a Schrittla weitergeh -
dodrauf hat mi mei Lehrer bracht
in Mathe, der hat immer gsagt:

Merk der: Lern was, dann kannste was,
dann haste was, dann biste was!
Und damit hat er glehrt uns Knaben:
die Hauptsach ist - genau! - das Haben!

Hast du Erfolg, Grips, Kraft und Macht,
dann hast Du’s echt zu was gebracht,
ja, dann zieht jedermann den Hut,
o wie tut das dem Ego gut!

Doch Stop, des alles, seh ichs recht,
wär ja net eo ipso schlecht,
es kommt drauf an, sag ich mal sacht,
was das aus einem Menschen macht …

Ob er sei Leben mehr und mehr
stets definiert vom Haben her,
vom "haste was, dann biste was",
vo "Hauptsach is, ich hob mein Spaß!"

Wenn aans allaans bloß danach strebt,
am wahren Leben vorbei er lebt,
weil, wems nerbloß geht um sei Ich,
der bleibt dann halt aa nur für sich.

Oder ob ihm a Licht aufgschiena:
des, wos i hob, soll alle diena!
Und der deswegn aa teilt sei Lebn
und tut viel Gutes weitergebn …

Und die Moral aa von der Gschicht:
Das Haben ist allein es nicht…

Und so - um alles in der Welt -
sich noch amol die Frog etz stellt:
Wos is die Hauptsach - knackt die Nuss!-
die stets die Hauptsach bleiben muss?

Vielleicht denkst du dir: Pfarrer, zack,
etz lass die Katz halt ausm Sack
und sogs uns doch, bevor ich schnaube,
die Hauptsach is - ganz klor - der Glaube!

Doch do sog ich: So geht es nicht,
des wär zu schnell und aa zu schlicht,
des wär aweng so wie die Gschicht
vom Eichkätzla - kennt ihr die nicht?!

Wie amol - des passiert net immer -
aufs Fensterbrett vorm Klassenzimmer
tatsächli fast wie aus der Luft
a Eichkätzla daher kummt ghupft.

Die Kinder hatten - etz habt Acht -
grod Religion, do frogt und sagt
der Pfarrer: Kindlein, sagt es mir,
was ist da draußen für ein Tier?

Do meldt si aus der Schülermasse
a Bu, der neu is in der Klasse
herkumma grod frisch aus Berlin,
und auf den zeigt der Pfarrer hin.

Der Bu sogt: Ik würd ohne Mätzchen
mal sajen, det is een Eichkätzchen,
doch hier in Bayern muss es sein
bestimmt det liebe Jesulein …

Zurück! Was kann wohl ganz allein
Hauptsache der Hauptsachen sein?
Net Gsundheit, Ansehn, Grips und Geld
konn sein die Hauptsach auf der Welt,
und, dass ich es noch höher schraube,
net amol Religion und Glaube …

Nein, dass ich es ins Herz euch schriebe:
die wahre Hauptsach ist - die Liebe,
es steht so schon in der Thora,
und die Apostel sogn des aa.

Is des net unser Grunderfahrung,
gibt des net Leib und Seele Nahrung,
dass es das Schönste is auf Erden,
zu lieben und geliebt zu werden?

Doch wos, frogst du mit Recht sofort,
wos meint denn dieses große Wort?
Do müssmer gor net ewig frogn,
weil des lässt si ganz einfach sogn:

Wenn ich wen liebe, sage ich,
ganz dankbar und wahrhaftiglich,
dann sag ich mit und ohne Worte,
ich sags piano oder forte,
mit wenig oder vielen Falten,
dann sag ich es durch mein Verhalten:

Ich bin so froh, dass du bist da!
dass es dich gibt, ist wunderba - r!

Net, weil ich wos, laut oder still,
bezwecken oder haben will,
net, weil ich wild nach etwas giere:
die Liebe, die sucht nicht das Ihre.

Es geht um dich, ganz einfach so,
weil ich so dankbar, glücklich, froh.

Nun hat Johannes ja scho gschrieben:
Nur wer geliebt ist, kann aa lieben.
Und so heran die Frage rollt:
Bin ich gewünscht, geliebt, gewollt?

Was sagt uns Menschen Jesus da?
Er sagt eindeutig-göttlich, ja!

Er sagt: Du darfst mir echt vertrauen,
du kannst auf Gottes Liebe bauen,
die kann dir wirklich niemand rauben,
das darfst und sollst du feste glauben.

Da kommt etz - ich sog nicht zu viel -
der Glaube doch no mit ins Spiel:
Um Jesu willen derf is glaubn -
do mog der Teufel no so schnaubn,

da mogs bestimmt aa in meim Lebn
Enttäuschung, Leid und Krankheit gebn:
Ich bin geliebt, weil Gott, o Christ,
ja Liebe, nichts als Liebe ist.

In der Gewissheit kann ich nun
auch lieben und viel Gutes tun,
und dodermit bo denne starten,
die oft so sehr auf Hilfe warten,
und des tu i von Herzen gern,
glei hier und grodso in der Fern,
ja, in Barreiras und Katanga,
in Madagaskar und Sri Lanka,
in Sucre und Managua,
in Indien und Afrika,
die ich bloß exemplarisch nenne,
wobei ich noch viel weitre kenne… 

Zur Lieb‘ - aa des hob i entdeckt -
gehört - no wos wohl? - der Respekt,
dass ich den andern nehme an
wie Jesus es mit uns getan,
aa dann, wenn er - so denke ich -.
ganz andrer Meinung ist als ich.

Wie schön, dass unser Kanzler Scholz
bescheiden, ohne falschen Stolz,
des der Regierung, meine Lieben,
in ihr Programm hat neigeschrieben.

Du merkst - fallsd net längst eingedöst:
etz hobn des Rätsel mir gelöst!
Die Hauptsach, die das bleiben muss,
weil sie als wunderbares Plus
das Leben trägt und es macht aus
sogor no übern Tod hinaus,
ist - na, ihr Männer und ihr Frauen? -
dass wir der Macht der Liebe trauen.

Wenn ihr des aa so seht, ihr Damen
und Herrn, dann sogt ganz einfach: Amen!