Welche Fragen gibt es? Und gibt es dafür auch Antworten? So steht es auf der Startseite von #gefreesglaubt. Eine Initiative, die herauszufinden versucht, was die Menschen in Gefrees über die Instution Kirche denken. Initiator ist Micha Karmann. Der 60-jährige wohnt noch nicht lange in Oberfranken.

Jahrelang war sein Lebensmittelpunkt München, er selbst beruflich als Artdirector für große Unternehmen aktiv. Jahrelang Trubel, Stress und eine Stadt, die eigentlich nie schläft. Auf der Suche nach Ruhe sind seine Frau und er auf das kleine Dorf Streitau bei Gefrees gekommen. 280 Einwohner, also genau das Gegenteil zur Millionenstadt München. "Wir sind hier irgendwie das ganze Jahr im Urlaubsmodus", erzählt Karmann lachend.

Von der Großstadt aufs Dorf

Im Januar 2021 sind sie in ihr kleines Häuschen in Streitau gezogen und renovieren es seitdem. Aber sie fühlen sich "sauwohl" und bereuen es keine Sekunde, den Schritt gewagt zu haben. Karmann kann via Homeoffice seine Aufträge abarbeiten, seine Frau ist Musiklehrerin. Michael Karmann ist ein Macher und musste sich zuerst mit der oberfränkischen Mentalität anfreunden.

"Der Oberfranke an sich redet nicht viel und lässt alles gerne mal ein bisschen schleifen."

Das meint Karmann gar nicht böse, aber genau an der Stelle kommt sein Macher-Gen ins Spiel. "Ich habe gesehen, dass es hier einiges zu machen gibt und ein großes Potenzial da ist." Zuerst hat er ein Portal im Netz aufgebaut, wir-in-gefrees.de, da konnte sich jeder aus Gefrees anmelden. Aber da der Oberfranke neben reden auch nicht so gerne schreibt, ist daraus jetzt ein größeres Onlinemagazin geworden.

Außenkommunikation der Kirche eingeschlafen

Karmann stellt auf den Seiten Firmen vor, es gibt eine Jobbörse, und er dreht kleine Videos über Gefreeser Bürger. Stolz erzählt er, dass über 60000 Nutzer die Videos angeschaut haben. Die Seite selbst weist schon über 100000 Besucher auf. Was dem Neu-Streitauer aber auch am Herzen liegt, ist die Kirchengemeinde in Gefrees. Er selbst ist kein Kirchenmitglied, findet es aber beeindruckend, was die Kirche alles auf die Beine stellt, "aber irgendwie bekommt es keiner mit". Die Außenkommunikation der Kirche erscheint Karmann ziemlich eingeschlafen.

"Klar, es gibt ein einheitliches Farbschema, und es erscheinen regelmäßig Gemeindebriefe; aber das war es auch schon."

Mit dem Gefreeser Pfarrer Andreas Gebelein suchte er das Gespräch und fand schnell heraus, dass es einfach auch an Ehrenamtlichen mangelt. "Da habe ich mir kurzerhand eine Kampagne ausgedacht": "Kirche ist..." Dieses Motto wurde auf große Plakate gedruckt und in allen möglichen öffentlichen Räumen ausgehängt. Von der Kirche über Vereinsheime bis hin zu Geschäften hängen die Plakate.

Die eigene Meinung ist wichtig

Die Betrachter sollen auf die Plakate schreiben, wie sie die Kirche sehen, was für sie Kirche ist. Die Antworten sind komplett ungefiltert. Jeder darf schreiben, was er möchte, und so erstrecken sich die Antworten von "Die Kirche ist meine Heimat" bis hin zu "Die Kirche ist doof und braucht kein Mensch". Bei den Menschen in Gefrees kommt die Aktion gut an.

"Man kann mir persönlich Fotos der Plakate per WhatsApp schicken, und ich stelle die dann auf die Website."

Viele Bilder wurden schon geschickt, selbst geklaut wurden schon einige Plakate... "Das finde ich super, wenn mir jemand schreibt, ich habe das Plakat geklaut, weil es mir gefällt." Karmann lacht – aber vor allem möchte er mit der Aktion erreichen, dass es wieder ein Bewusstsein gibt für die Inhalte der Kirche.

"Gerade in der jetzigen Zeit mit Krieg, Corona und Heizkostenexplosion denke ich, ist es wichtig, seine Gedanken auch mal loszuwerden und selbst mitzubekommen: Hey, da ist ja jemand, der mir zuhört."

Am Ende steht natürlich auch eine Analyse an.

Wo steht die Kirche?

Karmann erhofft sich davon ein ziemlich gutes Bild über das Standing der Kirche und Erkenntnisse darüber, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss. "Ich habe noch viele Ideen, die ich umsetzen möchte, aber jetzt schauen wir erst mal, in welche Richtung wir gehen müssen, um die Menschen zu erreichen." Karmann ist voller Tatendrang, auch weil er sich als Nicht-Kirchengänger einen Sonntagsgottesdienst in Gefrees angehört hat.

"Das hat mich abgeholt, der Pfarrer hat es echt geschafft, dass ich Sonntagfrüh aufgestanden und in die Kirche bin."

Und das will Karmann jetzt auch bei anderen schaffen.