Den Beinamen "fränkisches Rom" trägt Bamberg vor allem aus zwei Gründen: Wie das große italienische Vorbild wurde die Stadt auf sieben Hügeln erbaut, und als Sitz eines von sieben Erzbistümern nimmt sie für die römisch-katholische Kirche eine herausragende Stellung in Deutschland ein. Erst 2012 wurde dort das 1.000-jährige Bestehen des Kaiserdoms gefeiert; jetzt begeht die St.-Stephans-Kirche ebenfalls ein Jahrtausendjubiläum – unter lutherischer "Flagge".

In wenigen Städten sind die Traditionen der beiden großen christlichen Konfessionen auf so kuriose Weise miteinander verwoben wie in Bamberg. Der Vorgängerbau der heutigen evangelischen Dekanatskirche war ein Unikum im christlichen Abendland – nämlich das einzige Gotteshaus auf deutschem Boden, das von einem Papst geweiht wurde.

Errichtung des Bistums 1007

Zu verdanken ist dieses Privileg einer besonderen Beziehung zwischen kirchlicher und weltlicher Herrschaft. Seit 1002 amtierte Heinrich II. als ostfränkischer König, in dessen Machtstruktur die römische Kirche eine große Rolle spielte – auch in einer Allianz gegen Bedrohungen durch das Byzantinische Reich. Mit der Errichtung des Bistums 1007 und dem Dom als Symbol der "Reichskirche" schuf er sich dafür in Bamberg auch eine Art geistlicher Repräsentanz.

Papst Benedikt VIII., der Heinrich im Jahr 1014 zum deutschen Kaiser gekrönt hatte, erteilte am Osterfest 1020 dem jungen Bistum seinen Segen. Am selben Tag vollzog er in Anwesenheit des Kaisers und dessen Gemahlin Kunigunde die Weihe der neuen Kirche des Kollegiatstifts St. Stephan. Darstellungen des Herrscherpaars hielten die Erinnerung daran aufrecht: Heinrich trägt eine Miniatur des viertürmigen Bamberger Doms in der Hand, Kunigunde eine kleine Stephanskirche.

Statue der Kaiserin Kunigunde im Chorraum von St. Stephan
Patronin und Heilige: Statue der Kaiserin Kunigunde im Chorraum von St. Stephan. In der Hand hält sie das Modell der Kirche.

Die ursprüngliche Kirche auf dem Stephansberg gibt es nicht mehr. Am romanischen Kirchturm, dem ältesten erhaltenen Teil des Bauwerks, entstand im 17. Jahrhundert zuerst ein neuer Chorraum. Langhaus und Seitenflügel auf dem kreuzförmigen Grundriss wurden nach Plänen von Antonio Petrini vollendet: Er gilt als der führende Baumeister des Barock in Franken in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zu dessen Werken unter anderem das fürstbischöfliche Sommerschloss Seehof bei Bamberg und die monumentale Hauger Stiftskirche in Würzburg zählen. Einen ähnlichen Kuppelbau wie im Stift Haug hatte Petrini auch für die Stephanskirche geplant – diese Idee blieb jedoch unverwirklicht. Eingeweiht wurde der Bau am 24. August 1717.

Eine Kirche wechselt die Konfession

Während der historischen Umwälzungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde auch das Stift St. Stephan säkularisiert. Und diese Zeit sorgte für einen bemerkenswerten "Lastenausgleich" in Oberfranken: Im überwiegend katholischen Bamberg und im mehrheitlich protestantischen Bayreuth erhielten die jeweiligen konfessionellen Minderheitsgemeinden je ein Sakralgebäude der anderen Kirche. Bayerns "Bürgerkönig" Maximilian I. übereignete die zwischenzeitlich leerstehende Stephanskirche der knapp 150 Seelen zählenden protestantischen Gemeinde, die damit ihr erstes eigenes Gotteshaus bekam und dort am 28. Januar 1808 den ersten Gottesdienst feierte.

Mit dem Erbe ging man danach offenbar wenig pietätvoll um, wie in den 1950er-Jahren der damalige Bamberger Dekan Otto Dietz beklagte: "Ein der lutherischen Glaubenshaltung fremder Puritanismus übernahm dieses Kleinod und hat in gelegentlicher finanzieller Bedrängnis ohne Bedenken die Kirche um wesentliche, unersetzliche Kunstschätze ärmer gemacht." Verkauft wurden laut Dietz unter anderem zehn Altäre, vier holzgeschnitzte Statuen und die Kanzel, "eine der schönsten des Bamberger Landes".

Antonio Petrinis Plan für den nicht ausgeführten Kuppelbau in der St.-Stephans-Kirche
Nach italienischem Vorbild: Antonio Petrinis Plan für den nicht ausgeführten Kuppelbau.

Geblieben ist glücklicherweise der prächtige barocke Orgelprospekt, in dem sich seit 2008 ein neues Instrument mit 3.556 Pfeifen verbirgt. Einen herausragenden Ruf hat sich die Kirchenmusik an St. Stephan erworben, die sowohl alte Meister wie zeitgenössische Werke zur Aufführung bringt. Immer wieder ist die Kirche heute ein Ort für hochkarätige Kunstausstellungen – und auch im Raum selbst treten die barocken Stuckfiguren an der Decke in einen Dialog mit sakraler Gegenwartskunst. Augenfälligstes Beispiel dafür ist die zentrale "Altarinsel" mit Altar, Taufbecken und Kanzelpult, für die der Bildhauer Jürgen Goertz imJahr 1986 eine kraftvolle Formensprache gefunden hat.

Größte evangelische Kirchengemeinde der Stadt

Inzwischen ist St. Stephan mit mehr als 6.000 Mitgliedern die größte evangelische Kirchengemeinde der Stadt und pflegt eine herzliche ökumenische Nachbarschaft mit den katholischen Mitchristen. So verstehen sich die rund siebzig Jubiläumsveranstaltungen in diesem Jahr ganz bewusst als "durch und durch ökumenisch aufgestellt", wie es Dekan Hans-Martin Lechner formuliert. Neben Gottesdiensten sind es Ausstellungen, Vorträge, Theater, Konzerte und Feste, die auch an anderen Orten der Stadt geplant sind.

Zum Fest haben die Bamberger übrigens auch Papst Franziskus eingeladen; auf den 2016 versandten Brief kam bis jetzt aber keine Antwort aus dem Vatikan.

Eine Auswahl aus dem Festprogramm

Auftakt ist ein Festgottesdienst am 19. Januar um 10 Uhr. Dabei wird auch ein eigens komponiertes und gedichtetes "Stephanslied" uraufgeführt. Die Predigt hält Regionalbischöfin Dorothea Greiner. Im Anschluss werden zwei Ausstellungen zur Bamberger Apokalypse und zum Apokalypse-Zyklus der Künstlerin Anne Olbrich eröffnet.

Der Kunigundentag zu Ehren der Kirchenpatronin von St. Stephan wird am 29. Februar in ökumenischer Verbundenheit gefeiert, ebenso ein Jugendfestival am 12. September.

Offizieller Höhepunkt ist am 5. Juli ein Festgottesdienst mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Erzbischof Ludwig Schick. Uraufgeführt wird an diesem Tag auch eine neue Kinderkantate.

Ein besonderes Schmankerl verspricht die Wiederbelebung eines mittelalterlichen Brauchs zu werden: Im Oktober wird ein Schülerbischof (oder eine Schülerbischöfin) gewählt: Die Amtszeit beginnt am 31. Oktober und endet am 5. Dezember mit einem Lichterzug zwischen Stephanskirche und Dom.

Mehr Infos unter www.1000-jahre-1000-begegnungen.de