Regensburger entwickeln Heimatgefühle beim Anblick des Doms. Wer vom Süden oder Westen aus in die Stadt fährt, erblickt sie sofort: Majestätisch ragen die Domtürme in den Himmel. Dabei stand der Dom mehr als 350 Jahre ohne sie im Zentrum der Stadt. Erst zwischen 1859 und 1869 wurden die Türme und mit ihnen die Westfassade vollendet.

Nach einem Brand im Jahr 1273, bei dem der romanische Vorgängerbau fast komplett zerstört worden war, begann im Jahr 1275 der Neubau der gotischen Kathedrale. Sie sollte ein Monument des Glaubens sein, "den Himmel auf Erden schaffen", sagt Konservatorin Maria Baumann über die Idee der Gotik. Über 250 Jahre dauerte es, bis der Baukörper fertig war. Unzählige Menschen bauten daran, ohne je die Fertigstellung zu erleben.

1525 war es dann so weit. "Aber da war die Gotik schon nicht mehr so der Hit", sagt Baumann.

Außerdem war der Protestantismus in der Stadt auf dem Vormarsch. Der Dom blieb unvollendet. Man baute die Türme bis in den dritten Stock und setze ihnen Notdächer auf.

Erst im 19. Jahrhundert erwachte ein neues Nationalgefühl: König Ludwig I. gab den Auftrag zur Regotisierung des Doms, der im Innern barock gestaltet war. Zudem wurden die Türme des Kölner Doms gerade fertiggestellt. Der Regensburger Dom sollte laut Auftrag des Königs sein "bayerisches Gegenstück" werden. Nachdem ein Gutachten des Domkapitels ergab, dass die Fundamente halten würden, wurde 1859 mit dem Bau gotischer Türme begonnen. Unter dem Motto "Zwei Türme für den König" wurde Geld gesammelt.

König Ludwig I. erlebte die Realisierung seines Prestigeobjektes nicht mehr. Im Juni 1869 wurde die Kreuzblume oben auf der Spitze der Türme geweiht. Als 1902 das König-Ludwig-Denkmal auf dem Domplatz errichtet wurde, "da bröckelten die Türme schon", sagt Baumann. Der verbaute Grünsandstein litt erheblich unter den Witterungseinflüssen. Die Sanierung begann.

Heute sind nur noch etwa 20 Prozent des Grünsandsteins vorhanden, die Domtürme wurden fast komplett durch Kalkstein und Beton ersetzt, sagt Dombauhüttenmeister Helmut Stuhlfelder.

Die erste staatliche Dombauhütte, die in der Tradition der mittelalterlichen Handwerkskunst stehe, wurde 1923 gegründet. Vor acht Wochen wurde sie nationales Unesco-Kulturerbe. 13 Mitarbeiter sind Tag für Tag mit der Wartung, Instandhaltung und der Restauration beschäftigt.

Die nächste größere Arbeit wird der Nordgiebel sein, der komplett abgebaut werden müsse, sagt Karl Stock, der Leitende Baudirektor vom Staatlichen Hochbauamt. "Der Austausch des Grünsandsteins ist fein abjustiert mit dem Denkmalamt, weil die Westfassade sonst ein komplett anderes Gesicht erhalten würde", sagt Stock. Aktuell tausche man gerade die rostigen Dübel beim Oktogon am Südturm aus. Deshalb stehe auch seit Jahren die Balustrade aus Holz am Südturm. In zwei bis vier Jahren könnte laut Stock die Restaurierung des Turms fertig sein. Die Brücke zwischen Nord- und Südturm werde man aber noch länger sehen. "Der Dom verlangt Permanentbegleitung."

Vier Monate lang soll nun das Türme-Jubiläum gefeiert werden, mit einem Pontifikalamt am 30. Juni und einer Domkirchweih auf dem Domplatz, dazu Ausstellungen in St. Ulrich (bis 29. September) und an Orten in der Stadt, von denen aus die Türme am besten zu sehen sind. Am 20. Juli erklingt Mahlers "Auferstehungssinfonie". Eine Lichtperformance (22. bis 28. September) soll zwischen den Domspitzen aufgeführt werden. Und der renommierte Konzeptkünstler Otmar Hörl zeigt den Dom in Farbe gegossen 500 Mal auf dem Neupfarrplatz (25. August bis 8. September).