Am 31. Oktober ist Reformationstag und seit einigen Jahren eben auch Halloween, wie sieht denn Ihr Familientag an diesem Tag aus?
Annegret Cramer: Grundsätzlich ist der 31. Oktober für uns kein Festtag im Jahreslauf, dem wir als Familie besondere Beachtung schenken. Der Reformationstag spielt für uns als Pfarrer natürlich eine Rolle, aber es gibt für uns keine feste Familientradition, die sich mit diesem Tag verbindet.
Es bietet sich an, dieses Datum für geeignete Gemeindeveranstaltungen zu nutzen. Das Jubiläumsjahr 2017 war da natürlich eine Ausnahme und wir haben mit den lutherischen Christen in Papua-Neuguinea das 500-jährige Reformationsjubiläum groß gefeiert.
Ihre Kinder kommen so langsam ins "Halloweenalter", wie gehen Sie damit um wenn Ihr Kind unbedingt Halloween feiern will?
Cramer: Ich würde meinen Kindern erklären, dass ich es keinen schönen Brauch finde, wenn man anderen Menschen Streiche androht, um von ihnen Süßigkeiten zu bekommen. Im Grunde ist das Erpressung. Kinder kennen wahrscheinlich Sätze wie "ich bin nicht mehr dein Freund, wenn…" und wissen, wie blöd sich das anfühlt, keine freie Entscheidung zu haben.
Für mich persönlich werden Werte wie Respekt oder Freundlichkeit infrage gestellt, die ich meinen Kindern aber eigentlich vermitteln möchte. Auch darüber kann man mit seinen Kindern sprechen. Die Kinder werden wahrscheinlich auch die Erfahrung machen, dass nicht jede Person freundlich auf das Klingeln der Kinder reagiert.
Wie empfinden Sie es ganz persönlich, dass Halloween immer mehr ins Bewusstsein dringt?
Cramer: Es ist jedem selbst überlassen mit Halloween umzugehen, wie er oder sie will. Aber ich finde es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Halloween keine feste Tradition unserer Kultur ist, sondern vor allem vom Handel ins Bewusstsein der Menschen gedrängt wird. Das zeigt sich schon daran, dass kaum jemand mit dem ich gesprochen habe, den Entstehungshintergrund von Halloween kannte.
Sich dessen bewusst zu werden, kann gerade Eltern, die mit dem Thema konfrontiert werden helfen, entspannt mit Halloween umzugehen und dem ganzen Treiben eben keine besondere Beachtung zu schenken. Christlichen Einrichtungen wie evangelischen Kindergärten oder auch staatlichen Schulen würde ich diese Gelassenheit wünschen.
Sie waren längere Zeit im Ausland, wie wird da mit Halloween umgegangen?
Cramer: Das stimmt, die vergangenen 3 ½ Jahre habe ich mit meiner Familie in Papua-Neuguinea gelebt und dort als Pfarrerin an einem kirchlichen Seminar zukünftige Pfarrer unterrichtet. Der Reformationstag wurde am Seminar mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert. Von Halloween haben wir dort nichts mitbekommen.
Aber da ging es ja auch viel um Totenkult/Verehrung?
Cramer: Damit kommen Sie noch auf einen ganz anderen Aspekt von Halloween zu sprechen. Die Traditionen rund um Halloween sind vielschichtig, aber es spielt immer auch der Umgang mit Geistern, Tod oder dunklen Mächten eine Rolle. In Papua-Neuguinea sind uns diese Themen in einem anderen Kontext begegnen. Auch dort gibt es Kulte, die sich mit der Ahnenverehrung oder dem Umgang mit Geistern, Zauberei oder dem Tod beschäftigen. Diese Themen sind fast immer mit Angst besetzt.
Mir ist es wichtig beim Thema Halloween auch über den Aspekt der Angst zu sprechen. Unser vierjähriger Sohn beschäftigt sich zum Beispiel gerade mit dem Thema Tod und er stellt sich die Frage, was mit einem passiert, wenn man stirbt. Die Symbole und Bilder rund um Halloween wie Totenkopfmasken, Skelette, Fratzen, Sensen etc. machen ihm Angst. Als Eltern ist es gar nicht so einfach diese Ängste wieder aufzufangen und zu nehmen.
Ich finde es bedenklich, wie unbedarft mit diesem Aspekt der Angst gerade bei jüngeren Kindern umgegangen wird. Wie erklärt man einem Kind, warum sich jemand als "Sensemann" verkleidet, ohne das Thema Tod zu verharmlosen oder herunterzuspielen.
Als Eltern gilt es hier achtsam zu sein und zu differenzieren. Gemeinsam mit den Kindern, einen Kürbis auszuhöhlen und mit einem Teelicht versehen vor die Tür zu stellen, kann auch eine schöne gemeinsam Aktivität sein.
Dorothea Greiner, Regionalbischöfin des Kirchenkreis Bayreuth, über Halloween:
Meine persönliche Einschätzung ist:
Ich selbst würde Halloween wie einen Geisterspuk gerne vertreiben, doch es ist von breiten Teilen der Bevölkerung in irgendeiner Form längst aufgenommen. Vor allem viele Kinder lieben es, Kürbisse auszuhöhlen und "trick or treat" zu rufen um so Süßigkeiten zu ergattern. Wenn wir das verteufeln, werten wir es nur religiös auf. Die eigentliche Frage ist doch: Wie transportieren wir unsere Inhalte? Schließlich feiern wir Reformationstag! Ich habe mich amüsiert als ich einen Kürbis mit Luther-outfit sah: Ein freundliches Gesicht mit Gelehrtenkappe auf. Luther war ein heller Kopf und hat das Licht des Evangeliums zum Leuchten gebracht. Die Kraft des christlichen Glaubens bestand über Jahrhunderte säkulare Dinge aufzunehmen und zu "taufen". Unser Glaube hatte bisher eine große kulturprägende Kraft. Die gilt es auch bei Halloween mutig und kreativ einzubringen – ob mit Luther oder anderen passenden Ideen.