Auf dem einen Bild ein Dutzend junge, nackte Männer, die erigierten Glieder in der Hand, zwei beim Geschlechtsakt, dazu der Spruch "Ficken für den Frieden". Daneben ein zweites mit Christus, der segnend seine Hände über Männerpaare beim Analverkehr hält und das Ausstellungsmotto "Jesus liebt".

Gerade mal vier Tage lang zeigte die Nürnberger Egidiengemeinde die vom Berliner Filmemacher Rosa von Praunheim gestaltete Bilderschau mit Werken rund um Homosexualität und Christentum – dann war die Kirchentür erst einmal geschlossen. Zwei Tage später war klar: Es wird nicht mehr geöffnet.

Was war passiert? Fotos oben genannter Darstellungen, die in einem Separee mit dem Hinweis "Vorsicht Sex" drapiert worden waren, fanden ihre Verbreitung in den sozialen Medien. Dort entbrannte ein Shitstorm, in dem von Blasphemie die Rede war und viele die Darstellungen als pornografisch verurteilten. Es wurden eifrig Bibelzitate zum Thema Sünde geteilt. Auch pure Hasskommentare waren darunter. Ein Desaster.

Die Kirche sollte immer der Raum sein, in dem Gottes Liebe sichtbar wird. Wurde erotische Ekstase zwischen Männern (warum eigentlich nicht zwischen Frauen?) in der Egidier Ausstellung zum reinen Selbstzweck stilisiert, ohne dass davon ernste Anregungen für Sexualmoral und Gottesliebe ausgehen? Die Frage wurde unterschiedlich bewertet.

Welche Ziele wurden mit der Kunst verfolgt?

Fragen muss sich der Kunstschaffende und -aussteller immer, welche Ziele er mit seiner Kunst verfolgt. Wenn die Grenzen des im Kirchenraum künstlerisch Machbaren ausgelotet und der Diskursraum über Homosexualität und Bibel erweitert werden sollten, dann steht jetzt fest: Die Grenzen sind bei vielen überschritten. Vor allem, weil dieser Diskursraum eine Kirche war. Die Gemeinde muss sich die Frage gefallen lassen, ob es ihr um konstruktive Impulse zu Homosexualität und Kirche ging oder ob der Skandal nicht billigend in Kauf genommen wurde.

Zurück bleiben ein sich angesichts der Aufmerksamkeit ins Fäustchen lachender Künstler, der auch nach Schließung der Schau nicht müde wird zu erklären, was Kirche der Gesellschaft angetan hat und der in der Gemeinde einen willigen Wirt fand, der seine Unappetitlichkeiten eiskalt servierte. Dazu eine Kirchengemeinde, die mit diesem Experiment nicht nur sich beschädigt, sondern Wasser auf die Mühlen queerfeindlicher und kirchenkritischer Hasser gespült hat.

Unterm Strich: keinerlei Fortschritt für das Verständnis von unterschiedlich sexuell orientieren Menschen innerhalb des kirchlichen Umfelds.

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