Der abenteuerlustige Franke Johann Georg Renner wurde 1617 als Pfarrerssohn in Rittersbach bei Georgensgmünd im Landkreis Roth geboren. Mit acht kam er nach Nürnberg an die Sebald-Schule, später an die Fürstenschule in Heilsbronn. Während in Deutschland der Dreißigjährige Krieg tobte, zog er durch ganz Europa: Mit einem Mitschüler reiste er nach Wien und Ungarn, später studierte er in Erfurt und Königsberg. "Seine Reiselust führte ihn nach Moskau", vermerkt sodann der "Geburts- und Todten-Almanach Ansbachischer Gelehrten, Schriftsteller, und Künstler" aus dem Jahr 1796.
Dort bot ihm der "alte Venetianische Ritter und General, Christoph Martin, Baron von Degenfeld" die Chance auf ein neues Abenteuer: Der schwäbische Kriegsheld nahm ihn als Feldprediger mit nach Dalmatien. Dazu wurde Renner 1648 in Kempten ordiniert. Der Feldzug gegen die Türken an der Balkanküste war siegreich. Die Republik überhäufte Baron Degenfeld mit Gold und Ehren. Renner begleitete seinen Chef zunächst auf dessen Landsitz nach Padua. Als Degenfeld dann nach Schwaben zurückging, offerierten ihm die evangelischen deutschen Kaufleute in Venedig 1649 eine Predigerstelle.
Evangelische Gottesdienste scheinen damals konspirativ im "Fondaco" stattgefunden zu haben. Fünf Jahre lang ging alles gut. Dann zeigte der Apostolische Nuntius bei der städtischen Blasphemie-Behörde die Existenz der lutherischen Gemeinde an.
Das war kein Kavaliersdelikt. Auch im toleranten Venedig wurden immer wieder mal Häretiker zum Tod verurteilt. Eine – wenn sie vollzogen wurde – in der Seerepublik übliche Methode um Ketzer aus dem Leben zu befördern: Man ertränkte sie im Canale dei Marani, der zwischen dem Norden der Stadt, Murano und der Friedhofsinsel San Michele verläuft.
Pfarrer Renner musste jedenfalls Hals über Kopf fliehen. "Entweichen", heißt es im Almanach, habe er müssen, "zur Bedauernis der evangelischen Kaufleute zu Venedig". Renner erhielt Wiedereinreiseverbot auf Lebenszeit. Er ging zurück in seine fränkische Heimat und wurde Hofprediger einer Pfalzgräfin. 1659 starb er in Hilpoltstein.
Der Eklat von 1654 hatte jedoch Folgen, die bis heute nachwirken: Erstmals formierten sich die Lutheraner im "Fondaco dei Tedeschi", der venezianischen Basis der Deutschen, nun offiziell als konfessionelle Kirche – was von der Republik nur unter den allerstrengsten Regeln allerstrengster Geheimhaltung erlaubt wurde. Allen Hindernissen zum Trotz: In Venedig entstand so die erste evangelisch-lutherische Gemeinde in Italien.