Über 100 teilweise seit 80 Jahren nicht mehr ausgestellte Werke vorwiegend deutscher Malerei und Skulpturen der Weimarer Zeit wurden hierfür aus anderen Museen, privaten Sammlungen und den städtischen Archiven geholt, wie Kurator Andreas Curtius bei der Ausstellungseröffnung erklärte.  Evelyn Reitz, Leiterin der Abteilung Kulturhistorische Museen, berichtete, sie und ihre Mitarbeiter seien auch in Schutzanzüge geschlüpft, um manches Bild aus mit Asbest belasteten Depots der Stadt Nürnberg zu holen.

Hermann Luppe war von 1920 bis zu seiner Absetzung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 Oberbürgermeister in Nürnberg. Auf sein Konto gehen nicht nur der Generalbebauungsplan der Stadt, sozialer Wohnungsbau oder das Fußball-Stadion. Der kunstsinnige Politiker hatte ein besonderes Faible für die zeitgenössische Kunst und erweiterte die Sammlung der einstigen Städtischen Galerie um zahlreiche Neuerwerbungen mit Werken von Otto Dix, Heinrich Nauen, Max Liebermann oder Lovis Corinth.

"So entstand ein veritables Handbuch der deutschen Malerei im Zeitraum von etwa 1880 bis 1930", sagte der Direktor der Museen der Stadt Nürnberg Thomas Eser. Gemeinsam mit dem ehemaligen Direktor des Germanischen Nationalmuseums (GNM) Fritz Traugott Schulz habe Luppe die Städtische Galerie als Bildungseinrichtung geprägt und dafür gesorgt, dass deren Öffnungszeiten erweitert werden.

Erstklassige Werke der neueren deutschen Malerei

Während im GNM Kunst bis 1800 ausgestellt wurde, sollten in der gegenüber dem Hauptbahnhof im Künstlerhaus gelegenen 1921 durch Luppe eröffneten Galerie "erstklassige Werke" der neueren deutschen Malerei zu sehen sein. Es wurden Werke des Klassizismus, der Romantik und des Realismus unter anderem von Anselm Feuerbach, Arnold Böcklin oder Hans Thomas angekauft. Impressionisten wie Max Slevogt oder Fritz von Ude kamen ebenso in die Sammlung wie fränkische Künstler der 1920er Jahre.

Nürnberger Kunstschaffende bedankten sich für das Engagement des Oberbürgermeisters mit einer von Hand geschaffenen Kassette mit Werken 67 fränkischer Künstler. Das "Luppe-Album", das in der Ausstellung im Fembo-Haus an der einzigen Medienstation digital durchgeblättert werden kann, enthält einen Querschnitt der bildenden Kunst Frankens der 1920er-Jahre. Abstrakte Kunst verschmähte Luppe, dafür fanden Werke des Kubismus, Neue Sachlichkeit oder Expressionismus ihren Weg in die Sammlung.

Albrecht Dürer hatte 1526 mit der Schenkung seiner Apostelbilder an das Nürnberger Rathaus den Grundstein für die Kunstsammlung der Stadt gelegt. Hermann Luppe hatte in einer Ansprache zum Dürer-Jahr 1928 daran erinnert, dass der Vater des berühmten Nürnberger Malers aus Ungarn stammte. Der in Nürnberg lebende ungarische Künstler Erwin von Körmendy stellte den Kontakt zur ungarischen Regierung her, die Luppe daraufhin nach Budapest zur Eröffnung der "Nürnberger Woche" und einer Ausstellung einluden. Luppe revanchierte sich im Jahr darauf mit einer Ausstellung neuzeitlicher ungarischer Kunst in der Norishalle am Marientorgraben.

Von Julius Streicher rausgeekelt

Der überzeugte Demokrat geriet allerdings zunehmend ins Visier der aufstrebenden Nationalsozialisten, insbesondere durch Julius Streicher und seinem Hetzblatt "Der Stürmer". 1933 wurde Luppe zum Rücktritt gezwungen. Luppes Nachfolger, der linientreue Zeichenlehrer Emil Stahl, eröffnete bereits am 17. April 1933 eine als "Schreckenskammer" bezeichnete Ausstellung mit Werken aus der bisherigen Kunstsammlung, die nun als "entartet" galten. 1937 wurden über 100 Werke aus der städtischen Sammlung beschlagnahmt und anschließend verkauft oder gar zerstört. Darunter vor allem Arbeiten der damaligen Avantgarde wie das Bildnis der Mutter.

Einige Werke landeten in anderen Museen oder im Privatbesitz und wurden teilweise nach dem Krieg wieder von der Stadt erworben. In der aktuellen Schau sind einige der wieder angekauften Arbeiten ebenso zu sehen wie ein lange verschollenes Gemälde von Alfred Partikel, dass ein privater Gönner erst vor wenigen Wochen der Stadt Nürnberg geschenkt hat.

Kurz vor Kriegsende ums Leben gekommen

Seine letzten Jahre erlebte Hermann Luppe in seiner Heimat Kiel, wo er wenige Wochen vor Kriegsende bei einem Bombenangriff ums Leben kam. Die Ausstellung, so Curtius, sei daher zum einen Teil eine Kunst-Schau, zum anderen aber auch eine zur Geschichte der Sammlung und ihres Hüters. Es sei in den Archiven noch so viel Material aus der Luppe-Sammlung, dass es für mehrere Fortsetzungen der aktuellen Ausstellung reichen würde.

INFO: Die Sonderausstellung "Luppes Galerie. Die Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg in der Weimarer Republik" im Stadtmuseum Fembo-Haus läuft noch bis zum 1. November. Mehr Informationen zum Begleitprogramm mit Führungen, Kunst-Gesprächen für Einzelbesucher und Online-Museumsgespräche und einem Vortrag zum Dürer-Jahr 1928 gibt es auf https://museen.nuernberg.de/fembohaus.

ausstellung luppe stadtmuseum nuernberg
Mit Werken des Impressionismus, Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit kaufte Luppe Kunst, die in der damaligen Zeit als Avantgarde galt.