Als am 20. Juli 1969 um 21.17 Uhr deutscher Zeit die Landefähre mit den Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Mare Tranquillitatis (Meer der Ruhe) auf der Mondoberfläche aufsetzte, meldete sie sich mit den berühmt gewordenen Worten "Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed". Die Welt hielt in diesem Moment den Atem an. Mehr als 600 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten das Ereignis live, in Deutschland übertrugen ARD und ZDF die Landung in Sondersendungen. Auch das Radio war dabei, als Apollo-11-Kommandant Neil Armstrong am 21. Juli 1969 um 3.56 Uhr seine berühmten Worte sagte: "That’s one small step for man, one giant leap for mankind" – "Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit".

Beinahe wäre es nicht zu diesem Schritt gekommen, denn beim Landeanflug auf den Mond spielte der Bordcomputer verrückt. Durch einige Rempler beim Abkoppeln der Landefähre vom Raumschiff zielte das Navigationsgerät auf eine Stelle etwa 4,5 Kilometer hinter dem geplanten Landegebiet. Zudem war neben dem Landeradar versehentlich ein zweites Radar eingeschaltet, das den Bordcomputer mit Daten überflutete und laufend Fehlermeldungen produzierte. Als der Autopilot die Eagle auf ein Geröllfeld zusteuerte, übernahm Kommandant Armstrong die Handsteuerung, überflog einen Krater und landete sicher auf einer ebenen Stelle.

Der Fußabdruck von Buzz Aldrin auf dem Mond.
Der Fußabdruck von Buzz Aldrin wurde zum Synonym für die Eroberung des Weltraums durch den Menschen.

Die ungeplanten Manöver hatten den Treibstoffvorrat so stark dezimiert, dass die Landung kurz vor dem Abbruch stand – die erste Mondlandung hätte dann nicht am 20. Juli 1969 stattgefunden.

Doch nun waren die drei Astronauten auf dem Mond, der Heimatplanet Erde lag in weiter Ferne im Dunkel der Nacht. Sie waren von ihren Gefühlen übermannt. Was dachten sie in diesem Moment? Hatten sie Angst?

Armstrong und Aldrin waren auf der Mondoberfläche mit Experimenten beschäftigt. Sie setzten ein Sonnensegel, das die Zusammensetzung des Sonnenwinds messen sollte, trieben einen Erdbebenmesser in den Sand und bauten einen Laserreflektor auf, mit dem heute noch präzise die Entfernung zwischen Mond und Erde gemessen werden kann.

Doch vor dem Arbeitseinsatz feierte Aldrin Abendmahl – auf dem Mond. Er war damals – wie viele andere Astronauten – Freimaurer, und gleichzeitig Mitglied einer evangelischen Freikirche in Texas. Er stand in engem Kontakt mit Dean Woodruff, Pastor der Webster Presbyterian Church in Houston. Nach der Ermordung Martin Luther Kings hatte er an einem Trauermarsch teilgenommen, den Woodruff organisierte. "Was die Leute im Raumfahrtprogramm übrigens gar nicht so toll fanden", erzählte Aldrin später in einem Interview. "Sie fragten: ›Was hat er denn da verloren?.‹

Buzz Aldrin
Buzz Aldrin.

Woodruff suchte mit Aldrin in den Wochen vor dem Start nach einem angemessenen Zeichen für den großen Moment. "Erst hatte ich überlegt, etwas ausgesprochen Patriotisches zu tun, aber alles, was uns eingefallen ist, wirkte für uns banal und chauvinistisch", sagte Aldrin im Rückblick. Die Lösung war die Mahlfeier. Und so übergab der Pastor Aldrin in der Gemeinde konsekriertes Brot und Wein. Mit einem kleinen Silbergefäß in Plastik eingeschweißt packte er sie zu den wenigen persönlichen Dingen, die er auf die Reise zum Mond mitnehmen durfte.

Ein Jahr nach der Mondlandung schrieb Aldrin ausführlich über das erste Abendmahl im Weltall: "Jetzt saßen Neil und ich im Eagle, während Mike unsichtbar im schwarzen Himmel über uns in der Mondumlaufbahn kreiste. Kurz nach unserer geplanten Essenszeit gab Neil das Signal, die Leiter auf die pudrige Oberfläche des Mondes hinunterzulassen. Jetzt war der Moment für die Kommunion. Also legte ich die Elemente und die Schriftlesung auf den kleinen Tisch vor dem Computer des Abbruchleitsystems. Dann rief ich nach Houston zurück. "Houston, das ist Eagle. Hier spricht der LM-Pilot. Ich bitte um einige Momente der Stille und lade alle, die zuhören, wo sie auch sind, wer sie auch sind, zu einer kurzen Unterbrechung ein, um die Ereignisse der vergangenen Stunden zu betrachten und Dank zu sagen."

Ich schenkte den Wein in den Kelch, den unsere Kirche mir gegeben hatte. In der Sechstel-Schwerkraft des Mondes rollte der Wein langsam und anmutig die Seite des Bechers hinauf. Es war interessant, darüber nachzudenken, dass die allererste Flüssigkeit, die jemals auf dem Mond eingeschenkt wurde, und das erste Essen, das dort gegessen wurde, Kommunionelemente waren. Und so las ich, kurz bevor ich an den Elementen teilnahm, die Worte, die ich als Zeichen unseres Glaubens gewählt hatte, dass wir, wenn der Mensch in den Raum vordringt, tatsächlich in Christus handeln."

Aldrin las im Stillen eine Passage aus der Bibel: "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun." (Johannes 15, 5) Eigentlich wollte Aldrin den Vers laut beten, aber davon hatte ihn die NASA abgehalten. Man wollte nicht noch eine Klage riskieren: Eine Atheistin hatte gegen die US-Weltraumbehörde geklagt, da der Apollo-8-Astronaut Bill Anders bei der Mondumrundung 1968 zur besten Sendezeit aus der Schöpfungsgeschichte vorlas: "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde … und Gott sah, dass es gut war … Fröhliche Weihnachten, und Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde."

Buzz Alrin mit 89 Jahren
Aldrin ist heute 89 Jahre alt.

Kritiker forderten daraufhin die NASA als Regierungsbehörde zu weltanschaulicher Neutralität auf. Ihre Astronauten dürfen seither keine Bibeln mehr mit ins Weltall nehmen oder religiöse Botschaften übermitteln. Den Apollo-15-Piloten James B. Irwin hinderte dies jedoch nicht daran, im Jahr 1971 auf dem Mond im Funkverkehr mit dem Kontrollzentrum aus dem 121. Psalm zu zitieren: "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher wird mir Hilfe kommen? Meine Hilfe kommt von IHM" – um dann schnell hinzuzufügen: "Aber von Houston kriegen wir natürlich auch eine ganze Menge."

Im Nachhinein sah Aldrin – inzwischen 89 Jahre alt – seine Aktion selbstkritisch. In seinem Buch "Magnificent Desolation" schreibt er, dass er es heute vermutlich anders machen würde. "Obwohl es für mich eine tiefe, bedeutungsvolle Erfahrung war, war es ein christliches Sakrament. Und wir sind im Namen der gesamten Menschheit zum Mond gekommen – ob sie nun Christen, Juden, Muslime, Animisten, Agnostiker oder Atheisten sind. Aber zu dieser Zeit konnte ich keinen besseren Weg finden, die enorme Tragweite der Apollo-11-Erfahrung anzuerkennen, als Gott Dank zu sagen."

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