Die Pläne für ein drittes Hospiz in München nehmen Gestalt an: Der Lehrstuhl für Städtische Architektur der TU München hat am Donnerstag 13 Modelle für das Bauprojekt des ambulanten Hospizdiensts "DaSein e.V." vorgestellt. Das Haus solle Geborgenheit bieten für zwölf todkranke Menschen sowie Räume für Tagespflege und Beratung und zugleich ein Ort der Begegnung in der Stadt sein, sagte Geschäftsführerin Katharina Rizzi. Lehrstuhlinhaber Professor Dietrich Fink betonte, dass ein Hospiz aus architektonischer Sicht nichts Außergewöhnliches sei: "Letztlich geht es um temporäres Wohnen."
Der ambulante Hospizverein "DaSein e.V." hatte Ende 2019 seine Pläne für ein drittes stationäres Hospiz öffentlich gemacht. Bislang gebe es in München für 1,5 Millionen Einwohner nur 28 Hospizbetten.
Für sein Projekt sucht der Verein derzeit einen zentral gelegenen Standort sowie Spender für die rund 35 Millionen Euro Baukosten.
Um die Standortfrage zumindest für die Semesterarbeiten zu lösen, definierte Architekturprofessor Fink drei mögliche Bauflächen in München, die mit Blick auf ihre Lage als "unternutzt" gelten: Ein Grundstück an der Isar, auf dem lediglich ein einstöckiger Kindergarten steht, eine Lagerbaracke im Klinikviertel Nähe Goetheplatz und, als "wahrscheinlich teuerstes Grundstück Deutschlands", das Tankstellengelände an der Herzog-Wilhelm-Straße, gleich hinter dem Stachus.
"Diese drei Orte sind nur Stellvertreter", sagte Fink, "ein Hospiz könnte letztlich wie jedes Wohnhaus in jeder städtebaulichen Lücke entstehen." Dennoch hätten die ausgewählten Grundstücke ihren Reiz, weil die aktuellen Nutzer in einen größeren Neubau integriert werden könnten.
Der integrative Charakter ist bei allen 13 Modellen sichtbar. Mal setzen die Studenten das Hospiz mit zwei Etagen auf ein vierstöckiges Gebäude - die großzügige Dachterrasse für alle Menschen im Haus nutzbar. Mal erstreckt sich der Hospizbereich über sämtliche Stockwerke am Kopfende eines Komplexes - mit öffentlichem Café oder Kindergarten im Erdgeschoss. Immer sind die Räume lichtdurchflutet, hell, fast heiter.
Dass das Thema Sterben "nicht nur eine Frage für ältere Generationen" sei, habe sich bei der Einschreibung für den Kurs gezeigt.
"Die Plätze waren im Nu weg", berichtet Stefan Imhof. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Lehrstuhls hat selbst nie zuvor mit Hospizen zu tun gehabt. "Jetzt ist es ein ganz normales Thema", so Imhof. Die Gespräche mit den Mitarbeitern von DaSein hätten viele Berührungsängste abgebaut.
Dietrich Fink begrüßte Kooperationsprojekte wie das mit dem Hospizverein: "Die Studierenden sind elektrisiert, wenn sie Teil einer Sache werden." Auch wenn die vorliegenden Entwürfe nicht realisiert würden, seien es dennoch keine Utopien. "Sie bringen ein Bild vom Hospiz in die Öffentlichkeit, das verstanden werden kann", so der Architekt.
Vereins-Chefin Rizzi freute sich, dass die Modelle "das Zusammenspiel zwischen Leben und Sterben" widerspiegelten.
Ihr gehe es darum, "Sterbende nicht an den Stadtrand" zu drängen. Als Zeichen der Wertschätzung werde "DaSein e.V." die drei besten Modelle Anfang März mit einem Preisgeld von insgesamt 4.500 Euro prämieren. Projektleiterin Isabell Zacharias zeigte sich zuversichtlich, dass sich in der "Weltstadt mit Herz" wohlhabende Unterstützer für das Projekt finden ließen. "Schließlich ist jeder schon mal mit dem Thema Sterben konfrontiert worden", sagte die ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete.
Wie ernst es dem kleinen Hospizverein mit seiner großen Idee ist, zeigt der überaus ehrgeizig formulierte Zeitplan: Zum 30. Jubiläum von "DaSein" im September 2021 wolle man den ersten Spatenstich setzen, sagte Rizzi. Realistischer sind laut Professor Fink fünf bis zehn Jahre. Projektleiterin Zacharias ficht das nicht an:
"Wir wollen das dritte Hospiz. Ich nehme dafür auch zwei Etagen im Hertie oder eine Tankstelle."