Für Krankenhaus-Seelsorger hegt Klaus Schmucker eine stille Bewunderung. "Die arbeiten auf einem Terrain, wo sie von sich aus als Pfarrer erstmal keine Bedeutung haben", sagt der Leiter der Evangelischen Dienste München (EDM). Doch gerade das macht für ihn den Kern von Kirche aus: Dass sie immer wieder auf "fremdem Terrain" unterwegs ist, dort, "wo die Menschen arbeiten, leben, feiern, leiden".

22 Jahre vernetzt, koordiniert und profiliert

22 Jahre lang hat Klaus Schmucker die übergemeindlichen Angebote im Dekanat München vernetzt, koordiniert und profiliert. In seine Zuständigkeit fielen neben der Krankenhausseelsorge auch noch Jugend- und Offene Behindertenarbeit, Altenheimseelsorge, Lebensberatung, Bildungsarbeit und knapp 20 weitere Themenfelder. Am 30. Mai geht der "Dekan der Dienste" in den Ruhestand.

Zur Kirche kam Klaus Schmucker selbst durchs Tischtennis. "Ein Kumpel lud mich zur Tischtennisrunde in der Gemeinde ein, und ich merkte, dass dort irgendwie eine andere Stimmung, eine andere Haltung herrschte", erinnert sich der 65-Jährige im Sonntagsblatt-Gespräch.

Das unerwartete Erlebnis an der grünen Platte stellte die Weichen für ein ganzes Berufsleben: Schmucker, in einem "gar nicht christlichen" Elternhaus aufgewachsen, absolvierte dem Vater zuliebe noch eine Banklehre und schwenkte dann konsequent um auf sein Wunschziel "Evangelische Jugendarbeit".

Ausbildung in Wuppertal, Ruf aus München

Einer Ausbildung am Johanneum in Wuppertal, einem Institut für theologisch-pädagogische Fachleute, folgte eine Stelle beim Amt für Gemeindedienst in Nürnberg und ab 1993 der Posten des Generalsekretärs bei der Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Jugend (AEJ) in Hannover.

Anfang 2000 kam dann der Ruf aus München. Nach dem Finanzskandal im Kirchengemeindeamt, die den damaligen Stadtdekan Helmut Ruhwandel das Amt gekostet hatte, beschlossen die Verantwortlichen, diese Stelle zu entlasten. So bekamen die Evangelischen Dienste mit Klaus Schmucker erstmals einen eigenen Leiter.

Den losen Verbund von kleinen und großen Arbeitsstellen zu vernetzen, war dessen erste Aufgabe: Gemeinsame Themen und Anliegen suchen, von den Kompetenzen der anderen profitieren. Und dann die Türen weit öffnen: Den Menschen in den Mittelpunkt rücken und genau hören, was ihn oder sie bewegt - das war und ist Schmuckers zentrales Anliegen.

Herausforderungen gab es genügend. Die Liegezeiten in den Krankenhäusern zum Beispiel hätten sich in den letzten 20 Jahren auf durchschnittlich drei Tage verkürzt. "Da kann ich als Seelsorger nicht sagen, ich komm nächste Woche wieder - da muss ich in 15 Minuten auf den Punkt kommen", sagt Schmucker. Gleiches gelte für die Hochschularbeit: Vor lauter Lernen hätten die jungen Menschen kaum noch Zeit für andere Angebote.

"Da muss man ständig neue Formate erfinden."

Zugleich seien Planungsintervalle und Projektlaufzeiten immer kürzer geworden, während die Ansprüche der Menschen an den "Dienstleister Kirche" ständig stiegen.

Netz an Angeboten gewachsen

Doch statt kleine Aufgabenbereiche einfach über Bord zu werfen, versucht Klaus Schmucker, sie anderswo anzudocken: den Oma-Opa-Service an die Arbeit für Alleinerziehende, den Friedhofsfahrdienst an die Altenheimseelsorge. So ist ein Netz an Angeboten gewachsen, dass sich durch den Münchner Sozialraum webt und jene auffängt, die sich hineinfallen lassen möchten.

Stolz ist der Chef-Netzwerker darauf, dass die Evangelischen Dienste bei nicht-kirchlichen Partnern hoch angesehen sind - was künftig wichtig wird, wenn es um die Frage von Kooperation und Kofinanzierung geht. Doch so begeistert Klaus Schmucker von "seinen" Diensten spricht, so wenig versteht er sich als reiner Lobbyist. Als EDM-Leiter habe er sich immer als Teil der Dekanatsleitung verstanden. Nicht nur die EDM-Schiffe, sondern die ganze "Flotte" des Dekanats auf einen Kurs zu kriegen, war sein Ziel.

Zusammenleben von Christen aus verschiedenen Kulturen

Ein anderes Anliegen gibt er dem Dekanat mit auf den weiteren Weg: Wie man in München das Zusammenleben der Christen aus verschiedensten Kulturen besser hinbekommt. Lädt man afrikanische Glaubensgeschwister nur zum Gottesdienst ein, oder dürfen die auch mitgestalten? Vermietet man nur Räume, oder lebt man wirklich gemeinsam?

Es ist eine Frage, die die Zuständigen dann ohne Klaus Schmucker beackern dürfen. Diesen Sonntag wird er in der evangelischen Jugendkirche verabschiedet - so schließt sich der Kreis zu den Anfängen seiner Berufslaufbahn. Am 1. Juni übernimmt Barbara Pühl die Arbeit als EDM-Leiterin.

Zurück in die alte Heimat

Klaus Schmucker und seine Frau zieht es dann zurück in die alte Heimat nahe Würzburg, wo er einst den Zivildienst in der Teestube ableistete. Wieder mehr Sport machen, Kanu- und Radfahren, Reisen und Lesen - mehr Pläne hat er vorerst nicht.

"Ich finde", sagt Klaus Schmucker, "man muss den Möglichkeiten, die sich ergeben können, ja auch eine Chance lassen."